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nmz-archiv
nmz 2004/05 | Seite 43
53. Jahrgang | Mai
Noten
Vom Zirkus, vom Zoo und vom Teilen eines Apfels
Zwei Blockflötenschulen bieten Material für den frühen
Anfang am Instrument
Hildegard Reuter: Hör auf meinen ersten Flötenton,
IKS Garamond Jena, ISBN 3-934601-43-X
Hildegard
Reuter bekennt sich in ihren einführenden Worten zu „Hör
auf meinen ersten Flötenton“ zum Umfeld von Kinderchören
in Kirchengemeinden und der Musikalischen Früherziehung in
Kindergärten – und damit zur ausschließlichen Verwendung
von Flöten in deutscher Griffweise. Als Zielgruppe sind vier-
bis sechsjährige Kinder im Gruppenunterricht genannt.
Einen deutlichen Schwerpunkt setzt diese Schule mit rhythmischen
Übungen: gesprochene Verse (übersetzt mit der Anblassilbe
„dü“ in den Flötenkopf) leiten den Lehrgang
ein, ausdrücklich soll zum rhythmischen Sprechen oder Flöten
der Grundschlag mit dem Fuß getreten werden.
Noch bevor die ersten Lieder angeboten werden, wird ein Apfel (bildlich)
in acht Teile zerlegt – und den entsprechenden Notenwerte
von der Ganzen bis zur Achtelnote gegenübergestellt. Immerhin
wird daneben auch eine Rhythmussprache angeboten mit taja für
die Halben, ta für die Viertel und titi für die Achtelnoten.
Selbst wenn vorausgesetzt wird, dass ein Elternteil das häusliche
Üben anleitet, fällt es schwer sich vorzustellen, dass
Kinder vor dem Schulalter genügend analytische Interessen und
Fertigkeiten für so einen vertieften Umgang mit dem abstrakten
Symbolsystem musikalischer Notierung aufbringen werden.
Bevor es dann mit dem Spielen endlich losgeht, folgen Übungen
zum Notenlesen. Den Anfang der Flötentöne gestaltet Hildegard
Reuter dann mit dem e‘ (und danach g‘), laut Vorwort
um „von vornherein Haltungsschwierigkeiten weitgehend zu vermeiden“.
Zugegeben, die rechte Hand hat mit dieser Vorgehensweise ihren Platz
fest zugewiesen bekommen.
Ob aber die genannte Zielgruppe der Vier- bis Sechsjährigen
geschickt und feinfühlig genug sein wird, um sechs Löcher
zuverlässig zu decken und den Blasstrom genügend zu kontrollieren
sei in Frage gestellt. Lehrkräfte, die sich von diesem Einstieg
nicht schrecken lassen, bekommen eine reichhaltige Sammlung von
meist textierten Liedern und Spielstücken in die Hand, mit
denen systematisch der Tonraum zwischen c‘ und d“ erschlossen
wird.
Rainer Butz/Hans Magolt: Flötenzirkus. Die Blockflötenschule
für Kinder ab fünf Jahre, Schott ED 9491, ISMN M-001-13253-4
Auch Rainer Butz und Hans Magolt wollen mit ihrem „Flötenzirkus“
kleine Anfängerinnen und Anfänger ansprechen: das Einstiegsalter
ist mit „ab fünf Jahren“ angegeben. Der methodische
Weg führt hier von grundsätzlichen Informationen über
das Instrument Blockflöte zum sachgemäßen Umgang
damit und einigen Tipps zur Haltung. Es folgen die altbekannten
Bilder zum Blasen wie die Pusteblume oder die Kerzenflamme. Interessanter
wird es bei den Anregungen zur „dü“-Sprache: mit
gehäuften d-Wörtern wie in „Drollige dusslige Damen
da drinnen.“ wird die Artikulation vorbereitet, gleichzeitig
sollen über dies Art Verse verschiedene Taktarten anklingen.
Zuerst werden Viertel und Halbe eingeführt, für diese
Notenwerte sind eine Reihe von Versen mit Text und Notensymbolen
notiert, die auf dem Flötenkopf artikuliert werden können.
Auch die ersten Töne a‘ und etwas später h‘
folgen Textrhythmen ohne dass schon innerhalb der kleinen Stücke
Tonwechsel stattfinden. Die Mini-Stücke sind thematisch gebunden
an Zirkus, Zoo oder Märchen und so pfiffig, dass sie einen
oft schmunzeln lassen.
Zahlreiche Lieder für den Tonraum g‘, a‘ und
h‘ ermöglichen leicht spielbares Material, meist ist
eine wohlklingende zweite Stimme notiert, die von Lehrerin oder
Elternteilen mitgespielt werden kann. Kritische Fingerbewegungen
wie der Wechsel von h‘ zu c‘ oder später e‘
zu f‘ werden erfreulich lange umgangen. Neben den neu geschaffenen
Stückchen fehlen auch nicht die „Klassiker“ wie
„Summ summ, summ“ oder „Kommt und lasst uns tanzen,
springen“. Im langsamen und systematischen Fortschreiten innerhalb
der Lieder und Spielstücke liegt eine große Stärke
dieser Schule. Verzichtbar wäre ein großer Teil der theoretischen
Ausführungen. Versierte Lehrkräfte wissen auch selber
zu erklären, dass das Notensystem aus fünf Linien besteht,
wo sich Kopf und Hals der verschiedenen Noten befinden. Soll die
Schule wirklich auf Vor- oder Grundschulkinder zielen, wäre
es wichtiger, die Schwerpunktverhältnisse im Takt hör-
und erlebbar zu machen, als sie auf einer theoretischen Ebene abzuhandeln,
für die den Kindern noch keine angemessenen Verarbeitungsstrategien
zur Verfügung stehen. Diese Einwände sollen allerdings
nicht den grundsätzlichen Aufbau der Schule in Frage stellen.
Das eigentliche Material der Spielstücke ist durchdacht gestaltet
und sehr praktikabel.