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nmz-archiv
nmz 2004/10 | Seite 4
53. Jahrgang | Oktober
Magazin
Von Verknüpfungspunkten und Reibungsflächen
Gemeinsame Geschichte: Deutscher Musikverlegerverband und Gesamtverband
Deutscher Musikfachgeschäfte
Seit ihrer gemeinsamen Gründung als „Verein der Musikverleger
gegen musikalischen Nachdruck“ im Jahre 1829 ist die Geschichte
von DMV (Deutscher Musikverleger Verband) und GDM (Gesamtverband
deutscher Musikfachgeschäfte) eng miteinander verwoben. Heute
hat der Fachverband Musikalien innerhalb des GDM die engsten Verknüpfungspunkte,
aber auch Reibungsflächen mit den Verlegern.
Dies liegt sicherlich daran, dass gerade die Notenhändler
den engsten Kontakt zum Hersteller ihres Produktes haben. Wenn der
Disput um die Rabatte wieder einmal die Kontrahenten aneinandergeraten
lässt, denkt niemand daran zurück, dass Verleger und Händler
einmal nicht nur einen gemeinsamen Verband gründeten, sondern
meist auch beide Berufe zugleich ausübten. Zu Gründungszeiten
der beiden Verbände, also im Jahre 1829 war es durchaus gebräuchlich,
dass der Musikalienhändler zugleich Verleger war beziehungsweise
umgekehrt. Im Laufe der Zeit haben sich die beiden Berufe auseinander
entwickelt und so wurden auch zwei Verbände nötig, um
die Interessen der beiden Berufsgruppen wahrnehmen zu können.
Die gemeinsame Geschäftsstelle und Geschäftsführung
in Bonn ist ein Zeichen der 175-jährigen Tradition, ist aber
nur dadurch möglich, dass beide Verbände, abgesehen von
den wechselwirkenden wirtschaftlichen Interessen, gemeinsame Ziele,
Interessen und Aufgaben haben.
Im Jahre 1829 wurde der „Verein der Musikverleger gegen
musikalischen Nachdruck“ gegründet. Schon der Name des
Vorfahren der Musikverbände ist Programm. Auch heute kämpfen
Verleger und Händler gemeinsam gegen den illegalen Nachdruck,
also das Kopieren von Noten. Durch Kopieren wird nicht nur das Weiterbestehen
der beiden Berufsstände gefährdet, sondern dadurch auch
die Vielfalt der gedruckten Musik eingeschränkt. Eine Gefährdung
der beiden Berufe würde für den Musiker und Musikinteressierten
bedeuten, dass nur noch Bestseller und verkaufs- und auflagenstarke
Noten und Werke verlegt, gedruckt und verkauft werden können.
Die interessanten, aber unbekannten Werke ebensolcher Komponisten
würden genauso verloren gehen wie die Möglichkeit Noten
in verschiedenen Ausgaben zu vergleichen. Wenn man ganz „schwarz
malen“ wollte, so könnte man von einem Zukunftsszenario
ausgehen, das nur noch Notengeschäfte in Großstädten
aufzeigt, in denen man Noten für Klavier, Violine und Blockflöten
kaufen kann. Literatur für die „exotischeren“ Instrumente
wären dann nur noch als Spezialanfertigung zu horrenden Preisen
möglich. Im Laufe der Jubiläumsaktion zum 175-jährigen
Verbandsjubiläum, soll anhand eines Flyers dem Kunden nahegebracht
werden, welch weitreichende negative Folgen das Fotokopieren für
Musik und Musikwirtschaft hat und welchen ideellen, aber auch finanziellen
Wert gedruckte Noten haben.
Schon seit der Gründungszeit der Verbände setzt man
sich für Nachschlagewerke, Bibliographien und eine vollständige
Bibliothek sämtlicher gedruckter Notenausgaben ein. Der erste
Verbandssekretär Friedrich Hofmeister pflegte in seiner Firma
das „Bureau d’Enregistrement“ – ein Verzeichnis,
in das die Verleger, die von ihnen veröffentlichten Werke einzutragen
hatten. Noch heute ist der „Hofmeister“ als Mutter der
Bibliographien ein Begriff. 1904 forderte Oskar von Hase, damaliger
Verbandssekretär die Gründung einer „Reichsmusik-Bibliothek“.
Daraus entstand 1912 die Deutsche Bücherei in Leipzig und als
Nachfolgeorganisation 1970 das Musikarchiv der Deutschen Bibliothek.
Die Verleger sind – inzwischen per Gesetz – dazu verpflichtet
ein Belegexemplar ihrer Neupublikationen dort einzustellen. Ein
Nachfolger des „Hofmeister“ ist die IDNV (Internationale
Datenbank für Noten und Verlagsartikel). Seit einigen Jahren
arbeiten GDM und DMV an einer möglichst kompletten und einheitlichen
Bibliographie der Noten, die auch elektronischen Datenaustausch
zur Datenaktualisierung und zum Bestellen unterstützen soll.
So ist eine einheitliche und eindeutige Kommunikationsmöglichkeit
für die Mitglieder beider Verbände am Entstehen. Denn
Eindeutigkeit ist seit jeher eines der größten Probleme
der Branche. Da es von einem Werk – völlig anders als
im Buchhandel – nicht nur verschiedenste Herausgeber- und
Verlagsausgaben gibt, sondern auch unterschiedliche Bearbeitungen
für verschiedene Besetzungen und Instrumente, die bei jedem
Verlag verschieden bezeichnet und abgekürzt werden, ist die
Kommunikation, aber auch die Bibliographie per Computer recht aufwändig.
Um dem Abhilfe zu verschaffen, hat man beschlossen gemeinsam mit
der Firma DE Parcon eine Datenbank zu erstellen, an der möglichst
weltweit alle Verlage teilnehmen sollen. Geplant ist auch eine Version
für den interessierten Endverbraucher, der so eine hervorragende
Bibliographie zur privaten Recherche auf CD-ROM erhalten soll.
Die Frankfurter Musikmesse geht ebenfalls auf Bestrebungen beider
Verbände ein Ausstellungspodium zu gründen zurück.
Ihre Vorgängerin entstand im Jahre 1953 in Düsseldorf.
Beide Verbände sind im Messebeirat vertreten und setzen sich
da gemeinschaftlich für die Interessen der an Musiknoten interessierten
Besucher ein, ob das nun Fachhandel oder Endverbraucher sind.
Überhaupt ist der Endkunde das stärkste Bindeglied der
beiden Verbände. Denn Verleger wie auch Händler haben
die gleiche Zielgruppe, die somit auch gemeinsames Handeln erfordert.
So sind beide Verbände im Deutschen Musikrat und den Landesmusikverbänden
vertreten. Denn die aktive Förderung und Verbreitung des Musizierens
sind beiden Verbänden Ziel und Aufgabe.
Auch das Preisbindungsgesetz, das im Oktober 2002 in Kraft getreten
ist, wurde von den Verbänden tatkräftig unterstützt.
Es war vor allem wichtig, die Preisbindung nicht nur für Bücher,
sondern auch für Noten zu sichern. Denn, würde die Preisbindung
für Noten fallen, so könnten sich auch nur die Bestseller
auf dem Markt halten und die schlechteren „Lagerdreher“
würden der mangelnden Wirtschaftlichkeit zum Opfer fallen.
Weil sich aber DMV und GDM den Schutz dieses Kulturgutes zur Aufgabe
gemacht haben, war die Sicherung der Preisbindung ein weiterer Meilenstein
in der gemeinsamen Verbandsgeschichte.
Doch nicht nur Einigkeit zeichnet die beiden Verbände aus.
Dass es in den Jahren 1899 und 1949 – nach der erneuten Gründung
eines Verbandes nach dem 2. Weltkrieg im Jahre 1945 – zu einer
Spaltung in zwei Verbände kam, hatte wirtschaftliche Gründe.
Die Auskömmlichkeit beider Berufsgruppen musste gesichert werden,
da die wirtschaftlichen Interessen wechselseitig funktionieren.
Um nun die Interessen ihrer eigenen „Zunft“ zu schützen
haben sich die Verbände gespalten, und haben, zur Regelung
der Probleme untereinander getrennte Sprecher gewählt.
Doch trotz der Spaltung in zwei verschiedene Verbände arbeiten
die Musikverbände eng zusammen und zeigen so ein geeinigtes
Bild mit gemeinsamen Zielen und Interessen.
Daniela Zimmer
Vorsitzende des FV Musikalien im GDM