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nmz-archiv
nmz 2004/09 | Seite 34
53. Jahrgang | September
DTKV Bayern
Ein Jubilar voller Energie
Dirk Hewig zum 65. Geburtstag
In aller Regel erfreuen sich Ministerien nicht allzu großer
Beliebtheit, weil man mit ihnen meist Bürokratie, Vorschriften
Einengungen und Entscheidungen „vom hohen Ross herab“
verbindet. Wenn der Landesverband Bayerischer Tonkünstler und
der Verband Münchner Tonkünstler in der nmz heute einem
Ministerialbeamten zum 65. Geburtstag gratuliert, sind diese Assoziationen
meilenweit entfernt: Es ist Dr. Dirk Hewig, der ein Jahr nach Beendigung
seiner Beamten-Dienstzeit diesen Ehrentag begeht, der ja im allgemeinen
mehr Rückschau als Ausblick umfasst. Die Tonkünstler haben
allen Grund, diesen Tag in großer Dankbarkeit mit ihm zu feiern.
Der Jubilar. Foto: Meiken,
München
Von 1982 bis 2003, also 21 Jahre lang, hat Ministerialrat Hewig
das Musikreferat im Kultusministerium (nach der Teilung im Ministerium
für Wissenschaft, Forschung und Kunst) betreut, geleitet, gestärkt
und optimiert. Als Nachfolger von Dr. Erich Stümmer konnte
er auf gut gepflügtem Boden säen und ernten. Verlief unsere
erste persönliche Be-gegnung am 12. Juli 1982 noch recht distanziert,
so wuchs sehr schnell das Vertrauen in eine Persönlichkeit,
die sich nicht nur rasch in die Gegebenheiten fand, sondern auch
schon sehr bald eine heilsame und fruchtbare Dynamik entwickelte.
Wird in Ministerien vielfach das Reagieren als oberstes Prinzip
gepflegt, so zeigte sich der neue Musikreferent als ein gestaltungsfreudiger
Jurist, der die Juristerei nicht als Verhinderungsinstrument (wie
andernorts häufig), sondern als Mittel für eine möglichst
positive sachliche Regelung ansieht.
Jura hatte der Norddeutsche (in NRW geboren, in Nordhorn/Niedersachsen
aufgewachsen), der sich als „Zuagroaster“ so großartige
Verdienste um Bayern erwarb, in Freiburg, Münster und München
studiert, aber schon als Student seine Liebe zu den schönen
Künsten entdeckt (Studien in Germanistik, Geschichte und Philosophie).
Der Literatur gilt bis heute seine Leidenschaft, und in der Musik
entwickelte er Fachkenntnisse, die weit über das Erfordernis
seines Amtes hinausgingen und ihm überall bei den Musikern
hohen Respekt verschafften. Sicher ist daran seine Frau als ausgezeichnete
Pianistin und Pädagogin nicht ganz unschuldig, aber zu einem
hohen Anteil erwarb Hewig diese Fähigkeiten durch den Besuch
ungezählter Konzerte und Festivals, die ihn nur selten am Abend
zu Hause sein ließen. Mit dem Ende der Bürostunden war
also der Dienst nicht beendet, er setzte sich bis in die Nachtstunden
fort. Auf diese Weise gelangte Dirk Hewig zu einem Wissen über
das Musikleben in Bayern, wie es kaum ein anderer aufzuweisen hat.
Fleiß ist aber nicht die einzige Eigenschaft, die den Jubilar
auszeichnet – es sind gestalterische Phantasie, Einsicht in
die Zusammenhänge, Durchsetzungskraft und Diplomatie, die für
seine Amtszeit charakteristisch sind. So hat sich in zwei Jahrzehnten
eine Persönlichkeit entfaltet, die in maßgeblicher Weise
das Musikleben in Bayern geprägt hat.
Ausschlaggebend hierfür sind nicht allein die Maßnahmen
und Fakten, die er zu verantworten hatte, sondern dazu die menschlich
so sympathischen Gaben, in gespannter Aufmerksamkeit zuzuhören,
in freundlicher Bestimmtheit seine Absichten kund zu tun, sorgfältig
auslotend die Möglichkeiten abzuwägen und abschließend
wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen.
Tatsächlich hat Dr. Hewig in seinem Amt relativ viel Macht
konzentriert, aber niemals hat er sie missbraucht oder Besuchern
gegenüber ausgespielt. Auch bei Meinungsverschiedenheiten galt
fair play als oberste Maxime, so dass das prinzipielle Wohlwollen
und sein Eingehen auf Eigenheiten zu seinen selbstverständlichen
Markenzeichen wurden. Er half, wo er helfen konnte und respektierte
künstlerische Individualitäten und Leistungen von Freund
und Feind. Das heißt Feinde hatte er eigentlich keine, wenn
man von ganz wenigen Einzelfällen absieht, die seine Amtsführung
nicht gerade erleichterten, aber auch nicht beeinflussen konnten.
Vor der Übernahme des Musikreferats sammelte Hewig erste Erfahrungen
im Theater- und Hochschulbereich des Ministeriums, die später
für sein Wirken fruchtbar werden sollten. Auch im Bayerischen
Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung
war er tätig, vielleicht resultiert aus diesen Aufgaben die
Tatsache, dass er die Sammlung „Hochschulrecht in Bayern“
des Hochschulforschungsinstituts bearbeitet – eine hochbedeutsame
Aufgabe.
Das Gebiet der Musikausbildung im professionellen Bereich beschäftigte
ihn in den ganzen zwei Jahrzehnten seiner Referatsleitung: Standen
zu Anfang die Errichtung der Berufsfachschulen für Musik (einer
Idee von Dr. Stümmer) in Bad Königshofen, Krumbach, Sulzbach-Rosenberg
und Dinkelsbühl im Vordergrund, so folgten Aufbau und Betreuung
der neuen Bayerischen Musikakademie in Marktoberdorf. Gerade hier
vertiefte sich die Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Musikrat,
die als Musterbeispiel einer erfolgreichen Partnerschaft zwischen
Regierung und Verbandswesen gepriesen werden darf. Informationen
und Anregungen flogen hin und her, wobei betont werden muss, dass
keineswegs nur der Musikrat der anregende Teil gewesen ist: Die
erfolgreiche Bayerische Singakademie des Musikrats beispielsweise
ging ausdrücklich auf Dr. Hewig zurück. Vielschichtige
Strömungen und Tendenzen, Struktur-Überlegungen und der
Umgang mit Künstler-Mentalitäten kennzeichnen Hewigs permanente
Zuständigkeit für die Hochschulen und Konservatorien des
Landes. In einer Zeit, in der auf diesem Felde besonders viele Wandlungen
und Umbrüche zu verzeichnen waren, musste manches Problem bewältigt
werden, oftmals im Spannungsfeld zwischen Fachüberlegungen,
Interessengegensätzen, Personalegoismen und Politik-Vorgaben.
Es spricht für die diplomatische Ader von Dirk Hewig, dass
er alle Projekte auf einen guten bis erfolgversprechenden Weg gebracht
hat und dass in absehbarer Zeit die zentrale Frage der Strukturebenen
zugunsten des Hochschulniveaus gelöst werden kann. Wer Dr.
Hewig im Landtag erlebt hat, konnte sich immer von seinen ruhig,
sachlich, höflich und präzise vorgebrachten Sachkenntnissen
überzeugen – kein Wunder, dass die Abgeordneten in den
Ausschüssen auch dadurch der Musik sehr positiv gegenüberstanden.
Von der Kette der „amtlichen“ Verdienste Hewigs muss
noch viel aufgezählt werden, so spielt etwa für die Qualität
der Musikpädagogik die nur in Bayern existierende (!) Musikschulverordnung
von 1984 eine ausschlaggebende Rolle, und auch der zweite Bayerische
Musikplan der Bayerischen Staatsregierung von 1989 bedeutet eine
gewaltige Verbesserung gegenüber dem ersten, zumal er die Vorstellungen
des Bayerischen Musikrats nachhaltig einbezog. Schon früh begann
Hewig auch, Jazz und Popularmusik in die Ausbildung und staatliche
Förderung einzubeziehen, wofür ihm 2003 der „Bayerische
Jazzpreis“ verliehen wurde. Der große Wurf der Bayerischen
Theaterakademie, das Lieblingsprojekt von August Everding, wurde
von Hewig realisiert, ebenso das Orff-Zentrum in München und
das neue Richard-Strauss-Institut in Garmisch-Partenkirchen. Das
Musikreferat am Salvatorplatz war aber auch Anlaufstelle und Koordinationszentrale
für Veranstaltungsreihen anläßlich der Gedenktage
großer Komponisten wie Strauss, Orff, Egk und Rheinberger
und für das „Europäische Jahr der Musik“ 1985.
Die schlichte Bezeichnung „zuständig für die allgemeine
Musikförderung“ stellt in Wahrheit ein kompliziertes
Geflecht zur Aufrechterhaltung, Belebung und Qualität des Musiklebens
in Bayern dar. So gehörten etwa die Wettbewerbe „Jugend
musiziert“ und das Landesjugendorchester ebenso dazu wie die
zeitgenössische Musik (ein besonders wichtiges Fördergebiet!)
mit den Tonkünstler-Konzerten und die Existenzsicherung der
nichtstaatlichen Orchester in Bayern. Die zahlreichen kleineren
und privaten Initiativen für Konzertreihen, Editionen, Festivals
im Lande müssen begutachtet werden und stets ist der Finanztopf
zu wenig gefüllt, um alles Erstrebenswerte auch wirksam fördern
zu können. Da bekommt auch der wohlwollendste Referent Kummer
und muss betrübt den Rotstift ansetzen.
Mit dem Sommer 2003 ging für die Musik in Bayern eine Ära
zu Ende, in der das Referat für Musik im Wissenschaftsministerium
kräftige und überaus wirksame Akzente gesetzt hat. Mit
dem Ende dieser Tätigkeit hat Dr. Dirk Hewig zugleich das Fundament
gelegt für seinen Unruhestand: Er konnte (Gott sei Dank!) den
Bitten um die Übernahme von Ehrenämtern nicht widerstehen
und ist Präsident bei der Deutschen Mozart-Gesellschaft und
stellvertretender Vorsitzender der Neuen Bachgesellschaft, dazu
seit kurzem auch stellvertretender Vorsitzender des Bayerischen
Volksbildungsverbandes.
Für den Landesverband Bayerischer Tonkünstler eröffnete
die Übernahme des Vorsitzes durch Dirk Hewig neue Perspektiven,
die sich ergaben durch seine ungebrochene Aktivität in Verbindung
mit der exzellenten Kenntnis der Behörden-Interna und der verschlungenen
Wege der Wirkungsmechanismen. Schon in der kurzen Zeit können
schöne Erfolge des neuen Vorsitzenden verbucht werden: Vor
allem die Stärkung der Position von Privatmusiklehrern hat
er sich auf die Fahnen geschrieben und bereits mehrfach die Gleichstellung
gegenüber öffentlich geförderten Musikschulen erreicht
(Kernzeiten-Unterricht in Kindergärten, Angleichung an Musikschulverordnung,
Planung eines Zertifikats).
Unser Tonkünstlerverband preist sich glücklich, dass
Dr. Hewig (der schon seit vielen Jahren Ehrenmitglied des Münchner
Verbandes ist) den Landesverband leitet und schon so viel Energie
und Kraft investiert hat und weiterhin investieren wird. Wir sind
dankbar für sein Wirken im Ministerium und für seine Arbeit
bei uns. Wir wünschen ihm eine erfüllte, zufriedenstellende
und erfolgreiche Zeit bei bester Gesundheit, nicht nur für
das nächste Lustrum - ad multos annos!