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Ausgabe 2004/09
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nmz 2004/09 | Seite 37
53. Jahrgang | September
Rezensionen

Hymnen in apathischer Rockmanier

Neuerscheinungen im Rock- und Popbereich kurz vorgestellt

Zwischen Montagsdemonstrationen, Olympiakommerz und Rohölpreistreiberei bleibt zum Herbsteinläuten genug Zeit, die milchigen Momente mit Musik zu anästhesieren oder je nach Steuerklasse zu glorifizieren.

Empfohlen sei für trübe Zeiten, die Harm getunkte Tonkunst der kalifornischen Indieband „Idaho“ mit dem Titel „Vieux carré“. Die Bürde der Welt scheinen sie mit ihren defätistischen Melodien zu tragen. Markant: die knarrend, versagende Stimme in Beerdigungs-Atmo von Jeff Martin. Selbst Akustik-Folk Kompositionen retten das emotionale Desaster kaum. Große Musik. Hektisch und entglitten gehen es die Liverpooler „Clinic“ an. Ihr Album „Winchester Cathedral“ dröhnt wie ein Blick en passant durch die Brille eines Kurzsichtigen. Rahmen verschieben sich, in Sekunden wird aus Pop Techno-Folk. Schräge Töne überlagern falsche Gesänge, treffen aber kunstgerecht das klinische Timbre. Ein Shangri-La mutierter Popmusik. Dem originellen Nachspielen haben sich „Hayseed Dixie“ aus den Appalachen gewidmet. Auch beim dritten Album „Let there be Rockgrass“ pflügen die Landpomeranzen im Blues-grass-Stil durch Klassiker á la AC/CD, Queen oder Aerosmith. Das Live-Klima scheint zwar aus dem Hühnerstall importiert, dafür eiert das Banjo authentisch. Ein Schenkelklopfer. John Frusciante (Red Hot Chili Peppers) veröffentlicht derweil sein drittes Soloalbum 2004. Als „Ataxia“ offeriert er mit „Automatic Writing“ fünf Hymnen in apathischer Rockmanier, von sechs bis zwölf Minuten Länge. Wieder im Vier-Spur-Demostil mit autistischen Zügen, psychedelischen Effekten und apokalyptischer Stimmung. Rockmusik im Nukleus der Ursuppe. Lebensfreudiger ist die Platte des Duos „Saint Privat“. Situiert zwischen Prosecco-Ambiente und Raffaelo-Charme reicht „Saint Privat“ leicht verjazzte Swingkost mit einer Spur Elektronik für den Casino-Ausflug im Cabrio. Mit einnehmender Stimme schmeichelt die Peruanerin Susana Baca um die Gunst des Hörers in ihrer „The Best of Susana Baca“Sammlung. Lateinamerikanische Standardrhythmen und Bossa Nova im hypochondrischen Gewand bestätigen die Ausnahmekünstlerin einmal mehr. Hinreißend. „One Take“ nennt sich eine Jazz-Kompilation mit „einfachem“ Konzept. Vier Weltklassemusiker (unter anderem Joey DeFranceso) wurden von Alma Records ins Studio geladen und durften loslegen. Das Festgehaltene wurde mit dem ersten Versuch auf CD gepresst. Imposant dürfte als Umschreibung nur am Rande zutreffen. Die Schweizer Hardrocker „Gotthard“ betreuen seit mehr als 15 Jahren die aussterbende Spezies des Hardrock Marke „Ende der 80er“. Klischees ohne Ende, aber emphatisch und ostentativ vertreten.

Die „Best of“-Auslese „One Team One Spirit“ (inklusive vier neuer Songs) zeigt die beeindruckende Spannkraft ihrer Karriere in einem Genre, das nach wie vor abseits des Medienfokus funktioniert. Bekenner-Hardrock. Der Österreicher „Marque“ drangsalierte einst die Charts mit Seichtpop. Mit neuem Image beschreitet er auf „Transparent“ andere Wege und versucht im Erwachsenen-Pop zu landen. Das gelingt mittelprächtig. Manchmal stockt das Aufbegehren und schlingernde Songstrukturen laufen auf bekannte Riffs des Radiomilieus. „Shifty“ nennt sich der Ex-Frontmann von „Crazytown“ (Hit: Butterfly). Mit arglosem Rap im Radiokorsett möchte er uns einlullen, nach drei Songs wird das phrasenhafte Seicht-Gerappe allerdings lethargisch und stumpf. Eher verhallender als unendlicher Sommer.

Labender Songwriterrock erwartet uns freundlicherweise von der Siegerband des John Lennon Talent Awards 2003 „Schrottfisch“. Die „Rio Reiser Songpreis“-Träger norden sich mit der EP „Um übermorgen“ ein: musikalisch britisches Profil, textlich staunenswerte Geschichten mit Verstand und Märchen-Option. Prima einheimische Band. Industrie, aufwachen bitte! Hinter „No snakes in Heaven“ verbirgt sich Micha Voigt aus Franken und akustischer Folk, den sie kapriziös konturiert. Mal assistiert ihr eine Hammond, zuweilen die Slide Gitarre und nicht selten treiben Streicher die Songs in majestätische Gesetztheit. Drahtiger, massen-unkompatibler Folk. Little Steven ist ein Freund der „The High Dials“. Auf „A New Devotion“ präsentieren die Kanadier in der Tradition von „The Clash“ oder „Echo & The Bunnymen“, spielen mit den 60ern, punken poppig oder finden Lust am gefahrlosen Retro-Pop. Der Bretone Christophe „Miossec“ kann sich in Frankreich seit Jahren auf seinen Ruf als Songwriter verlassen. „1964“ unterbreitet Songwriter-Chansons mit Griffigkeit, nicht ausgeleiert wie das bei Gainsbourg vereinzelt der Fall war. Nahezu unvergänglicher Pop mit Streichern, Rockgitarren und Zigaretten. Über den Status der schwedischen Artrock Heroen „The Flower Kings“ muss man nicht diskutieren. Mit „Adam & Eve“ untermauern sie ihre Kunst, bis zu 18-minütige Kompositionen konsequent zu durchdenken ohne klischeehaft zu wirken. Die Meister des Progrock. Die Münchner „Die falschen Freunde“ mussten nach Wien um Pop zu definieren. Abgrenzung ist ihr Ding trotzdem nicht. Konkret legen sie sich nicht fest, poussieren mal mit Urge Overkill, dann Selig oder Nirvana, auch den Sternen oder Blumfeld oder Screeming Trees. Vierkant interessant, weil direkt aus dem Subversiven kommend und kaum berechenbar. Generationsmedizin.

Sven Ferchow

Diskografie

Idaho: Vieux Carré (Kalinkaland Records)
Clinic: Winchester Cathedral (Domino/Rough Trade)
Hayseed Dixie: Let there be Rockgrass (Cooking Vinyl)
Ataxia feat. John Frusciante: Automatic Writing (Record Collection)
Saint Privat: Riviera (Soulfood)
Susana Baca: The Best of Susana Baca (V2)
V. A.: One Take (Alma Records)
Gotthard: One Team One Spirit (BMG)
Marque: Transparent (Marquarium)
Shifty: Happy Love Stick (Warner)
Schrottfisch: Um übermorgen (Edition Büro 2000/Universal Music Publishing)
No Snakes in Heaven: Fire Blue (Redwinetunes)
The High Dials: A new Devotion (Rainbow Quartz)
Miossec: 1964 (PIAS)
The Flower Kings: Adam & Eve (Inside out)
Die falschen Freunde: Alles ist Pop (Supermusic)

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