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nmz-archiv
nmz 2004/02 | Seite 46
53. Jahrgang | Februar
Dossier: Fort- und Weiterbildung
Wichtig ist, was daraus gemacht wird
Die Landesmusikakademie Sachsen-Anhalt im zweiten Jahr nach der
Gründung
Als Leiter der Landesmusikakademie Sachsen-Anhalt hatte Peter Grunwald
erst einmal Aufklärungsarbeit zu leisten. Denn wofür seine
Institution überhaupt da ist, was sie tut – , das wissen
in Ostdeutschlands kleinstem Bundesland bislang selbst in Musikerkreisen
wenige. Verwunderlich ist das kaum, denn das Modell der Landesmusikakademien,
das sich in den westlichen Bundesländern seit Jahrzehnten bewährt,
ist im Osten weitgehend unbekannt. In Thüringen und Sachsen
beispielsweise wird die Gründung einer Akademie zwar diskutiert,
ist aber noch längst keine Realität.
Anders in Sachsen-Anhalt: Hier rief das Kultusministerium im April
2002, ebenfalls nach langer Anlaufzeit, eine Landesmusikakademie
ins Leben, und zwar dort, wo sie am besten hinpasst – im ehemaligen
Zisterzienserkloster Michaelstein bei Blankenburg im Harz. Hier
befindet sich schon seit 1977 ein Institut für Aufführungspraxis,
das dem Engagement des von Eitelfriedrich Thom geleiteten Telemann-Kammerorchesters
gefolgt war. Thom und das 1968 gegründete Ensemble gehörten
zu den Pionieren der Historischen Aufführungspraxis in der
DDR. Auch ein attraktives Instrumentenmuseum befindet sich im Kloster
Michaelstein, zudem der Sitz der „Ständigen Konferenz
Mitteldeutsche Barockmusik“, die im Auftrag von Bund und Ländern
die Barockmusikpflege in Mitteldeutschland unterstützt. Das
Telemannische Collegium Michaelstein ist hier zu Hause und der Kammerchor
Michaelstein. Zudem ist das Kloster ein wichtiger Veranstaltungsort
und Kulturträger der Region.
1997 wurde es in eine Landesstiftung überführt, unter
Leitung von Andreas Walter teilweise saniert und deutlich erweitert.
Knapp 60 Personen können übernachten, Küche und Gastronomie
sind vorhanden, dazu gibt es einen nach mittelalterlichem Vorbild
angelegten Kräuter- und einen Gemüsegarten. Die prächtige
Lage inmitten der Natur macht Michaelstein zu einer wahren Oase.
Peter Grunwald nun steht mit der Landesmusikakademie verständlicherweise
noch ziemlich am Anfang. Musikschulleiter war er im niedersächsischen
Lohne, wo die Menschen wohlhabend und katholisch sind und ihr Geld
gerne für Musik ausgeben.
Doch als Grunwald die Ausschreibung der Musikakademie Sachsen-Anhalt
las, wusste er: „Das ist das, was du immer schon machen wolltest.“
Im Juli 2002 fing er an, lebte dann acht Monate „fast wie
ein Mönch im Kloster“, bevor er sich mit der Familie
niederließ in Wernigerode.
Grunwald hat einiges organisiert bislang: einen D-Lehrgang für
Blasmusiker, einen Gitarrenkurs, eine Fortbildung für musikalische
Früherziehung zum Beispiel. Doch musste er bis vor kurzem ohne
Mitarbeiter auskommen, er war seine eigene Sekretärin und Mädchen
für alles, gab Schlüssel an Gruppen aus und betreute sie,
kümmerte sich um die Beschaffung von notwendigen Möbeln
und Büromaterial, passte die Infrastruktur den Ansprüchen
der Akademie an. Daneben hatte er das musikalische Terrain zu erkunden,
musste Ansprechpartner finden und Einsicht gewinnen in die Notwendigkeiten
des Landes. Denn üppig wie in seiner alten Heimat ist die Versorgung
mit Musikschulen und Musikvereinen in Sachsen-Anhalt nicht. „Doch
wichtig ist, was daraus gemacht wird“, sagt der studierte
Blockflötist.
Er selbst möchte das jetzt schon weite Profil der Landesmusikakademie
noch erweitern, will Landesjugendensembles ein Quartier bieten und
Dirigenten, Musiklehrern, Musikschullehrern, Musikern die Gelegenheit
zu Fortbildungen unterschiedlichster Couleur. Ende August fand ein
Meisterkurs für Violine statt unter Leitung von Koji Toyoda,
der nach der von Shinichi Suzuki entwickelten Talente-Erziehungsmethode
arbeitet. Daran schloss sich eine Einführung in die Suzuki-Pädagogik
an. Und Ende September (26. bis 28. September) wird das renommierte
String-Thing-Quartett einen Improvisationsworkshop für Streicher
leiten.
Zu den Stammgästen gehört natürlich der Landesmusikrat,
der in Michaelstein regelmäßig Kurse veranstaltet und
Jugend-musiziert-Teilnehmer vor Wettbewerben in die „Klausur“
schickt, außerdem das für die Lehrerfortbildung zuständig
„LISA“. Wichtig ist für die Landesmusikakademie
auch die Kooperation mit Veranstaltern – dem IAM zum Beispiel
oder der Orff-Schulwerk-Gesellschaft – die sich im Kloster
„einmieten“. Peter Grunwald will in Zukunft –
mit Hilfe von Kursen – zudem verstärkt auf die finanziell
schwierige Lage eingehen, in der sich Musikschulen und andere Kulturträger
gerade in Sachsen-Anhalt befinden. „Musiker müssen lernen“,
sagt er, „ihre Aktivitäten besser publik zu machen. Sie
müssen besser verdeutlichen können, wie wichtig das ist,
was sie tun.“