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nmz-archiv
nmz 2004/11 | Seite 17
53. Jahrgang | November
Hochschule
Neue Horizonte für Blockflöten
Das Atelier Neue Musik an der Hochschule für Künste
Bremen
Kurz nach der Berufung von Younghi Pagh-Paan zur Professorin für
Komposition wurde 1994 das Atelier Neue Musik ins Leben gerufen.
Seitdem hat sich der Bereich der zeitgenössischen Klangkunst
zu einem prägenden Element der Hochschule herausgebildet. Die
über viele Jahre geduldige Arbeit trägt Früchte,
die von einer breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden und
Appetit auf mehr machen!
Die Reihe „ProPosition“ präsentiert im Konzertsaal
der Hochschule, der sich im historischen Gebäude an der Dechanatstraße
mitten im Herzen Bremens befindet, regelmäßig Arbeitsergebnisse
junger Kompositionsstudenten/-innen der Hochschule. Alle zwei Jahre
erscheint eine CD, mit der Querschnitte dieser Arbeiten dokumentiert
werden.
Das von Joachim Heintz betreute Studio für Elektronische
Musik zeigt sich in einer eigenen Reihe. Zu den Höhepunkten
zählte ein hervorragend präsentiertes Gastkonzert in der
Musikhochschule Freiburg sowie die Einladungen nach Florenz und
Panicale (Italien). Im Rahmen der Bewerbung Bremens zur Kulturhauptstadt
2010 wird im elektronischen Studio von einer Gruppe Studierender
zur Zeit ein Musikbeitrag realisiert.
Weitere spannende Impulse liefern Komponistenworkshops, Gastvorlesungen
und Tagungen. Unter großer Kraftanstrengung, aber am Ende
mit großem Erfolg und mit reichlichem Publikumszuspruch bedacht,
realisierte das Atelier Neue Musik vor einem Jahr den internationalen
Kongress „Ars (in)humana – Zur Position des Menschen
in den Künsten unserer Zeit“. Der Kongress hat viele
Anregungen gebracht und neue überregionale und internationale
Kontakte geschaffen. Die Vorträge und Diskussionen werden bald
nachzulesen sein in der Publikationsreihe der Hochschule „Einwurf“.
Auch die Kooperation mit Bremer Institutionen konnte ausgebaut werden.
Das Atelier Neue Musik arbeitet zusammen mit dem neu gegründeten
Verein Tritonus, dem Institut Français und dem Instituto
Cervantes und nimmt Teil an der „Reihe elektronischer Musik“
des Neuen Museums Weserburg. Gespannt sein darf man auf ein Musiktheater-Projekt,
das in Kooperation mit dem Bremer Theater für das Frühjahr
2006 anvisiert wurde, denn es sind Kompositionsstudenten der Hochschule,
die hier den Ton angeben!
Im ateliereigenen Ensemble spielen Studenten der Hochschule in
verschiedenen Formationen zeitgenössische Kammermusik und groß
besetzte Orchesterwerke. Als Ensemble in Residence waren die Bremer
Musiker/-innen zur Internationalen Musikwerkstatt Schloss Trebnitz
eingeladen und konnten das hohe Niveau ihrer Arbeit unter Beweis
stellen. Unter der Leitung von Christian Hommel und Harrie Starreveld
bereist das Ensemble im kommenden Wintersemester die Musikhochschulen
Hannover, Hamburg und Lübeck und wird dort Konzerte geben.
Seit dem Sommer 2003 hat sich das Spektrum in Sachen Neuer Musik
noch um eine spezielle Farbe erweitert: Mit der Lehrveranstaltung
„Spieltechnik und Interpretation Neuer Blockflötenmusik“
haben wir einen Kurs ins Leben gerufen, der sich als Ergänzung
zum wöchentlichen Hauptfachunterricht an Blockflötisten/-innen
aller Studienrichtungen wendet.
Das Kursangebot bietet die Möglichkeit, neue Solomusik oder
kammermusikalisch besetzte Werke mit Flöten kennenzulernen,
zu erarbeiten und Interpretationen zu vertiefen.
Dass das auch lustvoll und durchaus bereichernd für den „Blockflötenhorizont“
vonstatten gehen kann, davon konnten sich Studenten und Publikum
im vergangenen Juni überzeugen: Das Motto „überRasch“
hatte ganz offensichtlich neugierig gemacht, beim ersten Workshop-Konzert
war der Konzertsaal der Hochschule bunt gefüllt mit einer großen
und gemischten Zuhörerschaft. Souverän und mit selbstbewusster
Spielfreude gingen die Studierenden der unterschiedlichen Blockflötenklassen
so bekannte Stücke wie „Hymn“ von Ryohei Hirose,
„East-green-spring“ von Maki Ishii oder Isang Yun’s
„Chinesische Bilder“ an.
Auch nahezu Unbekanntes war zu hören. Rumänische Akzente
setzte das Block- und Querflötenduo „Krendel“ von
Violeta Dinescu und das für Consortflöten komponierte
Trio „Renaissance“ von Myriam Marbe. Beide Stücke
haben spannende Klangfarben und Klangmischungen, und sie sind besonders
reizvoll durch die geschickte Verbindung von festgelegter Komposition
und improvisatorischen Freiräumen. Beide Werke sind bis jetzt
nur im Manuskript verfügbar.
Kontrastreich und verblüffend – so kennt man Hans-Joachim
Hespos, und genau so „überraschte“ auch seine namensgebende
schrille offScene für hohe Lippenpfeifen.
Mit allerlei Tröten und hohen Flöten ausgerüstet
ließen die Studenten das Stück gleich mehrmals im Programm
und jedesmal aus einer anderen Ecke des Konzertsaales ertönen.
Arvo Pärt und seine Komposition „arbos“ für
acht Blockflöten und drei Triangelspieler führten dann
noch ein großes Ensemble auf gemeinsame Wege.
Mit dem Konzert ist ein erstes Ziel erreicht und ein erfolgreicher
Anfang gemacht, in der Zukunft soll nun der kammermusikalische Bereich
der zeitgenössischen Blockflötenliteratur noch mehr in
den Blickpunkt gerückt werden. Spannend wäre auch die
Integration der Blockflöte in das Ensemble des Atelier Neue
Musik.
Frische Horizonte machen eben Lust auf weitere Reisen und immer
neue Entdeckungen. Auf Entdeckungen und auch Mühen, die sich
lohnen.