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VdM
nmz-archiv
nmz 2004/04 | Seite 28
53. Jahrgang | April
Verband deutscher Musikschulen
Überzeugen von der Existenzpflicht
QsM – EDuR: Zwei Managementangebote für die Musikschule
Anno 1998 – auf der 3. Kulturkonferenz Sachsen-Anhalts beschlossen
28 Musikschulen des Landes gemeinsam, den Interkommunalen Leistungsvergleich
– EDuR durchzuführen. Auf Grundlage einer Kooperationsvereinbarung
zwischen dem Kultusministerium und dem Landesverband der Musikschulen
Sachsen-Anhalt startete das Projekt in sechs Vergleichsringen im
Herbst 1999. Über unseren Landesverband wurden entsprechende
Weiterbildungen und Foren initiiert.
Wir, die Kreismusikschule Wittenberg, hatten uns gerade über
dieses Veranstaltungsangebot mit dem groben Ablauf von EDuR vertraut
gemacht, da kam auch schon die nächste Herausforderung auf
uns zu. Es eröffnete sich die Möglichkeit, an der Implementierung
des vom Verband deutscher Musikschulen neu eingeführten „Qualitätssystem
Musikschulen“ – kurz QsM – teilzunehmen. Nach
der Einführungsveranstaltung stand für uns fest, das „Abenteuer“
einzugehen, da sich beide Managementmechanismen unserer Meinung
nach nicht behindern – eher ergänzen. Die Herangehensweisen
und die „Arbeitsaufträge“ waren zunächst völlig
unterschiedlich. Die Zeitschiene für EDuR sollte sich von 1999
bis 2003 erstrecken. Es ging nicht nur um ein einmaliges Erfassen
von Daten, also um eine Bestandsaufnahme der Musikschulen im Einzelnen
und im Ganzen, auf die dann schlussfolgernd Maßnahmen folgen
sollten, sondern darum, auf Grund der flächendeckenden Durchführung
des Vergleiches Tendenzen der Musikschullandschaft in Sachsen-Anhalt
(positive wie negative) zu erkennen und entsprechend zu reagieren.
Im Jahr 2000 begannen wir also zusätzlich gemeinsam mit weiteren
„furchtlosen“ acht Musikschulen die Arbeit an QsM. Und
schon waren wir mit QsM gleich mitten in der inhaltlichen Auseinandersetzung
über ein Selfassessment (Selbstbewertung) beschäftigt.
Zunächst im Leitungsbereich und anschließend mit allen
Mitarbeitern. In dem zur Verfügung gestellten Material waren
alle Bereiche einer Musikschule und Musikschulausbildung beleuchtet
worden. Gleichzeitig sind in einer dynamischen logischen Folge Verbesserungsstadien
angegeben. Schnell begriffen wir, dass die Auseinandersetzung mit
allen Kriterien nicht nur eine große Kraftanstrengung bedeutet,
sondern das Gesamtwerk nach dem obligatorischen Durcharbeiten eine
große Arbeitshilfe sein kann. 2001 beendeten wir den zweiten
und letzten Baustein von QsM. Dem folgte die weitere inhaltliche
Auseinandersetzung mit den durch das Selfassessment spezifisch für
unsere Musikschule entwickelten Maßnahmen. Obligatorisch stießen
wir beim Bearbeiten der Kriterien auf die Problematik der Erkenntnis
– also, wie sind wir zum Beispiel zu Ergebnissen über
Nutzer, Öffentlichkeit oder von innen über Mitarbeiterzufriedenheit
gekommen. Der wirkungsvollste Erkenntnismechanismus in bestimmten
Bereichen ist nun mal die spezifischen Befragungen. Da wir uns in
EDuR mitten in der Befragungsproblematik befanden, war eine unserer
ersten Maßnahmen, die Umfragen zu organisieren. Hier erlebten
wir die erste direkte Verzahnung zwischen EDuR und QsM. Der diesbezüglich
fortgeschrittene Arbeitsprozess in EDuR und die damit verbundene
Zusammenarbeit in den Moderatorenkonferenzen war für uns eine
große Arbeitserleichterung.
Schülerbefragungen und Elternbefragungen wurden 2000 und
2002, Mitarbeiterbefragungen 2001 und 2002 durchgeführt.
Erkenntnisse, die man nur über den direkten Vergleich (Benchmarking)
erzielen kann, waren natürlich auch wichtig für einen
entscheidenden Verbesserungsprozess. Auch hier konnte das Mitwirken
bei EDuR unsere Ergebnisse bei QsM positiv beeinflussen.
Die Bearbeitung und Zusammenfassung der Ergebnisse von EDuR sind
im Ende 2003 fertig gestellten dreibändigen Endwerk enthalten.
Hier ist ein hervorragender Zustandsbericht der in Sachsen-Anhalt
wirkenden öffentlichen Musikschulen entstanden, der Grundlage
für zukünftige Mechanismen auf Landesebene sein wird.
Gleichzeitig kann jede einzelne Musikschule ihren Standort im direkten
Vergleich ziehen und auf Grund dessen Schwerpunkte ihrer Arbeit
definieren.
Die Arbeit im QsM-System können wir nun wieder mit neuen
„Erkenntnissen“ beginnen. Eine der wichtigsten persönlichen
Erfahrungen nach der Implementierung war für mich, wie QsM
allgegenwärtig die tägliche Arbeit unbewusst beeinflusst.
Mechanismen wie Planung, Bearbeitung/Durchführung und Nachbereitung
werden bewusster und zielorientierter. Handlungen gewinnen spürbar
an Klarheit und Übersicht und dies führt zu merklichen
organisatorischen Leistungssteigerungen. Beide Systeme legen Standards
fest: QsM in den Reifestadien und EDuR im direkten Vergleich. Die
Arbeitsschwerpunkte kann bei beiden Systemen jede Musikschule ganz
individuell definieren. Letztendlich bleibt die Frage noch offen:
Was können EDuR und QsM beim Musikschulträger und im politischen
Raum bewirken?
Markus Biedermann
Hierzu der für die Musikschule zuständige Beigeordnete
für Finanzen und Soziales des Landkreises Wittenberg, Deddo
Lehmann:
Der Landkreis Wittenberg hat einen Fehlbedarfshaushalt im zweistelligen
Millionenbereich. Alle freiwilligen Aufgaben und sogenannte Pflichtaufgaben
mit Ermessensspielraum stehen auf dem Prüfstand. Wir stehen
vor einem durch uns nicht lösbaren Konflikt zwischen zwei gleichrangigen
Rechtspflichten. Zum einen muss der Kreis die ihm obliegenden Aufgaben
erfüllen, zum anderen soll er einen ausgeglichenen Haushalt
vorlegen. In diesem Spagat können und müssen die Instrumentarien
QsM und EDuR dazu beitragen, zum einen für mehr Transparenz
des Leistungsstandes der Musikschule zu sorgen und zum anderen den
Weg zu mehr Effizienz in der Arbeit der Musikschule aufzuzeigen.
Der Interkommunale Leistungsvergleich zeigt den Willen, sich zu
vergleichen und zu verändern sowie den Leistungsstand gleichermaßen
auf.
„Wenn wir bewahren wollen, was wir haben, werden wir vieles
ändern müssen.“
Dieses von mir viel gebrauchte Zitat stellt die Musikschule vor
ständige neue Herausforderungen, denen sie sich stellen muss.
Die Schließung der Musikschule gleicht den Haushalt des Landkreises
nicht aus. Um so wichtiger ist es, die Betreibung dieser Schule
zum Selbstverständnis oder anders ausgedrückt zur moralischen
Pflichtausgabe werden zu lassen.
In diesem Prozess der Selbstfindung befinden wir uns und hierzu
sind EDuR und QsM wichtige Hilfsmittel, sich selbst und den politischen
Raum von der Existenzpflicht und der ständigen Weiterentwicklung
dieser Bildungseinrichtung zu überzeugen.