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Ausgabe 2004/05
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nmz 2004/05 | Seite 28
53. Jahrgang | Mai
Verband deutscher Musikschulen

Musikalische Bildung als kulturelle Grundversorgung

Expertenanhörung der Enquete-Kommission mit dem VdM-Vorsitzenden Dr. Gerd Eicker

Am 8. März 2004 veranstaltete die vom Deutschen Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ eine Expertenanhörung, zu der auch der Vorsitzende des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), Dr. Gerd Eicker, eingeladen war. Aufgabe der Enquete-Kommission unter dem Vorsitz von Gitta Connemann (CDU/CSU) ist es, innerhalb von zwei Jahren eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Situation von Kunst und Kultur in Deutschland zu leisten und politische Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der ordnungs- und förderpolitischen Rahmenbedingungen zu erarbeiten. Die musisch-kulturelle/ästhetische Bildung ist einer der Schwerpunkte ihrer Arbeit. Für den Bereich der musikalischen Bildung hatte der Vorsitzende des VdM im Vorfeld der Anhörung eine schriftliche Stellungnahme zu dem Fragenkatalog der Enquete-Kommission verfasst, die in Auszügen hier abgedruckt ist. Die vollständige Stellungnahme finden Sie im Internet unter www.musikschulen. de („aktuell“).

Stellungnahme von Dr. Gerd Eicker

Was heißt „kulturelle Grundversorgung“? Wie lässt sich diese beschreiben, regeln unter anderem auch im Verhältnis freiwilliger Leistungen/Pflichtaufgaben?

„Kulturelle Grundversorgung“ lässt sich als Zugang zu Kulturgütern beschreiben, die nicht einer Finanzelite vorbehalten bleiben dürfen. Dabei ist es Aufgabe des Staates und der Kommunen, die kulturellen Grundlagen zu sichern und für die „kulturelle Grundversorgung“ eine Garantiefunktion zu übernehmen.

Gerade im kulturellen Bildungsbereich, also dem Musikschul-, Bibliotheks- und Volkshochschulwesen, darf der Staat die Aufgaben nicht alleine den Kommunen oder gar der Privatwirtschaft überlassen. Auch der Deutsche Städtetag hat hierzu in seinen 1999 verabschiedeten „Leitlinien zur Sicherung und Weiterentwicklung der öffentlichen Musikschulen“ festgehalten, dass „Musikschulen, wie das Bildungssystem insgesamt, eine öffentliche Aufgabe“ sind. Denn die „kulturelle Grundversorgung“ beinhaltet einen Qualitätsanspruch, der durch staatliches Handeln zu sichern und zu garantieren ist.
Die Reduktion auf im rein wirtschaftlichen Sinne „rentable“ Angebote durch private Anbieter würde diesen Auftrag konterkarieren. Der „kulturellen Grundversorgung“ ist also
gerade im Bereich der kulturellen Bildung – durch die ja erst der Zugang zur Nutzung weiterer Kulturgüter und Kulturangebote ermöglicht wird – unbedingt der Status einer Pflichtaufgabe zu verleihen. Denn der derzeitige Status der Freiwilligkeit hat zu einer Gefährdung des Bestandes der öffentlichen Musikschulen geführt. (…)

Welche Relevanz hat oder sollte kulturelle Bildung für die Kompetenz von Entscheidungsträgern haben (auch unter dem Aspekt Sprachkultur)?

Kulturelle Bildung sollte bei Entscheidungsträgern einen hohen Stellenwert erhalten und bei der Bewertung ihrer Kompetenz wesentlich berücksichtigt werden. Denn kulturelle Bildung hat insbesondere hinsichtlich der musikalischen Bildung weit reichende positive Konsequenzen – auch hinsichtlich der Entwicklung von so genannten „Schlüsselkompetenzen“ wie eigenständige und kreative Problemlösungen, soziales Verhalten, Flexibilität, Toleranz und Konfliktfähigkeit, die für die Mitgestaltung der Gesellschaft und den beruflichen Erfolg wichtig sind.

Folgende „Sekundärtugenden“ sind hier zu nennen:

  • Musikerziehung wirkt als Gegenpol zur kognitiven Bildungsdominanz unserer Gesellschaft durch Ausbildung unterschiedlichster Bereiche im gesamten Gehirn (siehe GEO 11/2003,
    S. 68).
  • Aktives Musizieren hat Auswirkungen auf das Lernverhalten insgesamt: Es stärkt die Konzentration, das Durchhaltevermögen, die Reaktions- und Auffassungsgabe – auch im nicht-musikalischen Bereich. Es unterstützt ebenfalls die Koordinations- und Abstraktionsfähigkeit.
  • Musikerziehung fördert gleichermaßen den Intellekt wie das „Gemüt“ und damit die Persönlichkeitsbildung.
  • Musikerziehung verbessert die Merkfähigkeit, Willensgestaltung und Vorstellungskraft. Sie fördert die Kreativität und steigert die Erlebnis- und Ausdrucksfähigkeit.
  • Musik ist logisch und stärkt damit das logische Denken.
  • Musizieren fördert die Verständigung zwischen Kulturen im In- und Ausland.
  • Musikerziehung fördert Schlüsselqualifikationen wie Kommunikationsfähigkeit, Selbstvertrauen, Wertvorstellungen, geistige Reife und schöpferische Kräfte. (…)

Musisch-kulturelle, historische und zeitgeschichtliche Kinder- und Jugendbildung/Erwachsenenbildung:

• Welche Formen der Kooperation zwischen schulischen und außerschulischen Anbietern einschließlich akademischer Einrichtungen gibt es, welche wären wünschenswert?

Hierbei möchten wir an erster Stelle den Bereich der Kooperation zwischen allgemein bildender Schule und Musikschule nennen, die von großer Bedeutung für die deutschlandweit zu errichtenden Ganztagsschulen ist. Hierzu hat der Verband deutscher Musikschulen (VdM) aktuell eine Arbeitshilfe mit Materialsammlung herausgegeben, die neben bereits bestehenden gesetzlichen Regelungen der Kooperationen auch Hilfestellungen bei der Planung einer solchen Kooperation bietet, wichtige Bestandteile einer Rahmenvereinbarung nennt und mit einer Sammlung geeigneter Angebote der Musikschulen für die Kooperation mit allgemein bildenden Schulen aufwartet. (…)

• Welche neuen Möglichkeiten ergeben sich aus den Angeboten der Ganztagsbetreuung/Ganztagsschulen?

Für die öffentlichen Musikschulen bieten die Ganztagsschulen eine Chance, auch Kinder und Jugendliche musikalisch zu fördern, die aufgrund ihres sozialen oder familiären Hintergrundes keinen Zugang dazu hätten. Die Kooperation der allgemein bildenden Schulen mit den öffentlichen Musikschulen setzt jedoch voraus, dass es sich hierbei nicht nur um eine Form der Ganztagsbetreuung handelt, sondern um ein gleichwertiges und kontinuierliches kulturelles Angebot. Denn nur in diesem Fall wird den Kindern und Jugendlichen zum Beispiel in Form des so genannten „Klassenmusizierens“ die Möglichkeit gegeben, musikalische Fähigkeiten zu entwickeln und zu verstärken (zu denen der reguläre Vormittags-Musikunterricht zumeist nicht in der Lage ist und der zudem unter einer hohen Ausfall-Quote zu leiden hat). Zusätzlich wird dabei in hohem Maße das Zusammengehörigkeitsgefühl in der Klasse gefördert.

• Wie lässt sich die Nachfragesituation verbessern und wie müssen Breiten- und Begabtenförderung sowie die Impulse aus der „Subkultur“ dabei vernetzt werden?

Für den Bereich der musikalischen Erziehung durch die öffentlichen Musikschulen stellt sich nicht die Frage, wie die Nachfragesituation, sondern vielmehr wie die Angebotssituation verbessert werden kann. Über die letzten Jahre und Jahrzehnte hin wurden an den öffentlichen Musikschulen zunehmend mehr Schüler im aktiven Musizieren unterrichtet. Jedoch bestehen aufgrund fehlender öffentlicher Mittel an vielen Musikschulen inzwischen Wartelisten, die gut 90.000 Schüler registrieren. Denn trotz der Eigenbeteiligung in Form der Unterrichtsgebühren ist eine Förderung des Unterrichtes durch Landes- und kommunale Mittel erforderlich, um nicht-elitäre musikalische Bildung möglichst vieler Kinder und Jugendlicher zu ermöglichen. (…)

Zum Verhältnis von Breitenförderung und Begabtenförderung: Worauf ist das Hauptaugenmerk zu richten? Welche Modelle sind zu empfehlen? Schließen Breitenförderung und Begabtenförderung sich gegenseitig aus?

Hier ist das Pyramidenmodell hervorzuheben, das sehr positiv einzuschätzen ist. Denn es besagt, dass Breiten- und Begabtenförderung einander bedingen.

Im Bereich der Musikschulen findet in hohem Maße Breitenförderung statt, da möglichst vielen Kindern und Jugendlichen der Zugang zu musikalischer Bildung mit all ihren Vorzügen ermöglicht werden soll. Nur daraus kann wiederum die Begabtenförderung entstehen, die seitens der öffentlichen Musikschulen bis hin zum Musikstudium gezielt unterstützt wird – und dies auch weitestgehend unabhängig von den familiären finanziellen Voraussetzungen, da Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien Ermäßigungen bei den Unterrichtsgebühren erhalten. Alle Kinder, die eine Musikschule besuchen, haben damit die Möglichkeit, ihre musikalische Begabung zu entwickeln. (…) Eine ausschließliche „Spitzenförderung“ findet hier jedoch nicht statt, da die öffentlichen Musikschulen den Anspruch erheben, bedeutender Teil des deutschen Bildungssystems zu sein. (…) Begabtenförderung findet an den öffentlichen Musikschulen etwa im Rahmen der Angebote der so genannten „Studienvorbereitenden Ausbildung“ statt. An rund 400 öffentlichen Musikschulen werden Musikschüler dabei intensiv auf ein Studium an einer Musikhochschule vorbereitet.

Aber auch die Teilnehmerzahlen bei „Jugend musiziert“ sprechen für die Förderung besonders begabter Musikschüler an den öffentlichen Musikschulen. Laut Statistik der Bundesgeschäftsstelle „Jugend musiziert“ waren im Jahr 2003 70 Prozent der Teilnehmer/-innen auf Regionalebene und 56 Prozent der Teilnehmer/-innen auf Bundesebene Schüler/-innen von öffentlichen Musikschulen. Alleine diese Zahlen zeigen, welch hohe Qualitätsmaßstäbe an den öffentlichen Musikschulen gelten. (…)

 

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