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nmz-archiv
nmz 2005/03 | Seite 34
54. Jahrgang | März
Arbeitskreis
Musik in der Jugend
Litauen und Amerika: das geht gut
Chorleiter-Forum mit Referenten aus den USA und Litauen
Zusammen mit dem Deutschen Centrum für Chormusik hat der
Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) das Chorleiter-Forum etabliert,
dass verbandsoffen versucht, Chorleiter aus der Bundesrepublik und
darüber hinaus zusammenzuführen, zum gegenseitigen Kennenlernen,
zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch und zum gemeinsamen Arbeiten
im europaweit einmaligen Centrum für Chormusik.
Über 100 Chorleiterinnen und Chorleiter waren bereits zum
elften Mal vom 21. bis zum 23. Januar in Limburg, um neue internationale
Chorliteratur kennen zu lernen. Dabei hatten die Veranstalter den
Bogen besonders weit gespannt. Zum einen hatten sie Stan Engebretson
aus den USA eingeladen, und zum anderen Vytautas Miskinis aus Litauen,
Professor für Chorleitung in Vilnius. Walter Vorwerk hat im
Auftrag von DeutschlandRadio Berlin diese Veranstaltung schon mehrfach
beobachtet und darüber berichtet. Auch diesmal kam er mit den
Protagonisten und Teilnehmern ins Gespräch:
Stan Engebretson ist ganz bei der Sache und die Chorleiterinnen
und Chorleiter im Auditorium nehmen all seine Hinweise interessiert
auf. Sie wissen, vor ihnen steht ein Musiker, der an der Mason-Universität
von Washington D.C. nicht nur Chorleiter ausbildet, sondern selbst
fünf Chöre leitet, davon drei Jazz-Chöre. Von dem
Mann kann man also eine Menge lernen.
Und auch er selbst ist vom Chorleiter-Forum begeistert: „Ich
mag diese deutschen Chorleiter hier, weil ihre Ausbildung wunderbar
ist und weil sie in der Lage sind, sehr unterschiedliche Musik prima
vista problemlos aufzufassen. Das ist ein erstaunliches Niveau.
Und dann lernen sie begierig, was wir ihnen hier anbieten –
Musik vom Baltikum, Musik aus Amerika, von Skandinavien und so weiter.
Das ist wirklich beachtlich, wenn ein Land so ein Ausbildungsniveau
vorweisen kann. Für einen Kulturaustausch ist das der beste
Platz der Welt. Und so verstehen wir uns mittels der universellen
Sprache, der Musik.“
Diese Verbindung zwischen den USA und Deutschland klappt vorzüglich:
„Immer wenn ich nach Deutschland komme, gewinne ich fünf
neue Freunde. Seit vielen Jahren haben wir einen amerikanisch-deutschen
Choraustausch. Und so sind seit den 80er-Jahren 24 deutsche Chöre
zu uns und 24 amerikanische Chöre nach Deutschland gekommen.
Es haben sich viele schöne Freundschaften gebildet, die 20
Jahre später auch noch halten. Zwei-drei Mal im Jahr komme
ich nach Deutschland, um Konzerte zu geben. Der Choraustausch ist
in der Tat enorm wichtig, weil wir damit auch die neue Generation
einbeziehen können und es neue Freunde gibt.“
Der zweite Referent beim Chorleiterforum kam aus der litauischen
Hauptstadt Vilnius. Vytautas Miskinis unterrichtet nicht nur Chorleitung
an der dortigen Musikakademie, sondern ist außerdem künstlerischer
Leiter des Knaben – und Männerchores „Azuoliukas“.
Das kompositorische Œuvre des 50-Jährigen umfasst bereits
über 600 Werke, darunter 15 Messen und viele andere Vokal-
und Instrumentalwerke. Seine Musik ist völlig verschieden von
der, die Stan Engebretson aus Amerika vorgestellt hat, trotzdem
spürt man während des Wochenendes, dass sich der Amerikaner
und der Litauer gut verstehen.
Miskinis antwortet Walter Vorwerk von DeutschlandRadio: „Ja,
ich kenne ihn sehr gut, weil er mein Kollege beim Festival Europa
Cantat in Nevers in Frankreich war. Stan hat für mich bei unserer
Aufführung der „Chichester Psalms“ von Leonard
Bernstein die Orgel gespielt. Das war mein Workshop beim Festival.
Und seitdem sind wir sehr gute Freunde. Ich war mit meinem Chor
in den USA und wir haben gemeinsam mit seinem Chor in Washington
die „Psalms“ gesungen. Ich mag ihn sehr und er ist ein
sehr guter Musiker.“
Während des Workshops von Stan Engebretson konnte man beobachten,
dass sich Vytautas Miškinis viele Notizen machte: „Ich
bin nicht nur Lehrer meiner Studenten, ich lerne auch jeden Tag
von meinen Kollegen. Und Stan ist, wie ich schon sagte, ein sehr
guter Musiker und von ihm kann man eine Menge lernen. Wenn du Lehrer
bist und wenn du etwas lehren willst, dann musst du dich bilden.
Und ich lasse da keine Gelegenheit aus, zu hören und zu sehen,
wie es meine berühmten Kollegen machen. Das ist für mich
hier auch eine Lektion.“
Aber auch die Teilnehmer waren von den beiden Workshops begeistert
und haben viel gelernt.
Prof. Kurt Suttner, der mit seinem via-nova-Chor einen Schwerpunkt
in der Erarbeitung neuer Chorliteratur gelegt hat, betont die Wichtigkeit
der Begegnung, der unmittelbaren Begegnung, mit neuer Musik. Die
Teilnehmer sehen die Chance direkt vom Komponisten zu hören,
wie er seine Musik interpretiert, als sehr wertvoll an und freuen
sich damit die neuen Erfahrungen an ihre Chöre weiter zugeben.
Denn der unmittelbare Zugang zu Neuer, zeitgenössischer Chormusik
ist sehr wertvoll für die qualifizierte Chorarbeit, sei es
mit einem Kinderchor, einem Laienchor oder einem (semi)professionellen
Ensemble.