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Ausgabe 2004/04
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nmz 2004/04 | Seite 12
53. Jahrgang | April
5 vor 12

Nachschlag

EU

Ein Streit ist entbrannt, der so eigentlich keiner ist. Der Musikrat ist nach seiner Pleite nach vorne geprescht und erklärt nun, wie sehr ihm die populäre Musik am Herzen liege. Wenn man nicht sehe, dass das Interesse der Jugend der Popmusik gehöre und sie immer außen vor lasse, dann werde Musik und musikalisches Tun insgesamt untergraben. Hier hätten sich die Älteren durch Arroganz und Ignoranz einiges zuschulden kommen lassen. Die Schere, die sich mehr und mehr auftue, sei von Seiten der E-Musik und der alten Avantgarde selbst geöffnet worden. Nur der radikale Schulterschluss (also von Lachenmann zu Bohlen, der in seinem Statement zur Lage der Musik sich auf Seiten von Bach und Beethoven sieht) könne das entstandene Übel mildern. Also hinein in die Kuschelecke, wo keiner dem anderen Böses will! Musik macht Spaß, Musik verbindet, Musik bewegt, heraus aus dem Elfenbeinturm, Popmusik spricht alle an.

Alles schön und gut, aber so im Eintopfformat lässt sich wohl kaum eine Krise überwinden. Zunächst einmal muss die These bezweifelt werden, dass alle Vertreter eines emphatischen, eines ernst genommenen Musikbegriffs per se Gegner von Pop oder Jazz seien. Freilich: Adorno hat in seiner Musiksoziologie Kategorien des Musikhörens (der Musikhörer) entworfen, die musikalischen Verstand an den Gattungen maßen, die bevorzugt gehört werden – der Webern-Hörer steht höher als der Jazz-Fan, der wieder ist besser als der reine Schlager- oder Unterhaltungshörer. Dass diese Thesen, zumindest in der ausschließlichen Form, nicht zu halten sind, wussten kritische Musikhörer schon recht bald. Entstanden ist der Graben durch ein Auseinanderklaffen des musikalischen Niveaus. Die sogenannten Parteigänger der Neuen Musik waren, das darf man pauschal sagen (auch wenn man teilweise beträchtliche Scheuklappen konzedieren muss), auf der Suche nach Qualität – und man traf sich schnell mit solchen, die von anderer Seite mit ähnlichem Anspruch kamen. Und der große Musikmarkt, dem das Qualitäts-Argument ziemlich egal war, der auf Verkaufszahlen und auf rigorose Ausbeutung einer exemplarischen Stimme, eines markanten Outfits oder was auch immer setzte, drängte die „kritischen” Hörer in die Ecke, in der sie dann mit dem Attribut „selbstverschuldet” verspottet wurden. Dabei suchte und sucht man immer wieder Kontakte, sei es zu ernst betriebener außereuropäischer Musik, sei es zu Benny Goodman, Miles Davis, Keith Jarrett, Frank Zappa, Einstürzende Neubauten, oder der radikalen Techno- und DJ-Szene. Das Bewusstsein, sich auf solcher Ebene zu verbinden ist in den letzten Jahrzehnten spürbar gewachsen. Hier braucht man das Rad nicht neu zu erfinden.

Aber man sollte nicht so tun, als ob Musik nicht auch ganz andere Ziele verfolgen könnte, die zum emanzipierten Musikhören geradezu kontraproduktiv wirken. Es ist das, was Hanns Eisler einmal als Dummheit in der Musik bezeichnete. Daran ist kein Mangel. Auf dieser Seite stehen Desensibilisierung und Abstumpfung, und nicht selten stecken politische oder gesellschaftliche Absichten dahinter. Da diese naturgemäß auf Massen zielen (was ja auch den Musikmarkt interessiert), ist der Ort dafür wesentlich die populäre Musik (dazu gehört auch zum Ramsch deklassierte Klassik).

Auf der anderen Seite stehen Wecken des Sensoriums, Schärfung und Sensibilisierung. Diese Unterscheidung ist die wirkliche Trennlinie für wohl jeden, dem die Sache der Musik etwas bedeutet – und die Sache der Musik ist der über das Hören sensibel und bewusst gemachte Mensch.

Also keine Ausgrenzung, aber auch keine vorschnelle Verbrüderung. Dass zum Beispiel der Komponistenverband jüngst auf einer Sitzung diese Probleme ansprach und statt E oder U das Kriterium der kulturell bedeutsamen Musik einführte, zeigt eine Öffnung in diese Richtung. Es deutet aber auch die Schwierigkeiten der neuen Begriffs- und Rasterfindung an.

Reinhard Schulz

 

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