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nmz-archiv
nmz 2004/10 | Seite 24
53. Jahrgang | Oktober
Musikvermittlung
Die sinnliche Erfahrung von Klang am Instrument
15 Jahre Klingendes Museum Hamburg – eine (viel)stimmige
Geburtstagsfeier
Zweifellos: das war kein Pflichtbesuch, den Kultursenatorin Karin
von Welck zur Geburtstagsfeier des Klingenden Museums Hamburg absolvierte.
Nicht nur, dass ihr Grußwort von echtem Engagement zeugte,
sie nahm sich auch mehr als zwei Stunden Zeit für die vielstimmigen
Aktivitäten, zu denen die Hamburger Jugendmusikschule ihr Haus
weit geöffnet hatte. Ein ermutigendes Zeichen, so darf man
wohl hoffen, für die Bedeutung, die der Nachwuchsarbeit im
Rahmen der Hamburger Kulturpolitik in den kommenden Jahren zukommen
soll.
Blasen…
Stichwort Jugendmusikschule: So gastfreundlich sich das Haus und
ihr Direktor Wolfhagen Sobirey auch zeigte, lieber hätte man
den Festtag wohl doch in eigenen Räumlichkeiten begangen, doch
diese – im Keller der Hamburger Musikhalle gelegen –
wären dem Publikumsinteresse wohl kaum gerecht geworden. Folglich
durchzog die vage Hoffnung auf eine attraktivere Heimstatt die offiziellen
Reden wie ein gedachter Grundton, auf den vieles sich bezog. Womit
wir bei der Frage wären, was dieses Klingende Museum denn nun
eigentlich ist. Nun – die „Ei-des-Kolumbus-Idee“
(Welck) besteht schlicht darin, Kinder mit Instrumenten in Berührung
zu bringen, zum einen als eine für sich schon wertvolle Erfahrung,
zum anderen als möglicher Anreiz zum eigenen Erlernen. Nicht
um die repräsentative Zurschaustellung von Prachtexemplaren
in Vitrinen geht es also, sondern um ein angeleitetes Ausprobieren,
um eine erste Kontaktaufnahme, um die „sinnliche Erfahrung
von Klang am Instrument“, wie Gerd Albrecht es formuliert.
Musik als Grundversorgung
Er war als damaliger Generalmusikdirektor Initiator des Klingenden
Museums und ist bis heute die (auch finanziell) treibende Kraft
hinter der als Trägerin fungierenden Hamburger Jugendmusikstiftung.
Nach vielen Startschwierigkeiten (eine „Zangengeburt mit Kaiserschnitt“,
so Albrecht) hat sich das Museum als fester Bestandteil der musikalischen
Grundversorgung der Stadt fest etabliert. Etwa 5.000 Kinder pro
Schuljahr kommen in den Genuss einer 90-minütigen Führung.
Die Schulklasse wird in zwei Gruppen eingeteilt, für die Saiten-
und Schlaginstrumente ist eine erste, für die Blech- und Holzblasinstrumente
eine zweite Fachkraft zuständig, die der Gruppe nach einer
Erklärphase ein angeleitetes Ausprobieren ermöglicht.
…klampfen…
Bettina Fellinger, als Geschäftsführerin der Jugendmusikstiftung
Kopf des „Ein-Frau-Betriebs“, legt Wert auf die pädagogische
Eignung und Qualifikation ihres Stammes von freien Mitarbeitern,
der sich in der Regel aus Studierenden der Hamburger Musikhochschule
und des Konservatoriums rekrutiert. „Das funktioniert wie
von selbst. Hört jemand auf, wird gleich ein geeigneter Ersatz
vorgeschlagen.“ Auch in den Schulen sorgt einfache Mundpropaganda
für volle Auslastung bei den Klassenführungen. Bei Familiennachmittagen,
die vereinzelt angeboten werden, sind die Erwachsenen von den Kindern
getrennt. Bettina Fellinger dazu: „Die sollen schließlich
auch etwas davon haben und in Ruhe probieren dürfen.“
Ein Klingendes Mobil in Berlin
Der Erfolg des Hamburger Modells zieht mittlerweile Kreise. Mit
großem Medienecho (Albrecht: „wir haben gelernt, dass
man auch mal auf die Pauke hauen muss“) wurde vor zwei Jahren
in Berlin das Klingende Mobil auf die Reise geschickt, ein vorerst
ohne festen Wohnsitz auskommendes rollendes Pendant zum Hamburger
Vorbild. Katharina Albrecht, Tochter des Dirigenten, setzt auf eine
flexible Präsenz vor Ort, bietet ihr Programm auch für
jüngere Zielgruppen an und kann ihren Bus, eine Art Doppeldecker-Cabrio,
bei gutem Wetter zur Open-Air-Bühne für Festivals und
Veranstaltungen umfunktionieren.
…trommeln, hier mit
Ferdinand Försch vom Hamburger „Klanghaus“.
Fotos: Koch
Beim Hamburger Geburtstagsfest klappte das mit „Classic four
Sax“ jedenfalls vorzüglich und auch das sonstige Programm
hatte es, neben den selbstverständlichen Möglichkeiten
zum instrumentalen Experimentieren, in sich: Ferdinand Försch
animierte die jungen Besucher zum Mitspiel an seinen einfallsreichen,
nicht nur optisch attraktiven Klangerzeugern, das neu gegründete
Hamburger Kindermuseum „Kl!ck“ bot Instrumente zum Selberbasteln
an und – darüber freute sich Bettina Fellinger ganz besonders
– Arun Dev Gauri, einer ihrer Mitarbeiter, hatte für
die Eröffnung eigens eine clownesque Szene für zwei interagierende
Instrumentalensembles komponiert. Ein wenig neben den Intentionen
des Jubilars lag einzig das überwiegend mit Musik aus der Konserve
und Holzeisenbahnen etwas dürftig bestückte Programm des
NDR für Kinder ab drei, dafür bezauberte zum Abschluss
das „ensemble mubuntu“ sein Publikum mit einem überwiegend
nonverbalen, szenisch wie musikalisch ebenso außergewöhnlichen
wie qualitätvollen Konzert für Junge und Junggebliebene
umso mehr. Hierfür wie für das Klingende Museum gilt:
Nachahmung erwünscht!