[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2004/02 | Seite 44
53. Jahrgang | Februar
Kulturpolitik
Kultur-Finanzierung heute
Vorschläge von Niko Firnkees
Die Kommunen sind pleite: Trotz Haushaltssperren stellen sie kaum
mehr verfassungsmäßige Haushalte auf. Das zahlen von
Gewerbesteuer gilt allenfalls als Dummheit, die der Performance
der Aktie nicht dienlich ist. Weitere Steuerausfälle und gestiegene
Kosten kommen hinzu.
Wie decken Sie als Kulturträger – etwa als Tonkünstler-Ortsverband
oder Musikschule – Ihren Etat, wenn städtische Mittel
ausbleiben oder institutionelle Förderung die Projektförderung
ersetzt? Ganz einfach: Man organisiert eine Beach-Party. Natürlich
können Sie das auch Hell & Fire-Night nennen. Oder „Crotchet”–
, „Prebar-” und „Recorder”-Party. Das ist
zwar nur Englisch für Viertelnote, Auftakt und Blockflöte,
aber das checkt Ihre Klientel ohnehin nicht. Als Erstes benötigen
Sie einen verkehrsgünstigen, aber etwas abseits von Wohngebieten
gelegenen Platz. Sprechen Sie mit einem Landwirt, der gerade an
EU-Brachlandförderprogrammen teilnimmt: Der darf mit der Fläche
eh nichts anfangen und vermietet sie – natürlich unter
der Hand – günstig. Dann müssen Sie ein Zelt mit
Holzboden mieten. Es gibt genügend Anbieter, die dieses samt
Interieur – sprich: einigen Plastikpalmen und mehreren themenorientierten
Bars – aufstellen.
Dann gehen Sie zum Ordnungsamt und legen ihm Ihr Sicherheits- und
Entsorgungskonzept vor. Beantragen Sie bei der Gelegenheit, dass
Sie über die Sperrstunde hinaus offen haben dürfen. Zwischen
zwei – wenn Lokale zumachen – und fünf geht am
meisten Geschäft. Amtsdeutsch heißt das „Sperrzeitverkürzung”.
Sie müssen nun Ihre Party bewerben. Dazu nehmen Sie die zehn
Quadratmeter großen, handbemalten Tafeln, die überall
rumstehen. Theoretisch müssten Sie die Verkehrsbehörden
um eine „Verkehrsflächensondernutzung” fragen,
die lehnen aber ab. Stellen Sie Ihre Tafeln einfach auf, und wenn
Sie eine Aufforderung zur Beseitigung erhalten, ziehen Sie halt
um. Beachten und nutzen Sie die Trägerschaft der Straßen:
Für Gemeindestraßen, Kreisstraßen, Staatsstraßen,
Bundesstraßen und Autobahnen sind unterschiedliche Behörden
zuständig. Dem zuständigen Mitarbeiter am Landratsamt
ist es herzlich egal, wenn er die inkriminierte Tafel beim Heimfahren
200 Meter weiter neben der Staatstraße wieder erblickt. Am
eigentlichen Abend benötigen Sie Security-Leute und ein System,
wie Sie Jugendliche unter 16 beziehungsweise 18 zur vorgeschriebenen
Zeit wieder aus dem Zelt haben. Bewährt haben sich das Einsammeln
des „Persos” und farbig unterschiedliche Armbänder.
Mit Unregelmäßigkeiten beim Jugendschutz verstehen Behörden
wenig Spaß.
Für das flüssige Catering empfehlen sich zurzeit Becks,
Quicky, Desperados und Wodka-Red Bull und die diversen Alco-Pops.
Out sind (wieder) Jägermeister und der Feigling. Verlangen
Sie auch ein anständiges Pfand. Zum Essen reichen Halsgratsemmeln
und Sandwiches. Etwas überständiges Fleisch ist billiger
– hauen Sie gut Zwiebel drauf und grillen Sie ohne Folie,
dann schmeckt es niemand durch. Wichtig: Mindestens einer beim Essen
muss ein Gesundheitszeugnis für die Gastronomie haben.
Steuern fallen keine an: Die Finanzämter hätten viel
zu tun, wenn Sie jede Party auf ihren Ertrag überprüfen
würden. Gegen sechs Uhr morgens können Sie das Zelt abbauen.
Wenn Sie mit weniger als 10.000 Euro Reingewinn heimkommen: selbst
schuld, unfähig oder dumm. Dann haben Sie auch keine kommunale
Förderung verdient.