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Ausgabe 2004/11
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nmz 2004/11 | Seite 34
53. Jahrgang | November
Kulturpolitik

Wir haben schon neue Aktionen auf den Weg gebracht

Ein Interview mit dem neuen BDMV-Präsidenten Wolfgang Bötsch

Klassische Fragen nach „100 Tagen im Amt“ an den neuen BDMV-Präsidenten Wolfgang Bötsch. Im Frühjahr wurde der ehemalige Bundespostminister und derzeitige Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bötsch in Stuttgart zum Nachfolger des im Herbst 2003 verstorbenen BDMV-Präsidenten Gerhard Weiser gewählt. Der „Freund der Musik“, als der sich Bötsch selbst bezeichnet, will als Politikprofi den Verband ins Gespräch bringen. Das Interview führte Klaus Härtel.

Wolfgang Bötsch. Foto: BDMV

Wolfgang Bötsch. Foto: BDMV

nmz: Als ehemaliger Postminister hatten Sie ja schon beruflich mit einem Blasinstrument – dem Posthorn – zu tun. Wie kam es nun zur erneuten Begegnung mit der Musik auf ehrenamtlicher Ebene?
Wolfgang Bötsch: Tatsächlich hatte ich das Glück, in meinem Berufsleben häufig auch meine Hobbys wiederzufinden: Politik und Musik gehören dazu. Als Mitglied des Deutschen Bundestages und der Bundesregierung konnte ich das Hobby Politik zum Beruf machen. Über die Anfrage der Bundesvereinigung, das Amt ihres Präsidenten zu übernehmen, habe ich mich schon deshalb sehr gefreut, weil ich damit noch stärker etwas dazu beitragen kann, dass viele Millionen Ehrenamtliche in Deutschland ihre engagierte Arbeit vor Ort weiterhin gut machen können. Übrigens: Mein drittes wichtiges Hobby ist der Fußball.

nmz: Wie ist Ihre persönliche Beziehung zur Musik? Spielen Sie selbst ein Instrument?
Bötsch: Ich bin ein großer Fan von Opern und klassischer Musik insgesamt, spiele selbst Orgel und Klavier. Zur Arbeit der Musikvereine habe ich eine enge Beziehung, schließlich gibt es allein in meinem Würzburger Wahlkreis mehr als 70 Orchester, deren Veranstaltungen und Musikfeste ich in meiner Funktion als Abgeordneter regelmäßig besuche.

nmz: In welcher Weise werden Sie das Erbe von Gerhard Weiser fortführen? Gibt es etwas, was Sie grundsätzlich anders machen werden beziehungsweise welche bewährten Ideen werden Sie weiterführen?
Bötsch: Mit Gerhard Weiser habe ich einen Vorgänger, der sich unglaublich engagiert für die Belange der Musik und vor allem der Jugend einsetzte. Er hat einen starken Verband aufgebaut. In den letzten Jahren seiner Amtszeit hat er einen Kurs der Modernisierung und Weiterentwicklung begonnen. Diesen Kurs werde ich gemeinsam mit dem neuen Präsidium fortsetzen. Wir müssen einfach permanent sicherstellen, dass das, was wir tun, die Interessen unserer Mitgliedsorchester trifft.

nmz: Welche Erfahrungen haben Sie schon bei der BDMV gesammelt – Stichwort „die berühmten 100 Tage im Amt“?
Bötsch: Wir haben gleich nach der Neuwahl in einer ersten Sitzung des geschäftsführenden Präsidiums besprochen, welche Aktivitäten wir sofort beginnen müssen und wie wir die Aufgaben verteilen. Erste Einladungen zu Landesverbänden konnte ich bereits wahrnehmen und damit viele Ehrenamtliche kennen lernen. Im Übrigen haben wir die Sommerpause genutzt, um neue Aktionen auf den Gebieten Politik und Lobbying, Service und Rechtsberatung, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit vorzubereiten.

nmz: Wie schätzen Sie die BDMV im Verhältnis zu den anderen Laienorganisationen, zum Deutschen Musikrat oder zum Deutschen Kulturrat ein?
Bötsch: Die BDMV ist mit Abstand die mitgliederstärkste Organisation in diesen Dachverbänden, hat eine der modernsten Führungen.
Diese Vorteile werden wir selbstbewusst einsetzen, um etwas für unsere Landesverbände und Orchester zu erreichen. Wo dies sinnvoll und zielführend ist, bieten wir den anderen Organisationen gern enge Zusammenarbeit und Unterstützung an. Wenn wir den Eindruck haben, dass die Dachverbände jedoch an unseren Interessen vorbeiarbeiten, werden wir das auch deutlich sagen. Im Übrigen hatten Stefan Liebing und ich bereits konstruktive Antrittsgespräche mit den Vertretern der wichtigsten Musikverbände.

nmz: Wie viel Zeitaufwand bedeutet der Vorsitz der BDMV für Sie? Oder erledigt man „Geschäfte“ schon mal nebenbei bei einem „Geschäftsessen“? Schließlich sind Sie ja Bundestagsabgeordneter.
Bötsch: Einen so großen und selbstbewussten Verband kann man nicht nebenbei führen. Aber wir haben ja ein gutes und erfahrenes Team im geschäftsführenden Präsidium, in dem wir die Aufgaben kollegial verteilt haben. Jetzt am Anfang ist der Aufwand für Antrittsbesuche und Gespräche mit unseren Mitgliedern natürlich größer, das Bundesmusikfest wird eine weitere zeitliche Herausforderung bilden. Ich sehe meine Aufgabe aber vor allem darin, die Gremien des Verbandes zu führen und die Bundesvereinigung bei wichtigen Anlässen nach außen zu vertreten. Die Führung des laufenden Geschäfts erledigt unser Generalsekretär Stefan Liebing. Insofern ist der Zeitaufwand vertretbar.

Bedeutung des Ehrenamts

nmz: Was bedeutet es konkret für Sie, einen Dachverband im Ehrenamt zu führen?
Bötsch: Als Präsident werde ich vor allem zwei Aufgaben haben: Die Ideen und die Erfahrung in unseren Gremien zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass die Bundesvereinigung mit den richtigen externen Partnern sprechen kann, also mit potenziellen Sponsoren und Geldgebern, mit Politikern und Wirtschaftspartnern. Darüber hinaus ist es mir ein wichtiges persönliches Anliegen, Menschen für ihr großes ehrenamtliches Engagement zu danken und ihnen die Anerkennung der Bundesvereinigung zu zeigen. Mir persönlich macht das neue Ehrenamt viel Spaß, man merkt sofort, dass die Menschen etwas bewegen wollen.

nmz: Welche Ziele haben Sie sich gesetzt?
Bötsch: Als Neuling in diesem Verband setze ich mich nicht hin und definiere Ziele. Ich glaube vielmehr, dass das Präsidium und unsere Landesverbände gemeinsam überlegen müssen, was die Bundesvereinigung tun kann, um unseren Orchestern zu helfen, um junge Menschen zum Musizieren zu motivieren, um einen auch finanziell gesunden Verband zu erhalten. Das machen wir gemeinsam. Der wichtigste Schritt dazu wird die Klausurtagung des Gesamtpräsidiums sein. Danach können Sie mich gern noch mal dazu befragen.

nmz: Wie würden Sie Ihren Führungsstil charakterisieren?
Bötsch: Als Vorsitzender eines jeden Vereins ist man zunächst Motivator und Koordinator. Meine Aufgabe ist, die große Linie, die wir gemeinsam beschließen, immer im Auge zu haben und die Funktionsträger mit ihren unterschiedlichen Ansätzen, Ideen und Hintergründen einzubinden, damit wir das möglichst erfolgreich erreichen können. Ich würde also sagen, dass ich kooperativ führe. Wenn die Richtung klar ist, muss man aber auch etwas durchsetzen und Ergebnisse schaffen.

nmz: An den Spitzen vieler Landesverbände (zum Beispiel Bayern, Baden-Württemberg) stehen ebenfalls Berufspolitiker. Was versprechen Sie sich davon?
Bötsch: Ich glaube, um einen großen Verband zu führen, benötigt man ganz ähnliche Erfahrungen wie in der Politik: Es geht darum, unterschiedliche Strömungen und Meinungen zusammenzuführen, einen demokratischen Entscheidungsprozess zu organisieren und am Ende ein Ergebnis zu erreichen, an dem alle beteiligt sind. Das können Politiker sicher besonders gut. Darüber hinaus bin ich froh, dass wir mit unseren Landesvorsitzenden eine direkte Verbindung zu den Landesregierungen haben. Das ist heutzutage besonders wichtig, wenn es darum geht, um finanzielle Unterstützung der Länder zu kämpfen.

Der „Otto-Normal-Tubist“

nmz: Was bringt es dem „Otto-Normal-Tubisten“ im Musikverein, dass „oben“ Politiker die Geschicke leiten?
Bötsch: Wie ich eben schon sagte: Unsere Interessen werden besonders gut gegenüber den Landesregierungen vertreten, und Politiker kennen die Situation, große Verbände mit unterschiedlichen Strömungen sicher zu führen. All das sichert die Handlungsfähigkeit und die finanzielle Ausstattung der Musikverbände und ihrer
Orchester. Und vielleicht ist ja darüber hinaus der eine oder andere Kontakt vorhanden, der besondere Auftrittsmöglichkeiten, Konzertreisen oder Sponsoringverträge ermöglicht.

nmz: Kennen Sie die Probleme der Musikvereine? Wie informieren Sie sich?
Bötsch: Natürlich bin ich damit vertraut. Viele der Probleme sind ja auch in unseren »Stuttgarter Thesen« beschrieben. Ich informiere mich durch Gespräche mit den Landesverbänden und den Präsidiumsmitgliedern, durch die Post, die ich von Vereinen bekomme, und durch Besuche bei Vereinsveranstaltungen, vor allem natürlich in meinem Wahlkreis. Wir müssen allerdings auch künftig sicherstellen, dass wir schnell über neue Probleme vor Ort informiert werden. Deshalb haben wir zum Beispiel im Herbst alle Kreisvorsitzenden und Kreisjugendleiter in Deutschland zu vier Regionalkonferenzen eingeladen. Dort möchte ich möglichst viele von ihnen kennen lernen und hören, welche Probleme unsere Orchester haben.

nmz: Hatten Sie schon Kontakt zu den Landesverbänden? Wie möchten Sie mit den Landesverbänden zusammenarbeiten? Hat Ihre Präsidentschaft Auswirkungen auf die Landesverbände? Wenn ja, welche?
Bötsch: An den Veranstaltungen einiger Landesverbände habe ich bereits teilgenommen, und natürlich habe ich die Vertreter der Länder in der Bundesvorstandssitzung in Stuttgart kennen gelernt. Dass mir eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung wichtig ist, sehen Sie schon daran, dass wir nun gemeinsam mit den Landesverbänden zu Regionalkonferenzen einladen und dort hören wollen, was wir noch besser machen können, damit unsere Orchester maximal profitieren.

nmz: Wie stehen Sie zu manchen landespolitischen Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Musikvereine haben werden (zum Beispiel das achtjährige Gymnasium in Bayern). Und wie hilft hier die BDMV?
Bötsch: Grundsätzlich gibt es eben eine Reihe von Dingen, für die die Länder zuständig sind. Das ist auch gut so und sichert uns Vielfalt und Wettbewerb. Wenn solche Entscheidungen uns betreffen, dann ist es zunächst einmal Aufgabe der Landesverbände, sich dazu eine Meinung zu bilden und diese auch zu artikulieren. Da dürfen wir uns nicht einmischen. Wir können allerdings dabei helfen, dass politische Arbeit und Pressearbeit überall professionell durchgeführt werden können. Das heißt zum Beispiel, dass wir Weiterbildungsangebote machen müssen. Und natürlich gibt es häufig Personen, die ich vor Ort kenne und die ich für die Anliegen der Landesverbände sensibilisieren kann. Das ist in einigen Landesverbänden übrigens auch schon geschehen.

nmz: Was halten Sie für das dringlichste Problem? Wie können von politischer Seite Lösungswege vorgeschlagen und möglicherweise auch beschritten werden?
Bötsch: Das größte Problem für unsere Vereine stellt neben der schwierigen Finanzsituation die wachsende Bürokratie dar. Wer heute einen Dirigenten anstellen, eine Konzertreise organisieren, eine Versicherung abschließen oder einen Jahresabschluss machen will, der braucht schon beinahe eine juristische Ausbildung. So etwas dürfen wir Ehrenamtlichen nicht länger zumuten, sonst macht diese Arbeit am Ende niemand mehr. Unsere „Stuttgarter Thesen“ enthalten Vorschläge, wie wir Erleichterung schaffen könnten. Im Rahmen von parlamentarischen Veranstaltungen, der Einrichtung eines „Politikernetzwerks“ oder aber in Initiativen des Bundestags wollen wir das Thema positionieren. Dazu gibt es schon sehr konkrete Ideen im Präsidium, Vizepräsidentin Gitta Connemann koordiniert die Aktivitäten. Geben Sie uns noch etwas Zeit. Anfang 2005 werden erste Erfolge zu sehen sein.

 

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