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VdM
nmz-archiv
nmz 2004/06 | Seite 28
53. Jahrgang | Juni
Verband deutscher Musikschulen
Ein Manager ohne Aktenkoffer
Werner Mayer verlässt nach über 30 Jahren den Verband
Bayerischer Sing- und Musikschulen
Seine Aktentasche scheint nicht viel jünger zu sein als er
selbst. Handarbeit, ziemlich abgeschabt; kein Koffer, sondern die
„klassische Form“. Ohne Zahlenschlösser natürlich
– wozu auch? Der Typ des Managers ist Werner Mayer nicht,
auch wenn er über 30 Jahre den Verband Bayerischer Sing- und
Musikschulen höchst erfolgreich gesteuert hat, auch wenn er
als Präsidiumsmitglied des Bayerischen Musikrates, Vorstandsmitglied
des Verbandes deutscher Musikschulen, der Aktionsgemeinschaft Musik
in Bayern, der Bundesakademie Trossingen und Inhaber mancher anderer
Ämter fast schon ein klassischer Multi-Funktionär ist.
Werner Mayer
Doch Werner Mayer passt in kein Klischee. Im Hauptberuf Musikschulleiter
in Weilheim, zugleich Geschäftsführer des Bayerischen
Verbandes und als solcher Leiter einer Beratungsstelle, die den
Musikschulen ebenso wie den Kommunen zur Verfügung steht. Unermüdlich
hat er dargelegt und dafür gekämpft, dass eine qualitätsvolle
Musikschularbeit abgesicherter Strukturen bedarf und nicht zum Nulltarif
zu haben ist. Ohne seine Arbeit hätte es weder die bayrische
Musikschulverordnung noch den darin verankerten Namensschutz für
den Begriff „Musikschule“ gegeben.
Im Verband deutscher Musikschulen war Werner Mayer über viele
Jahre der unumstrittene Spezialist in arbeitsrechtlichen Fragen.
Auch, als er dem Bundesvorstand nicht mehr angehörte, blieb
er unser wichtigster Mann, wenn auf diesem Feld Gespräche –
etwa mit der VKA – zu führen waren. Und wenn unsere Gesprächspartner
einem Mann, dessen Erscheinungsbild vielleicht an einen Künstler
wie Wilhelm Backhaus mit einer kleinen Prise Karl Valentin denken
lässt, auf den ersten Blick wohl kaum Beschlagenheit in hochspeziellen
juristischen Fragen zugetraut haben, so mussten sie schnell erkennen,
dass er die Zusammenhänge oft am Klarsten durchschaute und
argumentativ nicht abzuschütteln war.
Werner Mayer ist ein kritischer Geist. Mehr als einmal hat er angerufen
und ein Papier, das auf seinem Schreibtisch gelandet war, unumwunden
als „Mist“ bezeichnet. Und er hat auch mal „quer
geschossen“, wenn er überzeugt war, dass Dinge ganz in
die falsche Richtung laufen. Aber seine Kritik hatte immer eine
unverkennbare Wurzel: die Liebe zur Musikschule und eine große
Zuneigung zum VdM, dessen Bedeutung für die Entstehung und
Fortentwicklung der Musikschulidee er ganz und gar verinnerlicht
hat.
An seiner Solidarität hat er nie einen Zweifel gelassen.
Kam es im VdM gelegentlich zu einer schwierigen Situation, womöglich
zu einer Lage, die den Zusammenhalt dieses für die Musikschulen
unentbehrlichen Vereins hätte gefährden können, trat
Werner Mayer ans Rednerpult. Wenn er, ohne die Stimme zu erheben,
in klarer und wohlgesetzter Rede strukturelle Fragen aufblätterte,
politische Konsequenzen beschrieb, dann wussten die Mitglieder:
da redet keiner, um eigene Schäfchen ins Trockene zu bringen
und vertrauten mit großen Mehrheiten seinem Rat.
Werner Mayer hat den bayrischen Landesverband des VdM mitbegründet
und über mehr als drei Jahrzehnte geprägt. Als Geschäftsführer
diente er, wie man so sagt, einer ganzen Reihe von Vorsitzenden.
Aber die Wahrheit ist eine andere: ER hat den Bayerischen Verband
regiert, wenn auch auf eine so sanfte und zurückhaltende Art,
dass man es fast übersehen konnte und verbandspsychologische
Verwerfungen ausgeschlossen waren.
Musikschulleiter, Geschäftsführer, Berater, Manager
ohne Koffer, Musiker (trotz aller Geschäfte immer „am
Bass“), Musikpädagoge mit großer Zuneigung zum
elementaren, ursprünglichen Musizieren und nicht geringer Abneigung
gegen alles Elitäre und Allzu-Frühe. Die Bedeutung von
„Jugend Musiziert“ hat er selbstverständlich anerkannt,
aber doch persönlich Abstand gehalten.
In seiner Aktentasche klafft seit einiger Zeit ein ziemlich großes
Loch. Ob er jetzt schon in Pension geht, weil er keine Lust hat,
eine neue zu kaufen? Nein, das wird wohl nicht der Grund sein.
Niemand ist unersetzbar, sagt man. Für unsere Bayerischen
Kollegen hoffe ich sehr, dass Werner Mayer wenigstens in diesem
Punkt einmal keine Ausnahme sein wird.