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nmz-news
nmz 2004/05 | Seite 2
53. Jahrgang | Mai
Personalia
Personalia
Die neue musikzeitung hat ihre interaktiven Tätigkeiten ausgeweitet.
Mit dem Kulturinformationszentrum
stellen wir die engagierte Diskussion in das Zentrum der Aktivitäten
im Netz. An dieser Stelle können Fragen gestellt, Informationen
verbreitet und die Arbeiten anderer kultureller Initiativen zur
Darstellung gebracht werden.
Keep Swinging, Mr. Präsident!
Hermann Rauhe tritt als Präsident der Hochschule für Musik
und Theater Hamburg zurück
Nach 26 Jahren im Dienste von Musik und Hochschule wird „uns
Hermann“ für eine weitere Amtszeit nicht mehr kandidieren.
Hermann Rauhe habe ich 1969 kennengelernt. Wir Grazer hatten schon
1965 ein Institut für Jazz an der Grazer Musikuniversität
(damals noch Akademie, 1971 dann Hochschule) installieren können
und haben 1969, als Ergänzung zur musikalischen Praxis, eine
„1. Internationale jazzwissenschaftliche Tagung“ organisiert,
um das Gesamtgebiet des Jazz ins Blickfeld der Musikwissenschaft
zu bringen. Auf der Suche nach Referenten stießen wir neben
Jan Slawe, Ekkehard Jost, Ernest Bornemann, Gerhard Kubik, Alfons
M. Dauer unter anderem natürlich auch auf Hermann Rauhe, der
mit seinen Publikationen unser größtes Interesse erweckt
hatte.
Hermann kam in Graz an, wir erwarteten ein fertiges Manuskript
für die beabsichtigte Drucklegung. Mit sich hatte er „nur“
einen Zettelkatalog, was nun/tun? Eine Schreibkraft wurde in den
Steirerhof, ein inzwischen für ein Einkaufszentrum wegrationalisiertes
wunderbares Altstadt-Hotel, abberufen, und er diktierte sozusagen
über Nacht sein Eröffnungsreferat „Der Jazz als
Objekt interdisziplinärer Forschung“, ein Statement von
40 Seiten, das sich gewaschen hat, nachzulesen im ersten Band des
Jahrbuchs „Jazzforschung“, 1970. Da war alles drin:
Fachliche Kenntnis, Formulierungskunst und ernsthaftestes Engagement
für die Sache. Dass in dieser mehrtägigen Veranstaltung
auch die soziale Seite nicht zu kurz kam, erwähne ich nur nebenbei:
Die Ausflüge in die herrliche Südsteiermark mit ihren
Enzian-Trinkwettbewerben und die Vokalquartette zu später Stunde
unter prominenter Mitwirkung in Grazer Beisln nach ganztägigen
Redeschlachten zum Thema.
Schon damals war Rauhe von der Idee begeistert, Jazz und Popmusik
in die Hamburger Hochschule zu integrieren. Anfangs der 70er-Jahre
lud er Friedrich Körner, den Initiator der Grazer Hochschulsache,
und mich zum Hamburger Hochschulsenat ein, um zu referieren; wir
legten groß (finanziell) los, was sinnvoll gemacht werden
könnte, vorerst vergebens. Erst 1982 gelang die Installierung
einer Jazzprofessur, die zur Einrichtung eines selbständigen
kleinen aber sehr feinen Fachbereichs „Jazz und jazzverwandte
Musik“ 1985 in Zusammenarbeit mit dem NDR führte. Zur
selben Zeit wurde auch der richtungweisende Kontaktstudiengang Popularmusik
eingerichtet.
Seit dieser Zeit habe ich Hermann Rauhe so richtig kennen und
schätzen gelernt. Als unermüdlicher Kommunikator waren
seine Hauptanliegen immer die Verbindung von wissenschaftlicher
Forschung, künstlerischer und pädagogischer Praxis und
die Öffnung der Hochschule nach aussen. Besessen war er von
der Idee einer Interdisziplinarität, seine etwa 200 Artikel
sind eine Fundgrube des musikalischen und pädagogischen Zeitgeistes,
der auch in zahllosen Vorträgen zum Ausdruck kam. Die Hochschule
gewann durch seine Innovationen in Lehre und Forschung ein spezifisches
Profil mit der Einrichtung von neuen Studienangeboten: neben Jazz
und Popularmusik die hochschulübergreifenden Studiengänge
Schauspieltheater-und Musiktheater-Regie zusammen mit der Universität
Hamburg, Musiktherapie als dezentraler berufsbegleitender Diplom-Aufbaustudiengang,
Kultur-und Medienmanagement als erster deutscher Diplom-Studiengang
an einer künstlerischen Hochschule, die neue Fachrichtung Musik-und
Medientechnologie, Einrichtung des Studienschwerpunktes Elementare
Musikpädagogik, Gründung des Hasse-Instituts und und und…
Das alles natürlich ohne Verzicht auf die klassischen Kernbereiche.
Unter seiner „Herrschaft“ – er hat sich nie als
autoritärer Chef aufgespielt, sondern immer größten
Wert auf demokratische Entscheidungen gelegt – wurden neue
Bauten und Aus-stattungen vorangetrieben: das FORUM, ein professionell
ausgestattetes Theater mit modernster Technik, die Restaurierung
des prachtvollen historischen Mendelssohn-Saales, das AV-Medienzentrum,
und Rauhes Traumprojekt, die endliche Grundsteinlegung des neuen
Bibliotheksgebäudes im vorigen Jahr. Alle diese und viele andere
Projekte konnte „unser Kulturapostel“ in Zusammenarbeit
mit zahlreichen gesellschaftlichen und privaten Institutionen verwirklichen
(Drittmittel !).
„Was wird er machen der Bursch mit seine 74 Jahr“
(frei nach Ernst Jandl)? Er wird seine begonnenen kultur-und gesellschaftspolitischen
Initiativen konsequent fortsetzen. Schon hat er sein neues Büro
in der New Generation-Geschäftsstelle bezogen (eine Einrichtung,
die Menschen ab 50 rechtzeitig auf die dritte Lebensphase vorbereitet),
als Kurator wird er das New Living Home, ein völlig neuartiges
integriertes Kultur-, Wissenschafts-, Gesundheits-und Freizeitzentrum
betreuen, in der größten freien Bildungseinrichtung Deutschlands,
dem Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands CJD wird er tätig
sein und auch in den Club of Rome Schulen. All diesen Aktivitäten
liegt eine übereinstimmende Philosophie und humane Zielsetzung
zugrunde, sie ergänzen und befruchten sich gegenseitig. Als
Ehrenpräsident der Hamburger Hochschule wird sein Rat in dieser
Phase des Umbruchs weiterhin gefragt und willkommen sein. Vielleicht
bleibt auch Zeit für die Jazzforschung?
Hermann Rauhe möge auch genügend Zeit und Luft zum Atmen
finden, nicht zu vergessen regelmäßige „Teas for
Two“ mit seiner lieben Gattin Annemarie Dieter Glawischnig
Neue Gesichter bei Hamburgs Symphonikern
Bei den Hamburger Symphonikern vollzieht sich der Übergang
in eine neue Ära beispielhaft: der jetzige Intendant Peter
Dannenberg führt die Geschäfte noch bis Dezember diesen
Jahres, dann übergibt er die Intendanz an den bereits gewählten
und eingearbeiteten Daniel Kühnel. Noch unter Dannenbergs Regie
tritt mit Beginn der nächsten Saison auch ein neuer Chefdirigent
bei den augenblicklich „cheflosen“ Symphonikern an:
Andrey Boreyko, dem ein ausgezeichneter Ruf vorauseilt. Auf dem
Programm der Spielzeit 2004/2005 stehen neben Klassikern wie Brahms
und Chopin auch zeitgenössische Werke, unter anderem von Schnittke
und Rautavaara. Dannenberg selbst geht den Symphonikern nicht verloren:
Im Vorstand des Orchesters wird seine langjährige Erfahrung
sicher hochwillkommen sein. gr
Frankfurter Musikpreis für Udo Lindenberg
Der deutsche Rockmusiker Udo Lindenberg ist mit dem Frankfurter
Musikpreis 2004 ausgezeichnet worden. Damit wurde er für seine
Verdienste in Musik und Gesellschaft und sein Engagement für
die deutsch-deutsche Verständigung geehrt. Der Frankfurter
Musikpreis wird seit 1982 vergeben, abwechselnd in den Sparten klassische
und Pop-Musik. Er ist mit 15.000 Euro dotiert. Stifter sind der
Bundesverband der Deutschen Musikinstrumenten-Hersteller und die
Messe Frankfurt.
Achim Freyer 70
Der Maler, Bühnenbildner und Regisseur Achim Freyer feierte
am 30. März seinen 70. Geburtstag. Freyer, in Berlin geboren,
begann als Maler, wandte sich Ende der 50er immer stärker der
Bühne zu. Er arbeitete für Benno Besson und Adolf Dresen,
erschloss sich, besonders nach der Übersiedelung in den Westen
im Jahr 1972, immer mehr auch die Oper. Seine Stuttgarter Phil-Glass
Trilogie, sein dortiger „Freischütz“, seine Münchner
„Iphigenie auf Tauris“ von Gluck, seine raffiniert-kindhafte
Hamburger „Zauberflöte“ schrieben Operntheatergeschichte.
Freyers anti-illusionistische szenische Zeichensetzungen entwickelten
sich immer stärker zu einem signifikanten, persönlichen
Stil. Die enge Zusammenarbeit mit neuen Komponisten wie Schnebel,
Kagel oder Sciarrino führte Freyer immer häufiger mit
dem aktuellen Musiktheater zusammen. Dass er zu seinem 70. in Frankfurts
Oper Händels „Ariodante“ herausbrachte, demonstrierte
auch die Spannweite seiner künst-lerischen Ambitionen. Das
Theater des Achim Freyer darf schon seit langem das Vor-Wort „Welt“
führen. hd
Dennis Russell Davies 60
Der amerikanische Dirigent Dennis Russell Davies ist am 16. April
2004 sechzig Jahre alt geworden. Davies gilt seit der Gründung
des von ihm lange Jahre geleiteten Saint Paul Chamber Orchestra
als „Mann der Moderne“ Von 1987 bis 1994 wirkte er in
Bonn als Generalmusikdirektor. Seine fortschrittlichen Programmgestaltungen
erweckten nicht immer die Begeisterung der Musiker. Seine sieben
Jahre danach an der Stuttgarter Oper führten das Haus schon
vor Klaus Zehelein zu modernem Glanz. Opern von Henze oder Schwertsik
gelangen beispielhaft, er arbeitete auch mit Regisseuren wie Peter
Zadek für den „Figaro“ oder Achim Freyer für
den „Freischütz“ zusammen. Mozart dirigierte er
mit heller Spiritualität und feiner Kantabilität, dabei
an den unvergesslichen Hans Rosbaud in dessen Zeit als genuiner
Mozart-Dirigent bei den Festspielen in Aix-en-Provence erinnernd.
Der Dirigierstil von Davies wirkt in seiner Leichtigkeit, Transparenz
und Intellektualität, was Sinnlichkeit nicht ausschließt,
unverändert jung und belebend.hd