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nmz-archiv
nmz 2004/05 | Seite 32
53. Jahrgang | Mai
Jugend musiziert
Von der Landstraße auf den Datenhighway
EDV- Wettbewerbsplanung bei „Jugend musiziert“
In wenigen Wochen beginnt der 41. Bundeswettbewerb „Jugend
musiziert“ in Villingen-Schwenningen und Trossingen. Wenn
am 26. Mai um 9.00 Uhr morgens das erste von mehr als 1.000 Wertungsspielen
beginnt, ist das umfangreichste Projekt im Vorfeld des Bundeswettbewerbs
geglückt: die Verarbeitung der Teilnehmerdaten.
Lange vor der Musik ist die Bundesgeschäftsstelle „Jugend
musiziert“ über Wochen mit dem Thema Datenerfassung konfrontiert.
Tausende von Teilnehmerdaten müssen so erfasst werden, dass
Verwechslung oder falsche Zuordnung zu Vorspielprogrammen ausgeschlossen
sind. Es werden wettbewerbsbezogene Angaben wie Geburtstag, Adresse,
Lehrer und Instrument abgefragt, dazu Angaben zum Programm, das
mit genauen bibliografischen Informationen zu Komponisten, den gespielten
Werken, ihrer Dauer und den Epochenzuordnungen gemeldet werden muss.
Darüber hinaus werden geplante Besuche bei Preisträgerkonzerten,
An- und Abreisedaten und Verpflegungswünsche am Wettbewerbsort
abgefragt.
Aus heutiger Sicht kann man von einer annähernd optimalen
Datenerfassung bei „Jugend musiziert“ sprechen. „Jugend
musiziert“-Teilnehmer im 21. Jahrhundert erhalten heute nicht
nur bereits Wochen vor Beginn des Bundeswettbewerbs den genauen
Termin ihres Wertungsspiels, ihr Quartier und die Bestätigung
für ihre Konzertbesuche und Essensbestellungen, sie können
auch ihre Urkunden direkt vom Bundeswettbewerb mit nach Hause nehmen,
während sich daheimgebliebene Angehörige tagesaktuell
im Internet die Ergebnislisten ansehen können.
Kinderstube der Datenerfassung
So ist die Geschichte des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“
auch ein Pfad auf der Suche nach optimaler Datenverwaltung und -erfassung.
Einige Jahre nachdem sich „Jugend musiziert“ im deutschen
Musikleben etabliert hatte, begann man sich in der Bundesgeschäftsstelle
„Jugend musiziert“ professionell mit dem Problem der
effizienten Datenverwaltung von Teilnehmer-Informationen auseinander
zu setzen. Denn die Teilnehmerzahlen stiegen kontinuierlich und
mit ihnen der organisatorische Aufwand. Nach knapp 20 Jahren Schreibmaschinen-getippter
Datenpflege wurde Anfang der 80er-Jahre bei „Jugend musiziert“
das Computerzeitalter eingeläutet. Die Bundesgeschäftsstelle
wurde mit einem stationären Mehrplatzsystem der mittleren Datentechnik
ausgerüstet. Auf diesem Rechner lief ein Computerprogramm,
das neben Textverarbeitung eine Adressdatenbank der Teilnehmer und
Juroren verwaltete. Damit konnten Serienbriefe, Adressetiketten
und Teilnehmerlisten maschinell erstellt werden. Alles andere musste
zunächst weiterhin in Handarbeit erledigt werden:
Die Erfassung der wettbewerbsbezogenen Daten auf einer Karteikarte,
die An- und Abreise, die Unterbringung, die Essenswünsche,
der Termin des Wertungsspiels und das 15- oder 20-minütige
Vorspielprogramm. Enthielt das Vorspielprogramm eines anderen Teilnehmers
dieselben Werke, mussten diese natürlich nochmals abgeschrieben
werden. Um zu einer tabellarischen Übersicht über die
benötigte Anzahl an Betten, Mahlzeiten und Konzertkarten zu
kommen, zählte man die Informationen auf den Anmeldeformularen
aus und führte Strichlisten. Und zwar buchstäblich in
letzter Minute.
Denn die von Jahr zu Jahr zunehmende Zahl an Teilnehmenden sprach
zwar einerseits für das Renommeé von „Jugend musiziert“,
andererseits brachte sie das Team notorisch an die Grenze seiner
Kapazität und konfrontierte es mit Nachtschichten und einem
ernst zu nehmenden Zeitproblem für die Planung von Teilnehmerverpflegung,
Konzertauslastung und Übernachtungskontingent. Die Osterfeiertage
mussten dazu genutzt werden, um das gesamte Vorspielprogramm des
Bundeswettbewerbs von den Anmeldeformularen abzutippen und in die
Texterfassung einzugeben. Betten- und Essensbuchungen konnten aus
Kapazitätsgründen erst am Wettbewerbsort per Hand ausgezählt
werden.
Der Weg zum PC-Netzwerk
Nun besaß die Bundesgeschäftsstelle, wie erwähnt,
einen Rechner, der aber konnte nicht mit an den jeweiligen Wettbewerbsort
genommen werden. So war die Schreibmaschine das zentrale Arbeitsgerät,
wenn es daran ging, die täglichen Ergebnislisten zu veröffentlichen
und Konzertprogramme zusammenzustellen. Nach Rückkehr des Teams
vom Wettbewerbsort mussten dann die Ergebnisse in den Rechner übertragen
werden, weil die Daten konsequent und an einem Ort gepflegt werden.
Ein Umstand, der nicht nur weitsichtig, sondern auch erfreulich
ist, denn die Daten ließen sich in jede neue Version, die
aus der „Ur-Datenbank“ hervorging, hinüberkopieren
und stehen bis heute vollständig zur Verfügung.
Die Entwicklung auf dem Computermarkt hatte Ende der 80er-Jahre
ein rasantes Tempo angenommen. Die PCs waren deutlich leistungsfähiger
geworden, so dass man sich vom Mehrplatzsystem verabschieden und
ein PC-gestütztes Verwaltungsprogramm für „Jugend
musiziert“ entwickeln konnte. Diese Software erhielt den Arbeitstitel
„JMDaten“. Die neue Generation von PCs war schneller
und kleiner, so dass man sie nun auch vor Ort beim Bundeswettbewerb
einsetzen konnte. Ergebnisse wurden ohne Zeitverlust eingetragen
und alle notwendigen Ausdrucke wie Ergebnislisten, oder Urkunden
konnten bereits vor Ort erstellt werden. Schließlich wurden
die alten Mehrplatzsysteme vollständig vom Markt verdrängt,
an ihre Stelle traten mobile PC-Netzwerke. Wenn die Bundesgeschäftsstelle
heute für die Organisation und Durchführung des Bundeswettbewerbs
an den jeweiligen Austragungsort umzieht, dann reist mit ihr ein
komplettes PC-Netzwerk.
Arbeiten mit JMDaten: Schneller, schöner, billiger
Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
und der Hauptsponsor Sparkassen Finanzgruppe verhalfen „JMDaten“
im Jahr 2000 zum Quantensprung: aus der dBase-basierten Arbeitsversion
wurde ein benutzerfreundliches Windows-kompatibles Programm, Programmierkenntnisse
bei der Bedienung waren nun nicht mehr nötig.
Was in seiner Entwicklungsphase Geld kostete, hilft nun seinerseits
Geld einzusparen. Denn die Auswertung der Anmeldungen für Essen,
Unterkunft und Konzertbesuche lassen eine exakte Kalkulation zu
und können die Auslastung optimal steuern.
Die Daten des Vorspielprogramms werden einmalig, exakt bibliografiert,
in die Datenbank eingegeben und können jederzeit erneut eingelesen
und mit weiteren Datensätzen verknüpft werden. Unter anderem
ist dies ein wesentlicher Zeitfaktor bei der Eingabe des gesamten
Vorspielprogramms beim Bundeswettbewerb. Denn nun ist es möglich,
die mehr als 3.500 Vorspielwerke in der winzigen Zeitspanne zwischen
dem Ende des letzten Landeswettbewerbs und dem Bundeswettbewerb
zu erfassen und daraus ein 300-seitiges Programmbuch zu erzeugen.
Neue Werke und Komponisten können hinzugefügt werden,
denn die Werkdatenbank ist „lernfähig“. Inzwischen
stehen mehr als 30.000 Komponisten mit Lebensdaten, Epochenzuordnung
und Schwierigkeitsgraden zur Verfügung. Diese Datenbank ist
aus der jahrelangen Arbeit an den „Jugend musiziert“-Literaturlisten
entstanden und wächst mit jedem neuen Wettbewerb.
Von der Entwicklung von JMDaten profitieren nicht nur die „Jugend
musiziert“-Macher hinter den Kulissen. Auch für die Teilnehmer
am Bundeswettbewerb ist ein Mehr an Service entstanden. Der Teilnehmerausweis
ist übersichtlicher geworden und informiert seinen Benutzer
frühzeitig, mit dem letzten Rundschreiben, über seine
Buchungsdaten für Unterbringung, Verpflegung und Konzerte.
Und schließlich hat auch das Warten auf die Urkunde ein Ende:
wurden sie früher im Herbst verschickt, werden sie nun zeitgleich
mit der Ergebnisbekanntgabe ausgedruckt und wer möchte, kann
sie sich vom Bundeswettbewerb aus nach Hause mitnehmen.
Partner „Stiftung Deutsche Jugendmarke“
Was sich für die Bundesebene von „Jugend musiziert“
als nützlich herausgestellt hatte, sollte auch für die
Regional- und Landeswettbewerbe nutzbar sein, so dass man sich an
die Realisierung einer weiteren Idee machen konnte: die Ausdehnung
auf die Regional- und Landesebene von „Jugend musiziert“.
Nun stellt sich die Situation auf diesen beiden Wettbewerbsebenen
etwas anders dar als die der Bundesebene. Wer dort einen Wettbewerb
stemmt, arbeitet in den allermeisten Fällen ehrenamtlich und
das heißt, unter akuter Geld-, Personal- und Zeitnot. So dass
eine Software zur Verwaltung von „Jugend musiziert“
auf Regional- und Landesebene dreierlei leisten musste: die Qualität
zu sichern, die Arbeit zu optimieren und Kosten zu sparen. Aber
die Adaption kostete Geld. Auf Empfehlung des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wandte sich „Jugend
musiziert“ mit diesem Anliegen an die Stiftung Deutsche Jugendmarke
e.V. Mit Erfolg: Dank der Unterstützung der Stiftung Deutsche
Jugendmarke konnte eine Version für die Regional- und Landeswettbewerbe
realisiert werden, die Ende 2003 ausgeliefert wurde und den Regionen
und Ländern kostenlos zur Verfügung steht.
Ein Drittel aller Regionalwettbewerbe und die Hälfte der Landeswettbewerbe
hat „Jugend musiziert“ 2004 mit Hilfe dieses neuen Tools
organisiert. Das ist ein hoffnungsvoller Anfang. Weitere Landes-
und Regionalausschüsse haben den Umstieg auf JMDaten bereits
signalisiert, vielfach werden die Sommerferien zum Training mit
der neuen Software herhalten müssen. Jeder neue Nutzer wird
darüber hinaus neue Ideen zur Optimierung einbringen, wird
mit Vorschlägen an die Bundesgeschäftsstelle herantreten.
JMDaten ist nicht abgeschlossen, es wird sich immer wieder verändern,
anpassen an neue Gegebenheiten. Es ist ein vitales Programm –
Wie „Jugend musiziert“ selbst.