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nmz-archiv
nmz 2004/02 | Seite 12
53. Jahrgang | Februar
Internet/Computer
In jeder dritten Pepsi-Flasche spielt die Musik
Dumpingpreise, Rundumangebote, Flugmeilen zu Songfiles: Musik-Online-Stores
im Vergleich
Die Musikindustrie jubelt. Online-Musikvertriebe wie iTunes und
Napster haben nach einer Studie des amerikanischen Marktforschungsinstituts
Nielsen SoundScan deutlich zu einem Rückgang der Umsatzeinbußen
beigetragen (2002: 13 Prozent, 2003: 2,2 Prozent). Die Branche scheint
zu boomen: „Mittlerweile sind dreimal so viele Musikvertriebe
online, wie wir brauchen“, erklärt Josh Bernoff, Analyst
bei Forrester Research (www.for rester.com). Aber welchen soll man
nutzen?
Für die Musikfans in Deutschland schränkt sich das Angebot
alleine schon dadurch ein, dass verschiedene online-Musikbetriebe
bisher nur in den USA funktionsfähig sind. Dafür kommen
allerdings die Angebote der deutschen Telekom dazu. Eines steht
fest: Der Kampf um die Musikfans im Netz wird sich 2004 weiter verschärfen.
Neuestes Kampfmittel: Dumpingpreise.
Apple iTunes-Store
Das Interessante dabei ist, dass selbst Apples iTunes-Store (www.apple.com/itunes),
der sich im vergangenen Jahr als der erfolgreichste online Musik-Vertrieb
etablierte, trotz 30 Millionen verkaufter Songs nichts an den Downloads
verdiente. Das Gros der Einkünfte geht an die Musikindustrie.
Apple kam allein durch den Verkauf des iPods auf seine Kosten.
Mit dem iPod, von dem auf der Macworld im Januar eine neue Mini-Version
vorgestellt wurde, hat Apple einen Volltreffer gelandet. Ab Sommer
soll der iPod auch vom Hardware-Giganten HP vertrieben werden. So
sorgt der Design-MP3-Player des vergangenen Jahres weiter für
Furore. Und da der iTunes-Service – zumindest bisher - nur
mit dem iPod kompatibel ist, werden die Kunden iTunes wohl treu
bleiben.
Für den – auch in Deutschland nutzbaren – iTunes-Store
spricht zudem das Archiv, dessen 500.000 Titel von den fünf
großen Musikunternehmen (BMG, EMI, Sony Music Entertainment,
Universal and Warner Bros) aber auch von 200 Independent Labeln
kommen. Dazu gibt es eine Reihe exklusiver Titel, etwa den Soundtrack
des „Herrn der Ringe“. Als bisher einziger Service bietet
iTunes auch 5.000 Hörbücher an.
Zum Entdecken von neuer Musik eignet sich iTunes jedoch weniger.
Kostenlos streamen lassen sich nur kurze Hörproben, die Internet-Radio-
stationen sind nicht sonderlich interessant.
Napster 2.0
Hier hat Napster 2.0 Beta 8 (www.Napster.com)
mit seinem Premium-Service die Nase vorne. Für rund 10 Dollar
im Monat können Musikfreunde das gesamte Archiv von Napster
durchstöbern und die Songs komplett streamen. Nachteil ist,
dass mit der Kündigung des Abonnements auch das ganze so aufgebaute
Musikarchiv verschwindet. Für Napster spricht das eine halbe
Million Songs umfassende Archiv sowie aus illegalen P2P-Zeiten vertraute
Funktionen wie die Möglichkeit, Musiksammlungen anderer Nutzer
einzusehen und Songs an Freunde zu verschicken.
Die Napster-Jukebox ist dagegen nicht sehr ausgereift, so können
etwa CDs nicht in MP3s umgewandelt werden. Dafür ist Napster
mit anderen Jukeboxes sowie dem Windows Media Player kompatibel
und damit auch mit einigen MP3-Playern, natürlich nicht mit
Apples iPod. Ein eigener Napster MP3-Player wurde von Samsung auf
den Markt gebracht.
Real Player 10.0
Als Player am überzeugendsten ist der neue RealPlayer 10.0
(www.real.net),
der seit Anfang Januar inklusive Musik-Shops gratis aus dem Netz
herunter geladen werden kann (auch in Deutschland, allerdings ohne
Musik-Store). Interessant ist, dass RealPlayer 10 mit allen gängigen
Dateiformaten kompatibel ist. So können über den RealPlayer
sogar Audio-Files auf Apples iPod geladen werden. Der Download-Service
ist mit iTunes vergleichbar, allerdings ist das Musikarchiv noch
etwas kleiner, dafür bietet der RealPlayer-Shop gleichberechtigt
Videos, Nachrichten und sogar eine Suchmaschine. Der RealPlayer
10 zielt ganz deutlich darauf ab, dem Nutzer „alles in einem“
zu bieten. Erstaunlicherweise schadet das der Übersichtlichkeit
nicht.
Music Rebellion und Emusic
Zwei weitere interessante Konzepte sind Music Rebellion (www.musicrebellion.com)
und Emusic (www.emusic.com).
Music Rebellion erhebt als erster online-Musikvertrieb seine Preise
nach dem Prinzip der Marktdynamik und nimmt auch Musiker ohne Plattenvertrag
mit ins Archiv auf. Nach einer 36-stündigen Werbekampagne,
während der alle Songs für 10 Cents angeboten wurden,
liegt der Durchschnittspreis pro Song nun bei 75 bis 95 Cents.
Emusic erlaubt als einziger Service das Herunterladen ungeschützter
MP3-Formate. Bezahlt wird nicht pro Song, sondern im monatlichen
Abo für ein Maximum an Downloads. Im günstigsten Angebot
bezahlt man 22 Cents pro Titel. Zum ausprobieren können derzeit
noch 50 Songs gratis herunter- geladen werden.
Wal-Mart
So günstig kann nicht einmal Wal-Mart (www.walmart.com,
http://musicdownloads.walmart.com)
Musik online anbieten. Mit 88 Cents pro Song unterbietet die US-Großhandelskette
zwar iTunes und Napster, aber dafür ist die Auswahl entsprechend
kleiner. Ansprechpartner sind hier auch nicht Musikfanatiker sondern
der Otto-Normal-Verbrauch. Um diesem die Schwellenangst zu nehmen,
kann auf der Website ein erster Probesong gratis herunter geladen
werden.
Popfile.de
Der einzige deutsche Service, der mit mit diesen drei Großen
vergleichbar ist, ist das von der Deutschen Telekom und Universal
Music ins Netz gestellte Popfile.de (www.popfile.de).
Das jugendlich frische Konzept basiert auf der gratis herunterladbaren
Software „My Playlist“. In dieses Programm können
Nutzer Audio-Files in einem vom Fraunhofer Institut für die
Telekom entwickelten Format laden. Um die Songs zu brennen oder
auf einen MP3-Player laden zu können, müssen sie mittels
des Window Media Player exportiert werden, was komplizierter klingt,
als es ist. Bereits auf der Festplatte gespeicherte MP3s können
auch in „My Playlist“ importiert werden.
Mediamarkt
Der Start des offiziellen Download-Portals der deutschen Musikindustrie
wurde wieder und wieder verschoben. Nun ging mit Mediamarkt Musikdownloads
(http://musikdownload.mediamarkt.de/index.pt)
eine Testversion von Phonoline online. Songs gibt es ab 0,59 Euro,
allerdings kosten viele über einen Euro. Neben Saturn sollen
später auch einmal RTL und der Musik-Sender Viva PhonoLine
als Plattform nutzen.
Musicload
Einfach zu bedienen ist Musicload (http://musicdownload.t-online.de/),
der virtuelle Plattenladen von T-Online in Zusammenarbeit mit Bertelsmann,
der EMI Group, Sony und Warner Music. Bezahlt wird per Kreditkarte
oder ganz bequem per Telefonrechnung. Viel mehr bietet Musicload
aber auch schon nicht. Ein ähnlicher, von der Telekom Austria
im September gestartete Online-Vertrieb von Musikdaten im Windows-Media-Format
zeigte sich jedoch nicht sonderlich erfolgreich. Nach fünf
Wochen hatten sich erst 1.000 Kunden angemeldet, die gerade einmal
1.500 Dateien aus dem Netz luden.
Sony Connect
Bei so vielen Anbietern können sich einfach nicht alle durchsetzen.
So musste Sony seinen ersten Online-Musikvertrieb Pressplay wegen
der geringen Nutzerzahlen bereits an Roxio (Napster) verkaufen.
Für dieses Frühjahr ist jedoch schon ein neues Projekt
geplant. Auf Sony Connect können Passagiere von United Airlines
ihre Frequent Flyer Miles gegen Songs eintauschen. Eine Vereinbarung,
die Rentabilität garantieren soll.
Doch die Konkurrenz schläft nicht: Apple will die Musikfans
in einem gemeinsamen Werbeschlag mit Pepsi für sich gewinnen.
Zwischen dem 1. Februar und dem 31. März werden im Verschluss
der Pepsi-Flaschen versteckt 100 Millionen Gratis-Songs vergeben,
das heißt, in jeder dritten Pepsi-Flasche spielt die Musik.
RealNetworks offeriert seinen Kunden zwei Gratissongs pro 12er-Pack
Heineken Bier.
Coca Cola schließlich plant auf www.mycokemusic.com einen
Online- Musikladen, um das braune Zuckerwasser zu bewerben. Ein
Konzept, das mit Hilfe von Microsofts Loudeye-Software bald noch
viele, viele andere Unternehmen nutzen werden.
Josefine Köhn
Eine
tabellarische Übersicht der Angebote als html
und als pdf.