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nmz-archiv
nmz 2004/11 | Seite 32
53. Jahrgang | November
Jugend musiziert
Auf dem Konzertpodium die Stars von morgen
Die Konzertreihe „Solist“ in Frankfurt an der Oder
„Jugend musiziert“, das ist nicht nur das Synonym für
Deutschlands umfassendsten Musikwettbewerb für Nachwuchsmusikerinnen
und Musiker. „Jugend musiziert“ steht auch für
ein Modell, dass musikalische Förderprojekte von höchst
unterschiedlichem Charakter miteinander verbindet: Nach Abschluss
der dreistufigen Wettbewerbsphase, mit ihrem Höhepunkt Bundeswettbewerb
„Jugend musiziert“, beginnt die Anschlussförderung
für Preisträger auf allen drei Wettbewerbsebenen. Neben
den Angeboten, die der Deutsche Musikrat selbst für Bundespreisträgerinnen
und -preisträger bereithält, hat „Jugend musiziert“
im Laufe der Jahrzehnte eine Reihe von Partnern geworben, die zusammen
ein dichtes Netzwerk von Workshops, Meisterkursen und Konzertangeboten
bereithalten. Die Konzertreihe „Solist“ in Frankfurt/Oder
gehört seit vielen Jahren dazu. Manfred Uhlmann, Vorsitzender
des Landesausschusses „Jugend musiziert“ in Brandenburg,
der die Reihe 1992 ins Leben gerufen hatte, zieht eine persönliche
Bilanz.
Es war nicht nur die euphorische Freude über das größer
gewordene Deutschland, die mich im Jahre 1991 als neu installierter
(und richtig demokratisch gewählter!) Vorsitzender des Landesausschusses
„Jugend musiziert“ Brandenburgs an die Tür des
Philharmonischen Orchesters Frankfurt (Oder) klopfen ließ,
um dort nachhaltiges Interesse und die Bereitschaft für eine
kontinuierliche Pflege ausgewählter Talente zu wecken. Über
Jahrzehnte hatte ich bereits miterlebt, mit welcher bestechenden
Intensität sich die Musiker dieses Klangkörpers der Ausbildung
und Integration junger entwicklungsfähiger Musikschüler
widmen. Und so fand ich bei GMD Nikos Athinäos sofort offene
Ohren, eine neue Konzertreihe ins Leben zu rufen, in der jährlich
erste Preisträger des Bundeswettbewerbs als Solisten mit diesem
renommierten und pädagogisch erfahrenen Klangkörper musizieren
können. Der „Handel“ war schnell geschlossen: „Jugend
musiziert“ liefert erstklassige honorarfreie Solisten und
das Orchester bindet diese neue Konzertform jährlich im Herbst
verbindlich in seinen Dienstplan ein. So standen ein Jahr später
am 11. August bei der Premiere von „Solist’92“
vier junge Erste Preisträger des Bundeswettbewerbes auf dem
Solistenpodium vor dem Orchester.
Für sich betrachtet, ist daran sicher kaum Außergewöhnliches
zu erkennen, schließlich öffnen sich erfreulicherweise
zahlreiche Orchester der musizierenden Jugend. Ich denke, das Besondere
(und vielleicht Einmalige in Deutschland) ist die jährliche
Kontinuität unserer Konzertreihe, ihre Farbigkeit und die Möglichkeit,
einmal „alle Sätze“ konzertieren zu dürfen.
Auf Grund der rotierenden Wettbewerbsausschreibungen lässt
sich bereits im voraus kalkulieren, welche Solo-Kategorien den jeweiligen
„Solist-Konzerten“ ihren Charakter verleihen. In diesem
Jahr waren es die Streichinstrumente, Schlagzeug und Akkordeon,
die das Programm bestimmten.
So sind inzwischen seit Beginn der Konzertreihe 65 erste Preisträger
der Bundeswettbewerbe aus elf verschiedenen Bundesländern jeweils
im Herbst nach Frankfurt an die Oder gereist, um nach mehrtägigen
Proben mit unserem Orchester zu konzertieren. In der Regel sind
es vier oder fünf Preisträger, die wir gemeinsam mit den
Bundes-Fachjuroren für jedes der Konzerte auswählen. Jedoch
gibt es auch interessante Ausnahmen, wie zum Beispiel Doppelkonzerte,
wenn in der Wettbewerbs-Ausschreibung Duo-Besetzungen möglich
sind. Der Konzeption unserer Konzertreihe sind wir treu geblieben
und auch das Engagement des Orchesters ist nach 13 Konzertjahren
ungebrochen, obgleich wirtschaftliche Zwänge die Terminreservierungen
immer komplizierter machen.
Die Veränderungen sind anderer Art: Aus dem „Philharmonischen
Orchester“ wurde 1995 das „Brandenburgische Staatsorchester
Frankfurt“ als ein Qualitätssiegel für herausragende
Leistungen. Und neuer GMD ist seit 2001 Prof. Heribert Beissel,
der nicht nur das Leistungsvermögen des Orchesters weiterentwickelt
hat, sondern auch den jungen Solisten ein beneidenswert erfolgreicher
„Mentor“ ist. Und noch eine weitere Veränderung
ist zu vermerken: Die Leistungen der Solisten sind in den Jahren
gewachsen, sind reifer und anspruchsvoller geworden. „Das
sind keine Nachwuchstalente, das sind die Stars auf den Konzert-Podien
von morgen“, honoriert GMD Beissel die Leistungen „seiner“
Solisten.
Gegenwärtig gehen wir an die Vorbereitung von „Solist
2005“. Wir hoffen, „Solist“ auch in den kommenden
Jahren finanzieren zu können, denn Reise- und Übernachtungskosten,
Betreuung der Solisten, Programmdruck, Orchester-Leihmaterial und
Werbung fordern ihren Preis.
Mit Hilfe der Landesregierung Brandenburg (der Ministerpräsident
ist Schirmherr des Landesprojektes „Jugend musiziert“),
des OSGV und örtlicher Sponsoren konnte bisher das Notwendige
dieser inoffiziellen „Anschlussmaßnahme des Bundeswettbewerbs“
finanziert werden. Bundesgeschäftsstelle und Projektbeirat
haben bisher mit verbalen Anerkennungen nicht gegeizt und ich bin
mir sicher, dass uns aus München für „Solist“
irgendwann auch materielle Hilfe zuteil werden wird, – damit
auch weiterhin erste Preisträger vom Bundeswettbewerb als Solisten
an die Oder reisen können.