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nmz-archiv
nmz 2004/10 | Seite 15
53. Jahrgang | Oktober
Musikwirtschaft
Kulturelle Kompetenz für Führungskräfte
Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft ruft ein Stipendienprogramm
ins Leben
Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im Bundesverband der
Deutschen Industrie e.V. (rund 400 Mitglieder aus für Kunst
und Kultur engagierten Unternehmen) hat weit über 1.000 junge
Künstler in den 50 Jahren seines Bestehens unterstützt.
Manche dieser Künstler sind heute bekannte Koryphäen wie
Sabine Meyer oder Bernd Alois Zimmermann. Mit Karin Heyl (Geschäftsführerin)
und Heike Wilms (Referentin für Musik) sprach Kathrin Hauser-Schmolck.
Karin Heyl (li.) und Heike
Wilms, Geschäftsführerin und Referentin für
Musik des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft im Bundesverband
der Deutschen Industrie e.V. Foto: Susanne Kramm
nmz: Seit 1. Mai sind Sie Geschäftsführerin des
Kulturkeises. Was reizt Sie an dieser Position? Karin Heyl: Ich komme aus einem Unternehmen, der Dresdner
Bank. Dort habe ich gelernt, wie wichtig das Thema Kultur ist. Diese
Erfahrung möchte ich auf einen breiteren Kontext und auch in
eine kulturpolitische Dimension übertragen.
nmz: Gegründet wurde der Kulturkreis aus dem Bewusstsein,
dass es nach dem Krieg nicht nur eines wirtschaftlichen Wiederaufbaus
bedurfte, sondern auch einer geistigen und kulturellen Regeneration.
Wie ist denn das Selbstverständnis heute? Heyl: Die Notwendigkeit geistiger und kultureller Regeneration
ist ein zeitloses Phänomen. Für mich geht es darum, dass
man sich in der Form zeitgemäß orientiert, dass man aber
in den Inhalten, die man tatsächlich vermitteln will, unzeitgemäß
ist, um Kunst und Kultur als Durchbrechen von bestehenden Wahrnehmungsmustern
zu nutzen.
nmz: Sie fördern junge Künstler, die am Anfang
der Karriere stehen? Heyl: Die aber ihre Ausbildung bereits abgeschlossen haben,
ja.
nmz: Im Mai fand der Wettbewerb „Lied des 20. und
21. Jahrhunderts“ statt. Ein klares Bekenntnis zur Zeitgenössischen
Musik. Heike Wilms: Aufgrund des außergewöhnlich hohen
Niveaus vergab die Jury alle Preiskategorien im Gesamtwert von 15.000
E. Den ersten Preis erhielt der 28-jährige lyrische Bariton
Peter Schöne aus Hagen. Er wird auch eine vom Kulturkreis in
Auftrag gegebene Komposition von Wolfgang Rihm uraufführen.
nmz: Wo liegen im Bereich Musik die Perspektiven für
den Kulturkreis? Heyl: Eine gewisse Akzentverschiebung wird es dadurch geben,
dass wir nicht mehr ausschließlich einen Wettbewerb durchführen,
sondern ihn mit einem Meisterkurs verbinden.
Wilms: Im nächsten Jahr ist Harfe der Schwerpunkt, Juryvorsitzende
wird Sarah O’Brien sein. Außer dem Wettbewerb soll es
den Meisterkurs mit drei Bereichen geben: Solorepertoire, Orchesterspieltraining
und Kammermusik. Auch werden wir wieder eine Auftragskomposition
vergeben.
nmz: Eine neue Initiative des Kulturkreis hat zum Thema
„Kulturelle Kompetenz für Nachwuchsführungskräfte“.
Was verbirgt sich dahinter? Heyl: Das ist das Bronnbacher Stipendium, ein Pilotprojekt
an der Universität Mannheim, das mit 17 Stipendiaten in diesem
Herbst beginnt. Im Vordergrund steht dabei die Begegnung mit Künstlern,
aber auch der Aspekt, selber tätig zu werden und in kreative
Prozesse eingebunden zu sein. Dahinter steht die Überzeugung,
dass das Heranführen an künstlerische Prozesse von ausschlaggebender
Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung ist. Der
Künstler und der Unternehmer sind sich ja an einem zentralen
Punkt nahe: Beide wollen gestalten, beide übernehmen dafür
das volle Risiko, beide sind dafür angreifbar und können
auch scheitern. Wir brauchen solche Menschen, solche mutigen Führungskräfte,
ob sie nun Künstler oder Unternehmer sind. Dabei geht es für
die letzteren nicht darum, dass sie Kunst- und Kulturkenntnisse
vermittelt bekommen, um im Smalltalk zu brillieren, sondern es geht
im weitesten Sinne um eine zweckfreie Beschäftigung mit Kunst
und Kultur. Um die Fähigkeit, ästhetische Urteile zu entwickeln
und die dann auch zu verteidigen. Und natürlich spielt auch,
last but not least, die Hoffnung eine Rolle, dass die Nachwuchskräfte,
sind sie einmal in den entscheidenden Positionen, selbst gerne Kunst
und Kultur fördern werden. Wilms: Für die Musik wurde Simon Rattle mit den Berliner
Philharmonikern als Partner gefunden. Er ist ein idealer Partner,
um für die Musik zu begeistern. Denn das ist vielleicht das
Entscheidende: für Kunst und Kultur zu begeistern.