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nmz-archiv
nmz 2004/09 | Seite 34
53. Jahrgang | September
Bayerischer Kulturrat
Im Dienste der Gesellschaft Wissen vermitteln
Zum gegenwärtigen Bildungsauftrag der Museen
In der gegenwärtigen politischen Bildungsdiskussion müssen
auch die Museen mit ihren bedeutenden kulturellen und historischen,
technikgeschichtlichen und naturkundlichen Sammlungen Position beziehen.
Bildung im Museum wird überwiegend von hauptamtlichen und
freien Kuratoren für Bildung und Vermittlung sowie von Teilzeit
und ehrenamtlich tätigen Museumspädagogen konzipiert und
durchgeführt. Diese Fachleute vertritt der Bundesverband Museumspädagogik
e.V., der seit nunmehr zwölf Jahren mit fast 700 Mitgliedern
in sieben Landesarbeitskreisen besteht.
Museen stehen zunächst einmal im Dienste der Gesellschaft und
erbringen Leistungen für die Gesellschaft und ihre Entwicklung.
Sie bewahren die materiellen Aspekte unseres historischen Erbes
in allen Facetten von Natur, Technik, Geschichte, Kunst und Kultur
und bieten mit ihren Sammlungen unverwechselbarer Originale und
mit ihren Ausstellungen eigenständige Bildungsangebote. Sie
ermöglichen allen Bevölkerungsgruppen einen Zugang zu
ihren Sammlungsbeständen und mit diesen eine intensive, ebenso
kognitive wie sinnliche Auseinandersetzung. Museen bergen ein hohes
Potenzial für individuelles, gezieltes aber auch informelles
Lernen und für kreatives, innovatives und sozial verantwortliches
Handeln.
Jüngste Untersuchungen wie PISA verdeutlichen darüber
hinaus, dass in Deutschland im Bildungsbereich Handlungsbedarf besteht.
Vor dem Hintergrund der komplexer werdenden Lebenswelt mit Schlüsselkompetenzen
wie Teamfähigkeit und Toleranz, gesellschaftliches Engagement,
Kommunikationsfähigkeit und Kreativität kommt heute innerhalb
der vier klassischen Säulen der Museumsarbeit, „dem Sammeln,
Bewahren, Forschen und Vermitteln“, der Bildungs- und Vermittlungsaufgabe
der Museen eine erweiterte und stärkere Bedeutung zu.
Die unmittelbare Begegnung mit originalen Zeugnissen im Museum schafft
Orientierungsgrundlagen und Maßstäbe der Bewahrung von
Erbe und Tradition, aber auch der Auseinandersetzung mit Gegenwart
und Zukunft. Museen vermitteln ästhetische Werte, eröffnen
den Zugang zu vergangenen Epochen und zu fremden Kulturen, schärfen
den Blick auf unsere Welt und Umwelt und regen zu sinnvoller Freizeitgestaltung
an. Damit sind Museen Orte lebenslangen Lernens für Jung und
Alt, die hier allgemeines, aber auch spezielles Wissen erwerben
können. Dieser Bildungsprozess wirkt nachhaltig, weil im Museum
Erfahrungen gesammelt werden, die ganzheitlich eingebunden, selbst
nachvollziehbar, sinnlich erlebbar und somit als Lernprozess stärker
motiviert sind – umso mehr als Museen auch Orte des Erlebens,
der Freizeit und der interkulturellen Begegnung sind.
Besucherorientierung muss im Museum ein wesentliches Leitmotiv
sein. Sie erstreckt sich auf Ausstellungskonzeption, architektonische
Gestaltung, Bildungs- und Vermittlungsangebote sowie Rahmenbedingungen,
zum Beispiel besucherfreundliche Öffnungszeiten, aufmerksames
und entgegenkommendes Personal oder leicht verständliche und
lesbare Objekt- und Informationstexte und Publikationen. Aus diesen
Gründen müssen Fachkräfte aus den Bereichen Museumspädagogik,
Bildung und Kommunikation von Anfang an in die jeweiligen musealen
Arbeitsfelder und Ausstellungsprojekte einbezogen werden.
Der Bildungsauftrag der Museen richtet sich an alle Bevölkerungsgruppen.
Jeder Interessierte soll seinen ganz individuellen Zugang sowie
vertiefende Informationsangebote zu den Exponaten aus Geschichte
und Gegenwart finden können. Zielgruppen spezifisch anzusprechen
sind zum Beispiel Kinder, Jugendliche, Familien, Minoritäten,
Besucher mit Behinderungen, Senioren, ausländische Mitbürger,
Schulklassen, Einzel- und Gruppenbesucher. Vermittlung im Museum
bezieht sich im Kern auf partizipatorische Elemente, das heißt
sie knüpft an den individuellen Erfahrungshorizont der Besucher
an, schafft ein Forum für Begegnung und Kommunikation und ermöglicht
damit ein gemeinschaftlich ausgerichtetes Lernen.
Thematisch und inhaltlich basieren die Aktivitäten auf den
originalen Sammlungsbeständen der jeweiligen Museen. Die Methoden
müssen den Zielgruppen entsprechen, sie müssen verständlich
und anschaulich sowie handlungsorientiert und interaktiv sein. Zunehmend
werden sie durch den Einsatz von Medien aller Art unterstützt.
Wissenschaftliche Seriosität und konservatorische Ansprüche
der anvertrauten Kulturgüter dürfen dabei nicht gefährdet
werden.