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nmz-archiv
nmz 2005/03 | Seite 13
54. Jahrgang | März
Pädagogik
Arbeitstagung Institut für Neue Musik Darmstadt
Das Unwort des Jahres 2004 hieß „Humankapital“.
Eine sechsköpfige Jury aus Sprachwissenschaftlern in Frankfurt
war der Auffassung, das Wort degradiere nicht nur Arbeitskräfte
in Betrieben, sondern Menschen überhaupt „zu nur noch
ökonomisch interessanten Größen“. Für
das Unwort des Jahres 2005 möchte man als Musikjournalist schon
im März das Wort „Musikvermittlung“ vorschlagen.
Inflationär eingesetzt von Konzertinstitutionen, Hochschulen
und selbsternannten Musikvermittlern, steht es inzwischen oft nur
noch für das verzweifelte Bemühen im Überangebot
mittelmäßiger Konzerte für das Eigene möglichst
effektvoll zu trommeln.
Dabei existiert – unabhängig vom modischen Musikvermittlungswahn
– seit Jahrzehnten ein Institut für Musikvermittlung:
das Institut für Neue Musik und Musikpädagogik in Darmstadt.
Vom 30. März bis zum 3. April lädt es zur 59. Arbeitstagung
unter dem Thema „Musik inszeniert. Präsentation und Vermittlung
zeitgenössischer Musik heute“.
Musikwissenschaftler, Musikpädagogen, Interpreten und Komponisten
nähern sich von ihrer jeweiligen Warte aus der „Inszenierung“
von Musik und Konzert. Künstler wie Iva Bittova, Erwin Stache,
Markus Schmickler und Thomas Lehn stellen ihre Klangwelten in Aufführungen
und Gesprächen vor. Inwieweit sich Vermittlung im Zeitalter
von globaler Musikvermarktung unterscheidet, erläutern Beiträge
ostasiatischer Musiker.
Die 49. Arbeitstagung des Instituts für Neue Musik und Musikpädagogik
löst sich von der Idee eines musikwissenschaftlichen Kongresses
im strengen Sinn. Ein neu zusammengesetzter Institutsvorstand richtet
in diesem Jahr das Augenmerk nicht länger nur auf hehre Musikpädagogik
oder Musikwissenschaft, im Zentrum der jährlichen Arbeitstagung
steht nicht länger die einzelne Partitur. Die neue Linie heißt
Kontextbildung. Eine Vernetzung aller Veranstaltungen wird angestrebt.
Das heißt die Diskussion gewinnt an Bedeutung gegenüber
den Vorträgen, es gibt kaum noch parallele Veranstaltungen,
und diese sind stärker moderiert als in früheren Tagen.
An vier Tagen bilden vier unterschiedliche inhaltliche Gewichtungen
die Struktur der Tagung. Tag eins beginnt mit „Prolog Stadtmusik“.
An verschiedenen Orten in Darmstadt spricht die Tagung das breite
Konzertpublikum an, unter anderem mit Projekten von Katja Erdmann-Rajski
und der Versfabrik. Der zweite Tag ist der Theorie und der Praxis
der Konzertvermittlung Neuer Musik gewidmet. Tag drei widmet sich
dem Zusammenhang „Komponist – Interpret – Werk
– Resonanz“ am Beispiel des Werkes von Helmut Lachenmann,
der anwesend sein wird. Isabel Mundry, Jörn-Peter Hiekel und
Hans-Peter Jahn nähern sich dem „Thema Lachenmann“
auf unterschiedliche Art und Weise. Der Komponist wird sowohl tagsüber
als auch beim abendlichen Konzert mit eigenen Werken am Klavier
zu hören sein und ist auch bei einer Diskussionsrunde dabei.
Der vierte Tag ist durch zwei sehr konträre Themen geprägt.
Am Morgen untersuchen Alexander Schwan und Matthias Kugler (SWR
3) die Inszenierung und Vermarktung von Pop durch die Medien. Ab
14 Uhr bis einschließlich des Abendkonzertes steht das Werk
Wolfgang Rihms im „Kontext musikalischer Tradition und des
aktuellen Musiklebens“.