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nmz-archiv
nmz 2003/12 | Seite 16
52. Jahrgang | Dez./Jan.
Portrait
Der Mensch lebt auch von Musik
Theo Geißler erhält den Würth-Preis 2003 ·
Von Monika Griefahn MdB
Theo Geißler, 56, ist Würth-Preisträger 2003.
Der Journalist ist Herausgeber von Jazzzeitung und neuer musikzeitung,
der führenden Fachzeitschrift des deutschen Musiklebens, deren
historische Wurzeln eng mit der Jeunesses Musicales Deutschland
(JMD) verknüpft sind. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde
1991 von dem Unternehmer Reinhold Würth im Rahmen der Stiftung
Würth ins Leben gerufen und wird von der Jeunesses Musicales
vergeben. Bisherige Würth-Preisträger waren unter anderem
das Ensemble Resonanz, Claudio Abbado, Tabea Zimmermann, Dennis
Russell Davies und Philip Glass. Gewürdigt wird Theo Geißlers
„oftmals unbequemes, aber vorbildliches Engagement für
Innovationen im Musikleben sowie sein leidenschaftlicher Einsatz
für die musikalische Bildung im Land.” Die neue musikzeitung
druckt in Auszügen die Laudatio, die Monika Griefahn, Vorsitzende
des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien, am 24. November
2003 im Würth-Haus am Wannsee hielt.
Festakt im Berliner Würth-Haus
(v.li.): Reinhold Würth, Monika Griefahn (MdB und Vositzende
des Kulturausschusses), Theo Geißler und Martin Christoph
Redel (Jeunesses Musicales). Foto: Martin Hufner
Theo Geißler ist die journalistische Allround-Persönlichkeit
des deutschen Musiklebens. Wenn man sich anschaut, wo er über-
all mitwirkt, kann man sich nur schwer vorstellen, dass irgend etwas
vor sich geht, ohne dass er davon erfährt.
Das bedeutet auch, dass sein Engagement viel dazu beigetragen
hat, dass sich das Musikleben in Deutschland neuen und innovativen
Ansätzen stets geöffnet hat. Immer vertritt er vor allem
die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen. Sie zu fördern
und zu unterstützen ist, so glaube ich, sein wichtigstes Anliegen.
Und deshalb schätze auch ich ihn besonders.
Wie in allen Bereichen, so sind auch in der Musik unsere Kinder
die Träger der Zukunft. Was wir heute nicht erreichen, ist
vielleicht nie mehr nachzuholen. Hier haben nicht nur Menschen wie
Theo Geißler großen Anteil an der musikalischen Bildung
des Nachwuchses; hier sind auch Eltern und Schulen gefragt. Und
nicht zuletzt die Kultur- und Bildungspolitik. Aber Musik muss natürlich
auch Spaß machen, wie beispielsweise beim Musical „Ritter
Rost“.
Theo Geißler hat viel dazu beigetragen, dass sich in den
Schulen und in der Politik Sichtweisen ändern. Er hat durch
seine vielfältige Arbeit in den Medien gezeigt, dass eine Verarmung
droht, wenn Kinder und Jugendliche nicht musisch gefördert
und vielleicht auch gefordert werden. Ich sehe das bei meinen Kindern.
Alle spielen ein Instrument; und ich bilde mir nicht nur ein, dass
die Auseinandersetzung mit einem Instrument und seinem Erlernen
auch dazu beigetragen hat, dass sie beispielsweise an Problemlösungen
anders herangehen. Dies wird auch in der bekannten Studie von Professor
Bastian deutlich.
Theo Geißler würde mich sicher unterstützen, wenn
ich sage, dass wir noch viel mehr solchen Unterricht in den Regelschulen
brauchen. Für mich wäre es ein Ziel, dass in dem neu aufgelegten
Ganztagsschulprogramm die Musik einen zentralen Stellenwert einnimmt.
Ich zitiere an dieser Stelle immer gerne Innenminister Schily, der
einmal gesagt hat: „Wer Musikschulen schließt, gefährdet
die innere Sicherheit.“ Ich denke, dem ist nichts hinzu zu
fügen.
Sie, lieber Herr Geißler, haben und werden wohl auch weiterhin
dazu beitragen, dass diese Gedanken sich weiter durchsetzen. Denn
sie haben ja Recht, wenn sie immer wieder durchscheinen lassen,
dass Musik und Musikerziehung eine gesamtgesellschaftlichen Bedeutung
haben. Ich glaube sogar, dass sie immer wichtiger wird. Sie ist
nämlich ein geeignetes Mittel, den internationalen Kulturdialog
zu befördern. Wenn es dazu eines Beweises bedarf, dann haben
wir in Ihnen, und in der Jeunesses Musicales, die richtigen Kronzeugen.
Ich denke da an Veranstaltungen wie die „Internationale Kontrabasswoche“,
die Initiative „Konzerte für Kinder“ oder auch
an die Unterstützung der „Jungen Philharmonie Venezuela“,
deren Leiter sogar den „Alternativen Nobelpreis“ bekommen
hat. Vor allem an letzterer kann man wunderbar sehen, welche gesellschaftliche
Wirkung die Beschäftigung mit Musik hat. Ich habe auch die
Postkartenserie der „Jeunesses Musicales International“
vor Augen, die uns drastisch zeigt, dass die Musik Auswege bieten
kann.
Theo Geißler hat ein kleines und feines Medienimperium geschaffen,
um diesen und anderen Gedanken zur Verbreitung zu verhelfen. Seine
Arbeit ist damit viel mehr als das, was einen Musikjournalisten
normalerweise beschäftigt. Wenn ich das richtig erfasst habe,
decken die Publikationen der verschiedenen Verlage und der Internetpräsenz
quasi alle Erscheinungen des Musiklebens ab. Neuerdings gehört
auch noch die Mitherausgeberschaft der Zeitung „Politik und
Kultur“ dazu, so dass ich und alle Mitglieder des Kulturausschusses
immer auf dem Laufenden sind. Auch dafür gebührt Ihnen
Dank.
Sie haben sich um das Musikleben in Deutschland verdient gemacht.
Ihre Gedanken und Ihre vielfältigen Aktivitäten münden
in eine publizistische Stimme, die im guten Sinne Einfluss ausübt.
Ich möchte Sie darin bestärken, damit weiter zu machen,
den Dialog aufrecht zu erhalten und die kritische Begleitung nicht
abreißen zu lassen.
Hintergrund Würth-Preis
Partnerschaft
Preis, Wirtschaft und Kultur
Der Würth-Preis der Jeunesses Musicales Deutschland ist
seit 1991 eine Institution im deutschen Musikleben geworden. Die
Bedeutung des Preises, der jährlich im Wechsel einer Einzelpersönlichkeit
und einem Ensemble zuerkannt wird, erschließt sich nicht
zuletzt durch das besondere Wirken seiner Preisträger, unter
denen ich nur einige nennen darf: Dennis Russel Davies, Philip
Glass, Claudio Abbado.
Allen Geehrten gemein – und dies ist die Einzigartigkeit
des Preises, sehr verehrte Damen und Herren – ist der beispielhafte
Einsatz für Ideen und Werte, für die die Jeunesses Musicales
weltweit einsteht: kompromissloses Streben nach musikalischer
Qualität, beständige Innovationskraft sowie die Verantwortung
für die herausragende Bedeutung, die Musik für das Individuum
und die Gesellschaft hat.
Der Würth-Preis der JMD ist ein deutlich sichtbares Symbol
für eine gesellschaftliche Verantwortungspartnerschaft zwischen
Wirtschaft und Kultur. Werden oft beide Bereiche als gegensätzlich
dargestellt, so weist dieser Preis auf gemeinsame Werte, auf eine
Schnittmenge, die vielleicht mit den Begriffen „unternehmerischer
Geist” und „schöpferische Kreativität”
recht zutreffend bezeichnet werden kann. Nur wenn es Persönlichkeiten
gibt, durch welche unternehmerische Kraft im kulturellen Leben
waltet, und nur wenn es Persönlichkeiten wie Sie, Herr Professor
Würth gibt, die den Wert schöpferischer Kreativität
für die Kräfte des Unternehmens einschätzen können,
wird sich unsere bürgerliche Zivilgesellschaft zum gemeinen
Wohle entwickeln.
Die Personenkonstellation des Würth-Preises 2003 rückt
zudem aber auch ins Licht, dass in die gemeinte gesellschaftliche
Verantwortungspartnerschaft auch eingewoben sind: die Politik
als steuernd gestaltende bürgerliche Verfasstheit sowie die
Medien als bewusstseinsbildende Kraft in unserer Gesellschaft.
Martin Christoph Redel,
Vorsitzender Jeunesses Musicales