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nmz-archiv
nmz 2004/10 | Seite 14
53. Jahrgang | Oktober
Kulturpolitik
Hoffentlich Allianz geschlossen
25. Bundeschulmusikwoche des Verbandes Deutscher Schulmusiker
in Hannover
Der Musikunterricht steht mit dem Rücken zur Wand: Von den
Schülern nicht geliebt, obwohl Musik hören nach wie vor
zur wichtigsten Freizeitbeschäftigung Jugendlicher gehört,
ständig durch ministerielle Sparmaßnahmen an der kurzen
Leine gehalten, in Kindergarten und Grundschule vom Aussterben bedroht
und im neuesten OECD-Bericht nicht einmal erwähnt.
Vor diesem Hintergrund hatte die 25. Bundesschulmusikwoche, die
Anfang September an der Hochschule für Musik und Darstellende
Kunst in Hannover stattfand, besondere Signalwirkung. Kulturpolitisch
von Bedeutung waren zwei Allianzen, die der Verband deutscher Schulmusiker
(VDS) mit der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) und dem Verband
deutscher Musikschulen (VdM) schloss.
Am wichtigsten sicher die Verleihung der Leo Kestenberg-Medaille
für besondere Verdienste um die Musikerziehung, die dieses
Jahr nicht an eine Persönlichkeit, sondern erstmals an einen
Verband ging, den Verband deutscher Musikschulen. Ob die Preisverleihung
ein Signal mit Wirkung sein wird, oder nur ein Feigenblatt, wird
sich noch zeigen. Im Programm der Schulmusikwoche fand das Thema
Musikschule (bis auf eine Ausnahme) nicht statt, und das obwohl
länderspezifische Ganztagsschulmodelle eine Mitwirkung der
Musikschulen einplanen. Die Bundesschulmusikwoche verpasste hier
die Chance der Begegnung von Lehrern aus allgemein bildenden Schulen
und kommunalen Musikschulen. Auch berufsständische Fragen wie
Einkommensstruktur und Ausbildung können weder mit der Kestenberg-Medaille
noch mit dem Hinweis auf einen ersten niedersächsischen BA-Studiengang
Bachelor of Arts beantwortet werden.
Weniger konfliktbehaftet – aber auch ohne jeden Niederschlag
im Programm der Weiterbildungstage des vds – war die neue
Allianz zwischen VDS und der DOV und dem Arbeitskreis für Schulmusik
(AfS). Am Abend vor dem Kongress startete eine bundesweite Plakat-
und Flyeraktion der Initiative Netzwerk Schulen & Orchester.
Ziel der Aktion ist eine stärkere Vernetzung von allgemein
bildenden Schulen und professionellen Orchestern sowie Rundfunkensembles.
Das vielfältige Kongressprogramm war auch in diesem Jahr für
den Schulpraktiker ein wichtiger Steinbruch voller Ideen zur Unterrichtsgestaltung.
Dass es sich wie ein Wettbewerb um die Gunst der Schüler las,
ist Ausdruck der Tatsache, dass fast jeder Musikunterricht heute
versucht, die Schüler in ihrer Lebens- und Lernsituation abzuholen.
So wichtig Klassenmusizieren, handelndes Erleben von Musik und die
Behandlung von Pop und U-Musik im Unterricht sind, Musiktheorie
und Musikgeschichte scheinen heute als Unterrichtsgegenstand ad
acta gelegt zu sein. Auch das Thema Musik als Versetzungsfach kam
nicht vor. Das wird bei der Bundesschulmusikwoche 2006 sicher anders
sein. Denn diese wird in Würzburg unter der Mitwirkung des
Verbandes bayerischer Schulmusiker (vbs) stattfinden, und das Engagement
des vbs in dieser Sache ist nach wie vor groß (siehe auch
Seite 54).
Auch wenn Fragen offen blieben: Mit über 1.000 Anmeldungen
ist und bleibt der Kongress das wichtigste Weiterbildungsforum der
Schulmusik außerhalb ministerieller und universitärer
Angebote.