nmz 2004/11 | Seite 30
53. Jahrgang | November
Verband Bayerischer
Sing- und Musikschulen
Musikschulen brauchen starke Kommunen
Dr. Uwe Brandl beim Bayerischen Musikschultag
Neugestaltung und gebietsübergreifendes Arbeiten hat der Präsident
des Bayerischen Gemeindetags Dr. Uwe Brandl in seiner Festrede zum
27. Bayerischen Musikschultag in Regensburg gefordert. Zum Festakt
am 15. Oktober, gaben sich rund 200 Gäste aus Politik, Bildung
und Kultur ein Stelldichein.
Der Bayerische Gemeindetag verstehe sich als „geborener Partner“
der Musikschulen, betonte der Präsident des Bayerischen Gemeindetags
in seiner Festansprache. Die Belastbarkeit der partnerschaftlichen
Kooperation sei jedoch vor dem Hintergrund der aktuellen Finanznot
bei der Suche nach neuen Strategien und Lösungsansätzen
beansprucht worden. Die finanziellen Einschnitte, die Kommunalpolitiker
vornehmen müssen, damit sie einen genehmigungsfähigen
Haushalt vorlegen können, seien vielerorts derart eingreifend,
dass die Existenz örtlicher Kultureinrichtungen gefährdet
ist. „Die Gemeinden wissen um die Werte wie Bildung, Erziehung
und bürgerschaftliches Engagement, dennoch sind zahlreiche
Gemeinden schlichtweg handlungsunfähig“, konstatierte
Brandl. Neue Wege müssten die Kommunen beschreiten, damit sie
zu einer lebendigen und gestaltungsfähigen kommunalen Selbstverwaltung
zurückkehren könnten. Im Kreis der Musikschulvertreter
warb er dafür, die Anliegen der bayerischen Kommunen offensiv
mit zu vertreten. Einen großen Appell richtete er an die Musikschulvertreter:
Musikschulen sollen durch Flexibilität und Bürgerorientierung
zur Neugestaltung beitragen. Brandl sieht in der Einbindung der
Musikschulen in die Ganztagsangebote an Schulen „einen guten
Ansatz“. Die Strategie, das klassische Schulangebot mit außerschulischen
Angeboten zu vernetzen, sei letztlich das Kernstück der sogenannten
offenen Ganztagsschule. „Die Gemeinden wehren sich zwar mit
Recht, in die Organisation und Finanzierung dieser Ganztagsschulen
eingebunden zu werden, da die Pädagogik in der staatlichen
Verantwortung liegt“, sagte Brandl. Aber die Gemeinden würden
auch den Bedarf erkennen, Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit
anzubieten, ihre verschiedenen Fähigkeiten zu stärken
und auszubauen. Brandl hob in diesem Zusammenhang die Bedeutung
der Musikschularbeit hervor: „Dort, wo die Fähigkeiten
der jungen Leute im musischen Bereich liegen, sind die Musikschulen
prädestinierte Partner vor Ort.“ Ihre „Waffen“
seien vor allem Kompetenz und Qualität, Flexibilität,
Nachfrageorientierung und finanzielle Gestaltung.
Die Beschäftigung mit Musik prägt die individuelle Persönlichkeit,
schafft Erfolgserlebnisse und fördert soziale Bindungen. Genau
daran aber mangle es vielen Kindern und Jugendlichen, so Brandl.
Deshalb könnten und müssten alle gemeinsam die Zeit des
Umbruchs als Zeit der Chancen verstehen. Er forderte „die
zukunftsfähige Neugestaltung zum Nutzen aller, die wir betreuen“.
Die Musikschulen bestärkte er in ihrem Weg, gemeinsam mit den
allgemein bildenden Schulen Ideen und Konzepte für gemeinsame
Projekte zu entwickeln. Allerdings müssten sie dabei ohne Patentrezepte
auskommen: „Jede Stadt, jeder Landkreis muss hier seinen eigenen
Weg finden.“ Zahlreiche Praxisbeispiele zeigten bereits gute
Erfolge.
Der örtlichen Musikschularbeit helfe jedoch noch eine weitere
kommunale Entwicklung. „Die interkommunale Zusammenarbeit,
die aus den finanziellen Schwierigkeiten der Gemeinden entstanden
ist, beschäftigt die Kommunen zusehends“, erläuterte
der Gemeindetags-Präsident. Die gebietsübergreifende Kooperation
sei zwar keine Lösung für alle Kommunen und für alle
Aufgabengebiete. Auch stünden eine ganze Reihe rechtlicher
Probleme und Kompetenzfragen im Wege. Dennoch sei der Gedanke der
gemeinsamen Aufgabenbewältigung dringend weiterzuverfolgen
und notwendige Schlussfolgerungen aus gut funktionierenden Beispielen
zu ziehen. „Im Musikschulwesen, egal ob auf Landkreisebene,
auf Zweckverbandsebene oder auf Vereinsebene gibt es bereits genügend
Beispiele funktionierender interkommunaler Zusammenarbeit“,
bekräftigte Brandl.
Zur Sicherung der Zukunft gehörten, so Brandl weiter, gut
ausgebildete junge Menschen, die mit Elan und Zuversicht die Zukunft
mitgestalten wollen. Der Präsident ist sich sicher: „Jeden
Euro, den wir in die Bildung investieren, wird sich unter diesem
Aspekt mehrfach amortisieren.“ Allerdings sei Bildung nicht
nur eine Angelegenheit der großen Städte und Ballungsräume.
Bildung müsse allen offen stehen – auch den jungen Leuten
im Allgäu oder im Bayerischen Wald. Die örtliche Präsenz
des Musikschulwesens in allen Landesteilen sei daher enorm wichtig.
Um das flächendeckende Ziel zu erreichen, bedürfe es
aber der kommunalen Gestaltungsfreiheit mit der dazu notwendigen
finanziellen Ausstattung. Kommunale Handlungsspielräume und
Selbstverwaltung sorgten dafür, dass die Infrastruktur vor
Ort intakt ist und die kulturellen Netze wieder besser funktionierten.
Nur starke Kommunen seien der Garant für starke Musikschulen.
„Blasen Sie denjenigen den Marsch, die es brauchen“,
ermutigte Brandl zum Abschluss seiner Rede die rund 200 Festgäste
im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses.