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nmz-archiv
nmz 2004/11 | Seite 48
53. Jahrgang | November
Musik-Termine
audio ergo sum
Vor einiger Zeit war in einer großen deutschen Wochenzeitung
der Bericht über eine junge Frau zu lesen, die, taub geboren,
dank eines Implantats mit 32 Jahren zum ersten Mal hören konnte.
Die Erfahrungen, die sie dabei machte, sind so existentiell, dass
sie vielleicht gerade auch für uns, die wir selbstverständlich
hören, wertvoll sind, weil sie die Einzigartigkeit und Wichtigkeit
dieses Sinnes bewusst machen. Da alle Dinge, Löffel, Tasse,
Tür und jede Taste auf dem Labtop nur dem Hörenden beim
Berühren akustisch Antwort geben, hängt vom Hören
zu einem guten Teil die Einbindung des Menschen in die Welt ab:
„Hören ist eine Daseinsbestätigung für eine
Person. Seit ich höre, begreife ich, dass früher die Selbstmordrate
bei Spätertaubten zehnmal größer war als bei Späterblindeten:
Der Ertaubte war von der Welt abgeschnitten“. Bei aller Verunsicherung,
die zuweilen von neuer Musik ausgehen mag, vermittelt auch sie dem
Hellhörigen die Erkenntnis: Ich höre, also bin ich.
Die ganze Welt der Neuen Musik ist dieses Jahr in der Schweiz
zu Gast. Vom 3. bis 12. November bieten die IGNM-Weltmusiktage unter
dem Motto „Trans-it“ zahlreiche Uraufführungen,
Konzerte, Events und Informations-Veranstaltungen quer durch das
Land, davon einige sinnigerweise an Bahnhöfen und in Zügen
zwischen Basel und Lugano, Zürich und Genf, Winterthur und
Lausanne. Weniger im Hinblick auf Hochgeschwindigkeitszüge
denn hinsichtlich neusachlicher Motorik und virtuoser Tastengeläufigkeit
veranstaltet der WDR Köln unter dem Motto „Tempo“
vom 12. bis 14. November ein „Musik der Zeit“-Wochenende
mit Uraufführungen von vier Werken Conlon Nancarrows sowie
neuen Stücken von Andreas Dohmen, Markus Hechtle, Gérand
Pesson und Paul Usher. Das Festival Wien Modern schließlich
bietet vom 28. Oktober bis 30. November neben Schwerpunkten auf
Musik von John Cage und Olga Neuwirth, Uraufführungen von Mark
Applebaum, Bálint Bolcsó, Christopher Fox, Reinhard
Fuchs, Thomas Heinisch, Klaus K. Hübler, Fausto Romitelli,
Peter Ruzicka, Jorge Sanchez-Chiong, Wolfram Schurig, Judith Varga
und Jennifer Walsh.
Rainer Nonnenmann
Weitere Uraufführungen
6.11.: Misato Mochizuki, Ima, koko, Auditorium Reinier III Monaco
7.11.: Hans-Joachim Hespos, Frame, Total Music Meeting Berlin
14.11.: Virtú Maragno, Arturo Pantaléon, Anna Rubin,
Gabriel Soto, neue Werke, Nikodemuskirche, Berlin-Neukölln
27.11.: David Sawer, Mirrow Sword Jewel für zwei Klaviere,
Huddersfield Contemporary Music Festival
Eberhard Streul/Jürgen Weissner, Aschenputtel oder Rossini
kocht eine Oper, Musiktheater Gelsenkirchen
29./30.11.: Andrea Agostani, Emanuele Casale, Hans W. Koch, Harald
Muenz, Fausto Romitelli, Nicola Sani, Valerio Sannicandro, Chao-Ming
Tung, Ricardo Vaglini, neue Werke, Italienisches Kulturinstitut
Köln