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nmz-archiv
nmz 2004/05 | Seite 7
53. Jahrgang | Mai
Magazin
Von der Rolle der Controller
Podiumsdiskussion: Musikverlag 2010 – 175 Jahre Musikverlegerverband
175 Jahre Jubiläum feiert der Deutsche Musikverlegerverband
in diesem Jahr. Grund genug, auf der Messebühne über Situation
und Zukunft, Probleme und Chancen der Verlage und ihres Verbandes
zu sprechen. Dagmar Sikorski, Verbandspräsidentin und Chefin
der Sikorski Musikverlage, Detlef Kessler vom AMA Verlag, Thomas
Tietze von Bärenreiter und Jens-Markus Wegener, Alster Musikverlag,
diskutierten mit Moderator Theo Geißler aktuelle Fragen der
Branche.
95 Prozent aller Musikverlage werden durch den Verband vertreten,
so Dagmar Sikorski, vom Ein-Mann-Betrieb bis zum Unternehmen mit
250 Mitarbeitern. Jens-Markus Wegener fühlt sich auch mit seinem
Pop-Musik-Verlag gut vertreten; von den langjährigen Erfahrungen
könnten gerade jüngere Verlage profitieren. Der Verband
stelle eine starke Lobby für die Verlage und damit für
die Urheber dar. Eine Herausforderung ist für die Verlage –
anders als für die Plattenindustrie, die sich erst seit wenigen
Jahren damit befassen muss – bereits seit vielen Jahren das
Thema des unerlaubten Kopierens. Noten zu kopieren, um damit dem
Kauf oder der Entleihung zu entgehen, schädigt die Verlage,
die sich vorwiegend dem Papiergeschäft widmen, außerordentlich.
Es konnte nicht ausbleiben, dass sich die Diskutanten auch der
gegenwärtig schwelenden Auseinandersetzung mit der Phono-Industrie
über die Höhe der Lizenzierung zuwandten. Nach wie vor
scheinen die Fronten hier verhärtet. Am bedrückendsten
sei es, so Thomas Tietze, dass die Plattenindustrie Fehler, die
sie selbst zu verantworten habe, auf diesem billigen Weg wettzumachen
versuche. Auch die neu geschaffene Download-Plattform Phonoline
könne nicht als Retter für die vorhersehbare Krise herhalten.
„Gespräche mit der Plattenindustrie finden zurzeit nicht
statt. Diskussionen im inhaltlichen und wirtschaftlichen Bereich
sind zum Erliegen gekommen,“ ärgert sich Tietze. Die
label-eigenen Verlage, die Mitglieder des DMV sind, haben eine ganz
eigene Stellung, werden aber, wie Dagmar Sikorski bestätigt,
vom Verband nun gegenüber ihren Muttergesellschaften unterstützt.
„Diese Verlage sind auch nicht glücklich, weil sie selbst
von der jetzigen Situation überrascht worden sind.“
Im Gegensatz zu den „Großen“ nutzt der Alster
Musikverlag die Vorteile des kleinen Verlags: „Wir kümmern
uns intensiver um unsere Autoren“, so Wegener. Er produziert
keinen Riesen-Katalog wie die Majors, entwickelt aber frühzeitig
Strategien für neue Ertragsfelder wie zum Beispiel Werbemusik.
Auch AMA hat mit einer Nische angefangen und die ersten Noten mit
CD auf den Markt gebracht. Heute allerdings ist AMA zum Full-Service-Verlag
geworden. Die „Nase“ des Verlegers spielt noch heute
eine große Rolle, wenn es um die Entwicklung neuer Produkte
geht, aber, so Detlef Kessler, der Verlag lebt auch von seinen hochspezialisierten
Mitarbeitern.
Vielfältige Veränderungen haben der Verband und seine
Mitglieder in den vergangenen Jahre erfahren. Das Verlagsgeschäft
ist stark verrechtlicht worden, die Controller spielen – in
schweren Zeiten – eine wichtige Rolle. Aber „Controller
sind nicht da, um Projekte zu verhindern, sondern um sie zu ermöglichen“,
versichert Tietze. Und Dagmar Sikorski erlebt den Verlegerberuf
nach wie vor positiv: „Wir haben doch den schönsten Beruf
der Welt.“