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nmz-archiv
nmz 2005/03 | Seite 42
54. Jahrgang | März
Bücher
Sinnliche Denkanstöße
Die treibenden Kräfte der Musikschule wieder entdecken
Peter Röbke: Musikschule – wozu? Warum eine
Musikschule dem Land, der Gemeinde, dem Bürgermeister, dem
Lehrer, dem Schüler, den Eltern, dem Leiter lieb und teuer
sein sollte. Volkskultur Niederösterreich, Atzenbrugg 2004.
238 Seiten, € 16,50, ISBN 3-901820-18-3
Vom Stellenwert der musikalischen Früherziehung bis hin zum
Sinn des häuslichen Übens, über Leistungsanspruch
und Motivation, Lehrer-Schülerbeziehungen und „flow“
– alles ist in Peter Röbkes Buch enthalten. Ein Katalog
von Fragen und Antworten ist es dennoch nicht, stattdessen bleibt
der Autor seinem Ansatz treu: Musikunterricht hat mit Sinnesschulung
und Ästhetik zu tun. Sein Text ist poetisch, bildhaft und inspirierend.
Er argumentiert leidenschaftlich für die Institution Musikschule,
lässt aber die Transferargumentation (Musik fördert die
Intelligenz, ist Gewaltprophylaxe etc.) links liegen; denn sie „ignoriert
das Eigentliche“ und spannt stattdessen die Kunst „vor
den Karren irgendwelcher Zwecke“. Das Buch wird Instrumental-
und Tanzschüler, Eltern, Politiker und Musikinteressierte gleichermaßen
faszinieren, vor allem aber auch Lehrer. Da kommt zur rechten Zeit
eine sinnliche Lektüre daher, die sich wie eine homöopathische
Apotheke voller sanfter aber tief greifender Arzneien anbietet.
Denkanstöße in allen 21 Kapiteln zeigen, dass sich fast
jede Art von Ermüdungserscheinung durch die Beschäftigung
mit der Materie, „Musik und Musizieren“ überwinden
lässt. Echte Szenen aus dem Unterricht beschönigen die
harte Arbeit nicht, zeigen aber auch Momente, in denen der „Augenblick
des Gelingens“ Lehrer und Schüler gleichermaßen
beflügelt. Erzählungen über Konzerte und Projekte,
die Zuhörer und Musiker bewegten, wecken wieder den schlafenden
Enthusiasmus für Musikschularbeit. Diese Medizin ist unerlässlich
für uns, denn viele Kollegen fühlen sich nach Jahren des
Unterrichtens ziemlich leer gebrannt und wissen nicht, wie sie neue
Energien mobilisieren sollen. Der Autor, Peter Röbke, ehemaliger
Leiter der Musikschule Wedding und nun seit zehn Jahren Professor
an der Wiener Musikuniversität, legt ein ausgewogenes und abwechslungsreiches
Buch vor. Mit Geschichten über den Genuss von gutem Bordeaux
oder einen Besuch in Venedig illustriert er das „befreiende
Potential des Schönen und der Kunst“. In seinen lebendigen
Beschreibungen des Musikschullebens sowie wissenschaftlichen Erkenntnissen
und weiterführenden Sachinformationen findet jeder Leser seine
eigene Antwort auf die Frage: „Musikschule – wozu?“