[an error occurred while processing this directive]
nmz-archiv
nmz 2004/05 | Seite 14
53. Jahrgang | Mai
Kulturpolitik
Das Schlimmste fürs Erste abgewendet
Zur Finanzierung der Auswärtigen Kulturpolitik ·
Von Olaf Zimmermann
Nicht mit einem Paukenschlag, sondern ganz langsam wurde am 3.
März dieses Jahres deutlich, dass die Finanzierung der Auswärtigen
Kulturpolitik in diesem Jahr akut bedroht war. Rhetorisch äußerst
geschickt teilte Bundesaußenminister Fischer in einer öffentlichen
Anhörung zur Konzeption 2000 der Auswärtigen Kulturpolitik
im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages
mit, dass schmerzhafte Einschnitte in den Etats der Mittlerorganisationen
erforderlich seien, die auch zu Schließungen vom Goethe-Instituten
führen können, um dann sogleich auf die Länder einzuschlagen,
die durch das Pochen auf ihre Kulturhoheit die Auswärtige Kulturpolitik
behindern würden.
Im ersten Moment erschien den auf der Bundesebene aktiven Kulturpolitikern
aus dem Parlament und den Verbänden diese Polemik sogar eingängig.
Wird einem doch der ewige Streit, ob der Bund Kultur überhaupt
fördern dürfe, sofort gegenwärtig. Nach dieser ersten
spontanen Zustimmung stellte sich aber Nachdenken ein. Denn die
Länder behindern im Kulturbereich sicherlich so manches, die
Abstimmungsprozesse sind alles andere als zügig und nachvollziehbar,
doch mit der Auswärtigen Kulturpolitik haben die Länder
in der Regel nichts, aber auch gar nichts zu tun. Sie hier als Sündenböcke
abzustempeln, mag rhetorisch ein kluger Schachzug sein, hat mit
der Realität aber wenig zutun.
Der Deutsche Kulturrat informierte noch am 3. März die Öffentlichkeit
über die Vorhaben des Auswärtigen Amtes. Tatsächlich
ist es nämlich so, dass die Auswärtige Kulturpolitik im
Etats des Auswärtigen Amtes seit Jahren überproportional
zur Kasse gebeten wird. So sank der Anteil am Etats des Auswärtigen
Amtes in den vergangenen Jahren von 32,8 auf 25 Prozent ab. Hieran
wird deutlich, dass offensichtlich andere Akzente innerhalb des
Auswärtigen Amtes gesetzt werden. In krassem Gegensatz zu den
sinkenden Etats stehen die wachsenden Aufgaben in der Auswärtigen
Kulturpolitik. Längst geht es schon nicht mehr nur darum Kultur
aus Deutschland im Ausland zu präsentieren. Auswärtige
Kulturpolitik wird vielmehr als Zweibahnstraße verstanden,
das heißt Kultur aus dem Ausland soll auch nach Deutschland
wirken. Nicht zuletzt seit den Ereignissen des 11. September 2001
soll Auswärtige Kulturpolitik darüber hinaus den Dialog
der Kulturen besorgen.
Diese Diskrepanz von Anspruch an die Auswärtige Kulturpolitik
und ihrer finanziellen Ausstattung war Gegenstand der Reden der
Oppositionspolitiker bei der Debatte zur Auswärtigen Kulturpolitik
am 12. März 2004 im Deutschen Bundestag. Beschworen wurde von
den Regierungsfraktionen und der Opposition der parteiübergreifende
Konsens zur Bedeutung der Auswärtigen Kulturpolitik, Konzepte
zur Sicherung der Finanzierung wurden nicht deutlich. Einzig die
Staatsministerin im Auswärtigen Amt Kerstin Müller deutete
einen Lichtblick an, in dem sie in Aussicht stellte, dass das Koch-Steinbrück-Papier
in diesem Jahr in der Auswärtigen Kulturpolitik keine Anwendung
finden sollte.
Mit dem Koch-Steinbrück-Papier war auch zugleich der Schuldige
ausgemacht. Die gemeinsamen Vorschläge des hessischen Ministerpräsidenten
Roland Koch und seines Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen Peer
Steinbrück führen unter den zu kürzenden Finanzhilfen
die Auswärtige Kulturpolitik an und geben einen Einsparbetrag
von 5.929 Millionen Euro vor. Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt,
wurde das Koch-Steinbrück-Papier in den nächtlichen Verhandlungen
im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat im Dezember
2003 angenommen und hat damit Gesetzeskraft erlangt. Die beiden
Ministerpräsidenten haben den Schlamassel angerichtet, Vertreter
der Regierungsfraktionen und der Opposition haben brav zugestimmt
und der Bundesaußenminister hat kein Veto eingelegt. Das Bundesfinanzministerium
hat die Kürzungsliste mit einem Rundschreiben Anfang dieses
Jahres bestätigt und das Außenministerium aufgefordert,
die entsprechenden Einsparungen zu erbringen. Dass solche wichtigen
Entscheidungen nicht im Deutschen Bundestag, sondern im Vermittlungsausschuss
unter Ausschluss der Öffentlichkeit gefällt werden, ist
der wirkliche Skandal.
Das Auswärtige Amt hat die Vorgaben des Vermittlungsausschusses
umgesetzt und wollte den ohnehin schon angeschlagenen Etats in der
Auswärtigen Kulturpolitik weiter schmälern. Dank des vereinten
Engagements der Mittlerorganisationen und des Deutschen Kulturrates
wurden die Kürzungsabsichten publik gemacht. Nicht zuletzt
die Bundestagsdebatte am 12. März 2004 trug dazu bei, das Auswärtige
Amt dazu zu bewegen, seine Kürzungen aus anderen Etatposten
als der Auswärtigen Kulturpolitik zu erbringen.
Dass aber auch die Mittlerorganisationen in der Bringschuld stehen,
wurde in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für
Kultur und Medien am 31. März 2004 deutlich. Die Wertschätzung,
die den Mittlerorganisationen wie Goethe-Institut, Alexander-von-Humboldt-Stiftung,
Deutscher Akademischer Austauschdienst und Institut für Auslandsbeziehungen
im Ausland entgegengebracht wird, entlässt sie nicht aus der
Pflicht, im Inland ihre Arbeit vermehrt zu präsentieren. In
deutlichen Worten haben die Abgeordneten des Deutschen Bundestags
die Mittler aufgefordert, ihre Leistungen in Deutschland besser
zu vermitteln und letztlich so die in der Konzeption 2000 zur Auswärtigen
Kulturpolitik formulierte Zweibahnstraße zu realisieren.
Vom Gelingen dieser Anforderung wird es auch abhängen, ob
die für das nächste Jahr im Koch-Steinbrück-Papier
vorgesehenen Kürzungen dann doch die Auswärtige Kulturpolitik
treffen werden oder ob es gelingt, die Auswärtige Kulturpolitik
als Investition und nicht als Subvention oder Finanzhilfen zu verbuchen
und damit aus den Kürzungsplänen des Koch-Steinbrück-Papiers
auszunehmen. Damit dieses gelingt, werden alle gefordert sein: die
Mittler, das Auswärtige Amt und nicht zuletzt die Abgeordneten
des Deutschen Bundestags. Nicht unerwähnt bleiben sollte, das
Kulturstaatsministerin Christina Weiss es im Gegensatz zu ihrem
mächtigen Amtskollegen Außenminister Joschka Fischer
geschafft hat, ihren Etat rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Kulturausgaben im Inland werden als Investitionen, nicht als Subventionen
behandelt, das ist der einzige wirkliche Lichtblick bei dieser unerfreulichen
Debatte.