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nmz-archiv
nmz 2004/02 | Seite 37
53. Jahrgang | Februar
Jazz, Rock, Pop
Hits & Clips
Zeichen der Zeit: Du bist nicht allein
Es hat sich etwas getan auf dem Gutmensch-Sektor. Nicht dass
das Lied, im Wesentlichen geschrieben von den Mannheimern Xavier
Naidoo und Mischa Marin, nicht ein weiterer Beweis für die
Untiefen des Kitschbrunnens ist, aus dem die deutschen Souler
und Möchtegern-Souler schöpfen. Doch es ist immerhin
sorgfältig und international kompatibel produziert. Es herrscht
ein warmer, seliger Grundton, das Motiv der Gitarre und die sanft
stockenden Beats finden schnell zusammen, das melodische Thema
des Refrains bleibt schlicht, aber kuschelig. Um Abwechslung muss
sich ja niemand kümmern, wenn zehn verschiedene Stimmen singen
und zudem ein Rap den C-Teil ersetzt. Nur am Ende wird es wie
üblich bei so einem Masseneinsatz etwas eng im Sound-Panorama,
weil alle noch ihre letzten Koloraturen unterbringen wollen. Wäre
da nicht das biedere Video im Design des modernen Digitaltrick-TV-Trailer-Stils
samt großer Kinderaugen.
Limp Bizkit: Behind Blue Eyes
Videoclips sind Werbung, logisch. Und Hollywood profitiert davon,
dass Leute wie Limp Bizkit-Sänger Fred Durst eher geiler
Star sein wollen als guter Musiker. Wenn also die Produzenten
des neuen Films mit Halle Berry schon ahnten, dass der eher misslungen
ist (und „Gothika“ ist tatsächlich superdämlich),
wird im Vorfeld ein halbwegs spektakulärer Clip lanciert.
Spektakulär deshalb, weil Vorzeige-Rüpel Durst immerhin
mit der Oscar-Preisträgerin knutschen darf in den Kulissen
des Films. Das musikalische Material, ein alte Ballade von The
Who, bleibt da eher nebensächlich – außer der
Tatsache, dass die Nu-Metaller Limp Bizkit nun halt auch mal einen
Balladenhit haben. Bei dem man, soviel doch dazu, dermaßen
viel Effekt auf der Gesangsspur hört, dass zu ahnen ist,
welch liebe Müh Durst bei der Aufnahme mit den langgezogenen
Tönen hatte.