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nmz-archiv
nmz 2004/10 | Seite 46
53. Jahrgang | Oktober
Bücher
Mit Musik ein Herz gewonnen
Help! Wie ein Vater seinen Sohn mit den Beatles findet
Peter Smith: Sam, die Beatles und ich, Kiepenheuer &
Witsch, Köln 2004, 208 S., € 17,90, ISBN: 3-462-03417-0
Es gibt psychologische Werke, die Beziehungen zwischen Vater und
Sohn oder Familien analysieren. Das beginnt im Stammbaum der Familie
vor Jahrhunderten und endet in einer tragischen Bemerkung, die das
Familiendrama ins Rollen brachte. Bei Peter Smith und seiner wahren
Erzählung verhält sich die „Wie gelange ich in die
Welt meines Sohnes“-Geschichte (Untertitel: „Wie ich
das Herz meines Sohnes gewann“) realistischer.
Peter Smith merkt, wie er sich Stück für Stück von
seinem Sohn Sam (sieben Jahre) entfernt und nichts dagegen machen
kann oder will, bis Sam bei einem Familienausflug in den Genuss
des Beatles Albums „Abbey Road“ kommt und glühender
Beatles-Verehrer wird. Endlich ist die Verbindung zwischen Vater
und Sohn in zarten Banden geknüpft. Der Vater, selbst Langzeitfan
der Liverpooler, wird quasi vom Sohn überholt, der sich alle
erreichbaren Informationen und Wissensquellen über die Beatles
aneignet und seinem Vater neue Fakten über die Band unterbreitet
und mitteilt. Sie tauschen sich aus, reden endlich miteinander.
Der eine lernt vom anderen, beide versteifen sich auf das Kommunikationsrohr
„Beatles“, studieren und interpretieren die Werke der
Band. Die Vater-Sohn-Beziehung intensiviert sich, sie rücken
einander näher, finden einen vorläufigen Höhepunkt
in einer Umarmung und sind sich sicher, einen guten Weg eingeschlagen
zu haben. Peter Smith treibt es sogar auf die Spitze. Anstatt aus
sicherer Distanz von New York aus die Beatles zu ehren und das neu
gewonnene Verhältnis zu Sam zu pflegen, schlägt er seinem
Sohn eine Reise nach Liverpool und London vor, um den Beatles näher
zu sein und die Schauplätze ihrer Songs zu erforschen (Strawberry
Fields, Penny Lane, Eleanor Rigby). Eine Entscheidung steht an.
Um ehrlich zu sein: Peter Smith schildert hier kein bedeutendes
oder gar gravierendes Melodrama. Man möchte es fast als nette
Oberflächlichkeit definieren, mit der er versucht, bei seinem
Sohn zu landen. Hilflosigkeit wäre die treffendere Umschreibung.
Aber diese Verzweiflung, mit der er um seinen Sohn und sich kämpft
und die stets wiederkehrende Motivation, sich nicht dem Lauf der
Dinge zu beugen, rücken die Geschichte in eine Ecke, die jeder
Sohn nachvollziehen kann.
Man möchte das große Vorbild akzeptieren, scheitert
aber. Peter Smith lässt sich von den Entwicklungen treiben,
setzt kleine humoristische Akzente, die nicht ohne Selbstironie
bleiben, scheint aber zumindest vordergründig nie das Heft
aus der Hand zu geben. Eine lesenswerte Geschichte über Väter.
Für Söhne und Töchter. Herbstlich passend. Kurzweilig
und an zwei bis drei Abenden zu lesen. Und nebenbei werden ein paar
feine Beatles-Daten aufgefrischt oder reanimiert.