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nmz-archiv
nmz 2003/12 | Seite 1
52. Jahrgang | Dez./Jan.
Leitartikel
Liebe Abonnentinnen
und Abonnenten
Rrrichtig: Wenn ein Editorial mit dieser Überschrift beginnt,
steht eine Preiserhöhung ins Haus. Wir bitten Sie, für
das Jahresabonnement der neuen musikzeitung ungefähr den Gegenwert
einer Pizza Margherita im Straßenverkauf – oder eines
halben Liter Bockbieres oder eines Paares preisgünstiger Herrensocken
mehr zu bezahlen. Nach umfänglichen Marktforschungen in den
naheliegenden Bereichen des täglichen Lebens haben wir uns
entschlossen, den Abo-Preis auf 38 Euro anzuheben, weil wir Ihnen
die nmz als unabhängige Zeitschrift in gleicher journalistischer
Qualität weiterliefern wollen.
Der Hintergrund ist ernst. Ein Stück für Stück wegbröckelnder
Musikmarkt, bald wöchentlich eine Musikschul-Schließung,
eine Musiklandschaft, die zu versteppen beginnt: Das Wurzelwerk
unseres Musiklebens schrumpft.
Wenn große Schallplattenfirmen fusionieren oder mittelständische
Instrumentenbauer und Musikverlage „rationalisieren“,
geraten hunderte, insgesamt mittlerweile viele tausend kompetenter
Musik-Botschafter in die Arbeitslosigkeit. Wenn Orchester aus Kostengründen
„zusam- mengeschlossen“ werden, gehen nicht nur Planstellen
verloren – vom Schrumpfen künstlerischer Vielfalt und
flächendeckender Versorgung ganz zu schweigen.
Es fehlen in den Städten, in den Regionen sehr schnell Musik-Multi-
plikatoren, die als Privatmusikerzieher, als Lehrer an Musikschulen,
als musikalische Leiter von Ensembles neben ihrem Hauptberuf für
kulturelle Vielfalt und Transport musikalischer Kompetenz gesorgt
hatten.
Wir können über Briefe und E-Mails nicht mehr lachen,
in denen wir aufgefordert werden, doch gefälligst mehr Stellenanzeigen
abzudrucken. Früher füllten sich regelmäßig
fünf nmz-Seiten mit Musikschul-Vakanzen... Wir merken, dass
der Markt spart.
Eine Zeitschrift wie die nmz sparsamer zu gestalten, geht allerdings
sofort an die redaktionelle Substanz. Wir lassen unsere Beiträge
nach wie vor nicht von Anzeigenkunden bezahlen, sondern leisten
uns Autoren mit hoher Kompetenz und eigener Meinung.
Das wollen wir auch weiter so halten, um glaubwürdig dazu
beitragen zu können, dass Musik – als Bestand-teil des
täglichen Lebens – mit möglichst gut gebildeten
Ohren und sonstigen Sinnen wahrgenommen wird, dass niveauvolle Musik
entstehen kann, dass der Musikmarkt im Zwang, Marktgesetzen zu gehorchen,
seine Aufgabe als Kultur-Transportmittel nicht gänzlich vergisst.
Also bitte: Spendieren Sie uns – in übertragenem Sinn
– die Pizza, das Bier oder die preisgünstigen Socken.