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Ausgabe 2004/11
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Konzerte für KinderKonzerte für Kinder

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nmz 2004/11 | Seite 24
53. Jahrgang | November
Musikvermittlung

Fang den Ton im Wiener Konzerthaus

Jeunesse Österreich veranstaltet internationales Kinder- und Jugendmusikfestival

Open House für junge Menschen: Die schönste Herausforderung der Jeunesse Österreich, jungen Menschen verspielte, sinnliche und fantasievolle Klänge, Faszination und das Abenteuer Musik nahe zu bringen: 19 Produktionen für junge Menschen ab 3 mit insgesamt 45 Konzerten und zahlreiche Erlebniswelten standen beim Festival „Fang den Ton” im Zentrum, bei dem ein Wochenende lang alle Bühnen des Wiener Konzerthauses mit hochkarätigen Kinder- und Jugendprojekten bespielt wurden. Mit dem Sonus Brass Ensemble, mit Elisabeth Naske und dem ensemble mubuntu aus Hamburg präsentierten sich auch die Preisträger des internationalen Ideen-Wettbewerbs „Find it”, den die JMÖ Anfang des Jahres ausgetragen hatte.

Musiker auf der Bühne spielen Werke des klassischen Repertoires, das Publikum hört zu – der übliche Rahmen für ein öffentliches Konzert seit Jahrhunderten. Ist es auch der geeignete Rahmen für ein Kinder- und Jugendkonzert? Im Rahmen des Festivals „Fang den Ton“ vom 8. bis 10. Oktober 2004 konnten unterschiedlichste Aspekte der Musikvermittlung aus mehreren europäischen Ländern aufgezeigt werden. Musik stand im Zentrum der Konzerte und löste ein fantasievolles Spiel der Sinne aus. Daneben bevölkerten Clowns, Jongleure, Tänzer, Schauspieler, Geschichtenerzähler, Lichtdesigner und Medienkünstler die Szene, luden Erlebniswelten im ganzen Konzerthaus zu spannenden Entdeckungsreisen ein – mit Leseabenteuern, Mitmach- und Mitsing-Konzerten, Voice & Body-Music oder einem Besuch in der klingenden Stadt.

Christoph Thoma

Lehrreich und trotzdem spaßig – ist das möglich?

Ja. Erleben konnte man dieses „Kunststück“ bei den Schulkonzerten. Hunderte von Kindern strömten in das Konzerthaus, das angesichts der vielen kleinen, wild durcheinander wirbelnden Menschen fast zu klein zu sein schien. Eine logistische Meisterleistung der Jeunesse-Mitarbeiter war es schließlich, die vielen Besucher, die zum Teil noch nicht des Lesens mächtig waren, mitsamt ihren Lehrern in die richtigen Veranstaltungssäle zu bringen. Jeder Lehrer weiß um die Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit von Kindern freiwillig für 50 Minuten zu gewinnen. Da bedarf es komplexer Konzepte, höchster musikalischer Qualität und vielfältigster Präsentationsformen, damit ein Schulkonzert zum Erlebnis jenseits eines Riesenchaos’ wird. Mit Experten aus Musik und Pädagogik werden immer neue Darstellungsformen für die musikalischen Beiträge gesucht, die den unterschiedlichen Ansprüchen und Aufnahmefähigkeiten der Kinder in ihren verschiedenen Entwicklungsstufen gerecht werden. Frontalunterricht oder liebliche Berieselung haben hier keine Chance. Und Wissenswertes? Das fordern die Kinder in diesen Programmen ganz selbstverständlich ein. Was ist denn das für ein Instrument, und die eigenartigen Töne, die es von sich gibt, darf ich auch probieren? Klar! Erwachsenenkonzerte sind dagegen ein Kinderspiel. Man weiß im Vorhinein, wie sich die großen Menschen verhalten werden, wann sie klatschen, dass sie keine Fragen stellen und schon gar nicht die erste Geige spielen wollen. Kinder sind anders. Und diesen Umstand berücksichtigt die Jeunesse in ihren Schulkonzerten. Sie versucht, damit möglichst vielen Kindern – eben auch solchen, die zu Hause keinen Zugang zur Musik erfahren – die Wunderwelt der Musik zu eröffnen. Dabei geht es nicht um eine „verlorene Mathestunde“, sondern um musikalische Auseinandersetzung! „Fang den Ton“ war nur ein kleiner Ausschnitt einer ganzjährigen Musikerfahrungswelt, vor der es heißt: „Bitte eintreten!“

Ute Pinter

Sonus Brass Ensemble

Das Sonus Brass Ensemble arbeitet mit Blech und Pressluft. Alle Fotos: Jürgen Öhlinger

Das Sonus Brass Ensemble arbeitet mit Blech und Pressluft. Alle Fotos: Jürgen Öhlinger

Fünf Arbeitslose treffen sich zufällig auf der Bühne des Konzertsaals und beginnen aus purer Langeweile mit einem Haufen am Boden liegendem Blech zu spielen – der Blecharbeiter-Stomp regt die 300 erwartungsvollen Schulkinder zur ersten Mitmach-Aktion an. Im Dialog mit den Kindern entdecken die Blech-Arbeiter in der Folge, dass vermeintliche goldene Hüte Schalltrichter oder zufällig zusammengesteckte Rohre Teile von Musikinstrumenten sein können. Aus den ersten Klangerfahrungen der Zufalls-Musiker entwickelt sich zunehmende Begeisterung für musikalische Interaktion. Die Klangfarben von Tuba, Horn, Posaune und Trompeten entfalten sich in Rossini-Bearbeitungen, traditionellen Tango-Rhythmen oder einer barocken Battaglia von Samuel Scheidt – und das Publikum lernt dabei ganz nebenbei, dass gleichzeitig Einsetzen oder aufeinander Hören zu Grundvoraussetzungen des gemeinsamen Musizierens gehören. Begeistert nehmen die Kinder daran Anteil, dass die eingangs frustrierten Arbeitslosen durch ihre instrumentalen Experimente Lust auf die Gründung einer eigenen Band bekommen. Der „Blecharbeiter-Rap“ beschließt das bunte Treiben. Markus Kupferblum und Pascale-Sabine Chevroton standen den Musikern als Regisseur und Choreografin zur Seite. Mit ihrer Hilfe gewannen die Instrumentalisten Profil in ihrer Anfangsrolle als abgeschobene und orientierungslose Arbeitslose, als clowneske Klangsucher und als kraftvolle Stomp-Tänzer. Ob den Acht- bis Elfjährigen im Zuschauerraum die Problematik Arbeitslosigkeit und der Ausweg in die Musikerkarriere lebensnah ist, bleibt zu hinterfragen. Auch der engagierte Wunsch der Musiker, von Anfang an in Interaktion mit den Kindern zu treten, verkehrte sich manchmal ins anarchische Gegenteil, wenn „Zugabe“-Rufe des Publikums kein Ende nehmen wollten. Jedenfalls hörten die Kinder fünf ausgezeichnete Musiker und unterhielten sich eine Stunde lang königlich.

Constanze Wimmer

Brazilian Proms

Abends, 22:10 Uhr im nicht bestuhlten, nahezu ausverkauften Großen Saal des Wiener Konzerthauses: Camerata Salzburg, Allegre Corrêa Group, Christian Muthspiel, nicht enden wollender, tosender Applaus, eine aufgeheizte Stimmung wie bei einem Open-Air und viele beglückte, vorwiegend junge Menschen, die am Parkett stehen und nach mehr als zweieinhalb Stunden „Konzerterlebnis“ noch eine Zugabe hören wollen. Gerade ist ein Jeunesse-Konzert im Rahmen des Festivals „Fang den Ton“ mit Werken von Heitor Villa-Lobos und Darius Milhaud zu Ende gegangen. Das Konzert wurde von der Camerata Salzburg mit der „Bachiana brasiliera Nr. 9 für Streichorchester“ des in Rio de Janeiro geborenen Heitor Villa-Lobos eröffnet. Hier konnte man gleich zu Beginn hören, wie es klingt, wenn ein brasilianischer Komponist Klang und Rhythmus der brasilianischen Folklore mit dem Geist und der Formenwelt Johann Sebastian Bachs kombiniert – daher auch der Name „Bachiana“. Später gesellte sich auf der Bühne des Wiener Konzerthauses ein Jazzensemble lateinamerikanischer Prägung rund um den seit Jahren die österreichische und europäische Jazz- und Worldszene bereichernden brasilianischen Gitarristen, Sänger und Komponisten Allegre Corrêa dazu. Auf diese Weise entstand ein spannender „Call and Response“ zwischen der Camerata Salzburg und der Allegre Corrêa Group. Das Publikum war jedenfalls restlos begeistert. Für die Zukunft wäre dieser neue Weg der Musikvermittlung im Abendkonzert durchaus attraktiv. Erfolg beflügelt!

Johannes Puchleitner

Das Schicksalsrad drehte sich im Wiener Konzerthaus

Sicherlich einer der Höhepunkte des heurigen Jeunesse-Festivals fand im großen Saal des Konzerthauses statt: Carl Orffs Carmina Burana mit dem Radio Symphonieorchester Wien unter Johannes Wildner und dem Chorus sine nomine in einer verkürzten Version für Familien. Interessant war es, hier zu sehen, dass auch ein sehr bekanntes und starkes Werk wie die Carmina Burana durch die etwas andere Konzertgestaltung sehr wohl noch viel lebendiger, viel direkter erfahrbar wurde. Aus dem Frühlingsfest der Carmina Burana wurde ein gemeinsames Familienfest im Konzertsaal. Noch vor dem eigentlichen Beginn des Konzertes probierte der Moderator Christian Schruff mit dem Publikum eine der beiden Mitmachaktionen aus – und zunächst schien es, als würde das Konzept nicht aufgehen. Zwei Kreise sollten gebildet werden, ein kleinerer in der Mitte, bestehend aus den Kindern, ein größerer außen, bestehend aus den Eltern. Im Takt der Musik sollten sich diese beiden Kreise nun bewegen und so das ewige Schicksalsrad symbolisieren. Nachdem das Orchester dann einmal Fortuna Imperatrix Mundi gespielt hatte und der Moderator das Schicksalsrad aufsuchte, sich nun zur Musik zu drehen, funktionierte es und die beiden Räder setzten sich in Bewegung. Als wirklich professionell muss die Leistung des Moderators gewürdigt werden – Christian Schruff merkte man seine Erfahrung bei der Moderation von Konzerten an. Souverän leitete er Hunderte Menschen bei den Tänzen an, stellte den Kindern sinnvolle Fragen (erhielt dafür auch teilweise erstaunliche Antworten) und spannte einen schönen gedanklichen Bogen zwischen den einzelnen Musikstücken. Insgesamt war es ein gelungenes Vermittlungskonzept, wenn das Konzert vielleicht auch ein klein wenig zu lang geraten ist. Es ist immer wieder schön, wenn man auch den Musikern ihren Spaß an der Sache ansieht und alle sich bewusst sind, dass auch Kinder höchste Qualität von einem klassischen Konzert erwarten! Diese wurde ihnen hier geboten.

Bettina Büttner

Clowncerto fängt den lachenden Ton

Das Jugendsinfonieorchester Dornbirn unter der Leitung von Guntram Simma und die beiden Clown-Solisten Anna (Tanja Simma) und Otto (Andreas Simma) bestritten unter dem Titel „Clowncerto“ drei Aufführungen mit Musik von Strauß, Fucik, Lumbye oder Poulenc. Die einzige Veranstaltung des dreitägigen Festivals, in dem Kinder und Jugendliche für Kinder musizierten. Der mit ansteckender Musizierfreude und Professionalität agierende Klangkörper von 65 Musikschülern ließ auf der übervollen Bühne keine Zweifel an seinem hohen Standard aufkommen. Guntram Simma agierte mit schwungvoller Musikalität, großer Umsicht, jugendlichem Humor und versteckter dirigentischer Strenge, die während der Aufführung aber eigentlich nicht benötigt wurde.

Eine gute Basis für die beiden kongenial agierenden Clowns, die durch ihre feine Mimik und den Ideenreichtum oder durch bewusste Störaktionen und eigenwillige Musikinterpretationen überzeugten. Herrlich etwa der Auftritt des Clowns Otto. Während sich das Orchester der unterhaltsamen Musik widmet, kommt der „Orchestertrompeter“ zu spät zur Aufführung. Schnell ist gestenreich erklärt, dass daran natürlich der Verkehrsstau schuld war. Auf dem Weg zum Trompetenpult zwängt er sich durch die im Mozartsaal leidvoll eng sitzenden Musiker. Erst am Platz angekommen vermisst er seine Trompete. Schon kommt Anna zu Hilfe, die mit Instrumentenkoffern überladen lautstark durch den Saal zu Hilfe eilt. Das Chaos bahnte sich seinen Weg… Ein besonderer Augenblick war, als Kinder aufs Podium geholt wurden, um mit lautmalerischen Tierimitationen bei der Aufführung mitzuwirken. Beeindruckend wie einfühlsam Guntram Simma während der ganzen Aufführung mit der Jugend auf der Bühne und im Saal umging.

Man hörte, staunte und lachte. Und bei all der Kurzweiligkeit des Dargebotenen übersah man, dass sich ein Muskelkater in die Lachmuskulatur eingeschlichen hatte.

Peter Andritsch

Sindbad, alles andere als fad

Ihm ist fad, dem Sindbad. Ihm, der schon alles besitzt, der sich jeden Luxus leisten kann. Aber gerade das langweilt ihn und das klagt er dem Publikum persönlich vor – allerdings auf arabisch, was sich als feiner dramaturgischer Kniff erweist. Denn zum einen wird so in die musikalischen Stimmen der Erzählung auch der Klang von Sprache hineingeholt. Zum anderen motiviert er eine Erzählerin: die kluge Dienerin Sindbads, wunderbar gespielt von Hille Beseler. Sie fordert Sindbad auf, doch bitte langsamer zu sprechen, man verstünde ja kein Wort. Er wiederholt, nicht wirklich langsamer, und wir – verstehen immer noch nichts. Also übersetzt sie, fragt nach, regt an, hat Vorschläge parat und hält so die keineswegs faden Fäden in der Hand. Als Vermittlerin führt sie auch den Dialog mit dem jungen Publikum und bezieht es aktiv mit ein.

Gemeinsam begibt man sich alsdann auf Abenteuerreise. Alle müssen mitrudern, ein Kind wird kurzerhand Kapitän, ein weiteres hütet den Geldbeutel, ein drittes wird Chef über den Proviant. Expeditionen auf fremde Inseln werden organisiert und dann muss noch einer Schlange zum Leben verholfen werden. Nur mit Hilfe der Kinder kehrt Sindbad schließlich glücklich und von seiner Langeweile geheilt nach Hause zurück. Die Erzählung ist mit der Musik von Elisabeth Naske atmosphärisch und dicht untermalt. Ihre charmante Kammermusik duftet nach Orient und ist doch nie Klischee.

Das Mitsing-Lied „Ihm ist fad“, das die ganze Aufführung durchzieht, begleitet einen auch dann noch, wenn Sinbads Langeweile längst verflogen ist, und behauptet sich neben vielen anderen Klängen des Festivals als freundlicher Ohrwurm. Mit diesem Stück präsentierte sich zugleich die Preisträgerin des Ideenwettbewerbs „Find it“ Elisabeth Naske mit einem ausgereiften Projekt. Die Realisierung ihres prämierten Wettbewerbbeitrags wird im kommenden Jahr stattfinden. Dann soll die Musik stärker ins Zentrum rücken und selber Trägerin der Handlung werden.

Markus Lüdke

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