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nmz-archiv
nmz 2004/11 | Seite 29
53. Jahrgang | November
Deutscher
Tonkünstler Verband
Musikalische Tradition bewahren
Ein Bericht zur D-A-CH-TAGUNG 2004 in Krems (Österreich/Wachau)
Direkt an der Donau liegt das neu eröffnete Haus der Regionen
„Volkskultur Europa“ in Krems-Stein, in dem die D-A-CH-Tagung
(Tagung Deutscher, Österreichischer und Schweizer Tonkünstler)
in diesem Jahr stattfand. Unter der hervorragenden organisatorischen
Leitung von Mag. Marieluise Koch waren nicht nur die Referenten
und Zuhörer im Tagungsraum bestens versorgt, sondern es wurde
darüberhinaus auch ein fulminantes Abend- und Stadtprogramm
geboten.
Gleich am ersten Abend waren die Gäste durch den Landeshauptmann
des Bundeslandes Niederösterreich zur Weinprobe mit Buffet
ins Weingut Krems gebeten, wo drei Spitzenweine zu verköstigen
waren. Um der Einladung auch das thematisch passende Ambiente zu
verleihen spielte eine Blaskapelle auf, die nach den ersten Vorträgen
über „Volksmusik“ den praktischen Bezug nahebringen
konnte. Die Pädagogen und Liedsänger übten überdies
mit der anwesenden Gesellschaft das Lied „Singen ist unser
Freud..“ ein, sodass auch Musikwissenschaftler und Redakteure
zur Praxis der Volksmusik herangezogen wurden.
Die Kunstmeile in Krems mit drei spektakulären Ausstellungen
war im Stadtrundgang enthalten. Ein eindrucksvolles Erlebnis, zumal
es sich bei den Ausstellungen um das wohl einmalige Karikaturen-Museum
handelte, um eine Expressionisten-Ausstellung im Stadtmuseum und
die Vorstellung der gut laufenden Artothek, einer Kunstausleihe
fürs Volk, ähnlich der Stadtbücherei anderer Orte.
Im Festspielhaus des nahe gelegenen St. Pölten war am Abend
im großen Saal des neuerrichteten Hauses die Volksliedveranstaltung
„aufhOHRchen“ angeboten, ein Konzert mit verschiedenen
Volksmusikgruppen Österreichs. Die Referate der Tagung umfassten
thematisch nahezu alle Facetten des Bereichs Volksmusik, sowohl
musikpädagogisch, als auch wissenschaftlich und praktisch,
bis hin zur Repräsentation der Volksmusik in den Medien. Das
Eröffnungsreferat am Freitag, dem 8. Oktober hielt Prof. Herrmann
Härtel vom Volksliedwerk Steiermark mit dem Thema „Volksmusik
in Bewegung – von der Überlieferung zum pädagogischen
Konzept“. Nicht nur hier, sondern auch in anderen Vorträgen
war die wichtige Frage thematisiert: wie bringt man der Jugend die
Volksmusik nahe und wie können wir die musikalischen Traditionen
eines Landes bewahren, trotz der europäischen Einflüsse
auf unsere Jugend und deren hohe Attraktivität. Die Musikethnologin
Prof. Dr. Brigitte Bachmann-Geiser aus Berlin hielt unter dem Titel:
„Schweizer Volksmusik zwischen Tradition und Experiment“
einen beachtenswerten Vortrag über die Geschichte des Alphorns
und die Verwendung des Instrumentes auch in der neuesten Musik.
Die Musikpädagogin und Projektleiterin Mag. Else Schmidt stellte
mit diversem Anschauungsmaterial das österreichische Schulprojekt
„Mit allen Sinnen“ vor und Dr. Peter Kostner, Professor
an der Pädagogischen Akademie Innsbruck und Leiter der Abteilung
Volks- und Blasmusik im ORF Tirol, nahm Stellung zu Aspekten volksmusikalischer
Praxis aus medialer und pädagogischer Sicht. Aus Deutschland
waren die Referenten Dr. Erich Sepp aus München, Dr. Adelheid
Krause-Pichler aus Berlin sowie Ulrike Zöller aus München
angereist. Dr. Sepp erläuterte sehr plausibel die Einführung
und Weiterführung des dreistimmigen Singens in der Volksliedpflege
in Bayern, während Dr. Krause-Pichler eine Untersuchung der
unterschiedlichsten Begriffe über Volksmusik betrachtete und
darüberhinaus über die kritische Situation der Volksmusikpflege
in Norddeutschland hinwies. Ulrike Zöller sprach kompetent
zum Thema „Tradimix – neue Entwicklungen in der Alpenmusik
und ihre Darstellung im Bayerischen Rundfunk“. Abschließend
waren interessante Beiträge zu hören von Dr. Christof
Spörk, Journalist und Politikwissenschaftler aus Wien, der
die neuesten Tendenzen vorstellte mit „global.kryner –
die Neue Neue Volksmusik“ und Oliver Holzenburg aus Basel
mit einem Beitrag über umfassenden Instrumentalunterricht im
Zupfinstrumentenbereich.
Wie bei allen Tagungen standen neben den durchweg qualifizierten
Vorträgen die Diskussionen am Round-Table im Mittelpunkt, der
Austausch von Meinungen und das Nachfragen bei brisanten Themen
ist der eigentliche Schwerpunkt der Veranstaltung. Diese Diskussionen
wurden sehr geschickt und kompetent moderiert von den Vertretern
der Tonkünstlerverbände Österreichs und der Schweiz
Prof. Wolf Peschl und Dr. Bernhard Billeter.
Wie in all den vergangenen Jahren hat sich das Zusammentreffen
von Fachleuten aus den verschiedenen Ländern als überaus
positiv erwiesen. Zu bedauern ist allerdings, daß trotz intensiver
Werbung neben den vielen Referenten viel zu wenige Zuhörer
anwesend waren, ein Fakt, der nach Möglichkeit geändert
werden soll. Die nächste D-A-CH-Tagung findet im Oktober 2005
in Basel statt und hat das Thema: Musik und Gewalt.