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nmz-archiv
nmz 2004/05 | Seite 4
53. Jahrgang | Mai
Magazin
Verbände, Verlage und der Fachnachwuchs
Ein kritischer Gang über die Frankfurter Musikmesse –
auch aus pädagogischer Sicht
Trotz der 1.470 ausstellenden Unternehmen aus 50 Ländern machte
die Messe in diesem Jahr einen ruhigeren Eindruck. Um einen Publikumstag
gekürzt endete die Messe bereits am Samstag pünktlich
zum Osterferienbeginn in neun Bundesländern. Dies war nicht
nur verkehrstechnisch eine Verschärfung, so mancher Interessierte
wurde dadurch auch um seinen zeitlich einzig möglichen Besuchstag
gebracht.
Liest man in der Ankündigung, dass die Messe „sich stärker
auf Fachbesucher aus Handel und Herstellung, Musikberufen und -erziehung“
ausrichtet, dann ist der fehlende Sonntag für alle diejenigen,
die an den verbleibenden Tagen arbeiten müssen, ein echtes
Problem. Und schließlich bleibt auch angesichts der Neuausrichtung
die Frage unbeantwortet, warum Musikstudenten, also der Fachnachwuchs,
an Fachtagen und besonders am „Tag der musikalischen Bildung“
nicht oder nur nach endloser Diskussion zu Studentenpreisen Eintritt
erhalten.
Das Angebot der Messe war auch in diesem Jahr von großer
Fülle, sodass es auch bei mehrtägigem Besuch schwer fiel,
Prioritäten zu setzen: Verlage, Instrumentenhersteller, Zubehör,
Musiksoftware, Computerhardware, Preisverleihungen, Diskussionsforum,
Veranstaltungen auf Verlagsständen, Workshops, Konzerte und
die komplette Zusatzveranstaltung des Deutschen Musikrats mit dem
„Tag der musikalischen Bildung“ (siehe Seite 13) sowie
eine Reihe verschiedener anderer Aktionen. Das Internetangebot der
Messe bot dem Interessierten dieses Mal (besser als bisher, aber
noch steigerungsfähig) detaillierte und nützliche Informationen
für die Vorbereitung.
Die Klavierindustrie vergab den diesjährigen Preis „Klavierspieler
des Jahres“ an Sebastian Krumbiegel. Er hatte mit seiner Band,
den „Prinzen“ auf dem Kindermusikfest beim Bundespräsidenten
aktiv den Auftritt von Jugendlichen unterstützt, die ihre Texte
und Melodien selbst geschrieben und unter Mithilfe der Band harmonisiert
hatten. Der diesjährige Deutsche Instrumentenpreis des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit ging an das Cello Modell Stradivari
von Anton Stöhr, das Meistercello Modell Ruggeri von Heinrich
Gill und die Oboe Modell 211 von Ludwig Frank.
Inzwischen ist die Frankfurter Musikmesse mehr und mehr auch ein
Treffpunkt der Vereine, Verbände und der Ausbildungsinstitute.
Der Gemeinschaftstand mit dem Deutschen Musikrat, GEMA, „Let’s
Make Music“, der Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände,
der Gewerkschaft ver.di und anderer hat inzwischen seinen festen
Platz beim Messebesucher. Hier waren die aktuellsten Informationen
mitzunehmen, hier standen Ansprechpartner zur Verfügung. Der
Deutsche Musikrat informierte professionell über seine Aktivitäten
und Pläne. Die GEMA sensibilisierte mit gutem Infomaterial
für das Problem des Schwarzkopierens und informierte zu Urheberrecht
und zur Nutzung von Musikwerken. Da stellte sich die Frage, warum
wichtige einzelne Verbände wie der DTKV oder auch die Gruppierung
EPTA/ESTA/EFTA nicht physisch oder wenigstens mit Materialien auf
diesem Gemeinschaftsstand vertreten waren. Vielleicht ist ihnen
entgangen, dass Fachleute – schon in Lohn und Brot oder noch
in der Ausbildung – die Musikmesse wegen der konzentrierten
Verfügbarkeit von Informationen besuchen und selbstverständlich
als neue Mitglieder oder Multiplikatoren hochinteressant wären.
Bei den Ausbildungsinstituten bot der Stand der Musikhochschulen
detaillierte Informationen und sprach damit Schüler, aber auch
Studenten und Lehrer an, deren Schüler ein Musikhochschulstudium
anstreben und beraten sein wollen. Dieser Aspekt wird sicherlich
auch im Sinne der von den Hochschulen angestrebten Weiterbildungsangebote
in den nächsten Jahren immer mehr Interesse wecken.
Überraschend das Angebot zum Thema Musikschule, das mit immer
wieder neuen – meist schlechten – Ideen an kleinen,
in irgendeiner Halle verstreuten Ständen einen Käuferkreis
anspricht und im schlimmsten Fall auch findet. Letztlich geschädigt
werden die auszubildenden Kinder als die Leidtragenden schlechter
Unterrichtskonzepte. „Modern Music School“ als Franchising-Unternehmen
wird mit Werbezitaten wie „besonders für den Einzelhandel
zu empfehlen“, oder „mit hoher wirtschaftlicher Effizienz“
angepriesen und verkauft.
Hier kann der Fachmann nicht eindeutig genug davor warnen, Musikunterricht
als Ware zu verkaufen. Es gibt ja schließlich schon genügend
wirtschaftlich ausgerichtete Konzepte, besonders auch großer
Musikelektronik-Firmen, die häufig jeglichen sinnvollen pädagogischen
Ansatz vermissen lassen und durch Schulungen sowie durch exklusiv
zugängliches, obligatorisches Material zusätzliches Geld
verdienen.
Das letztes Jahr im großen Stil begonnene Aus- und Weiterbildungsprogramm
mit einem großen Workshopangebot wurde in diesem Jahr sichtbar
zurückgefahren. Allerdings waren – nach den akustischen
Störungen auf der letztjährigen Messe – in diesem
Jahr die Räume für Bläser endlich einmal akustisch
weit entfernt vom frühkindlichen Angebot. Präsentiert
wurde unter anderem das „neue Unterrichtsprogramm zum Pop-Gesang“
. Auch das Angebot zur Frühkindlichen Musikerziehung und zum
Klassenmusizieren mit Bläsern wurde aufrecht erhalten, wenn
auch der Besuch zum Teil etwas spärlich war. Ob Workshops bei
diesem großen Messeangebot überhaupt sinnvoll sind, bleibt
fraglich. Andererseits sind alle diese Konzepte genauestens zu untersuchen
und es ist zu prüfen, was man in der jeweiligen Unterrichtsform
damit bewirken kann.
Ruth-Iris Frey-Samlowski
Einen Überblick zu Neuheiten aus den Bereichen
Software, Instrumente, Bücher und Noten finden Sie in der
kommenden Ausgabe.