Ebenso wie die Daten der Umsatzsteuerstatistik in der Studie „Kulturberufe
in Deutschland“ mit denen des Mikrozensus verglichen wurden
und sich hier zeigte, dass nur ein kleiner Teil der Selbstständigen
in den Kulturberufen einen Umsatz erwirtschaftet, der umsatzsteuerstatistisch
erfasst wird, grenzt ein Vergleich der Beschäftigtenstatistik
der Bundesagentur für Arbeit mit dem Mikrozensus die Zahl der
abhängig Beschäftigten ein. Dieses liegt in erster Linie
daran, dass der Mikrozensus, wie beschrieben, einen umfassenderen
Begriff von Beschäftigung anlegt als die Beschäftigtenstatistik.
Doch weichen die Daten nicht so stark voneinander ab, wie der Vergleich
des Mikrozensus mit der Umsatzsteuerstatistik.
Insgesamt 76 Prozent der vom Mikrozensus erfassten abhängig
Beschäftigten in den Kulturberufen werden auch in der Beschäftigtenstatistik
geführt, das heißt diese haben ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis. Betrachtet man die einzelnen
Berufsgruppen ergibt sich folgendes Bild (Kulturberufe in Deutschland
Tabelle 11):
• 94 Prozent der im Mikrozensus geführten abhängig
beschäftigten Fotografen werden auch in der Beschäftigtenstatistik
geführt,
• dies gilt ebenfalls für 91 Prozent der Musiker, Sänger
und Darstellenden Künstler,
• für 83 Prozent der Lehrer für musische Fächer,
• für 81 Prozent der Architekten und Raumplaner,
• für 74 Prozent der Geisteswissenschaftler,
• für 73 Prozent der Publizisten,
• für 72 Prozent der Bibliothekare, Archivare und Museumsberufe,
• für 69 Prozent der künstlerisch-technischen Berufe,
• für 68 Prozent der Bildenden Künstler im Bereich
angewandte Kunst/Design,
• für 60 Prozent der Raum-, Schauwerbegestalter,
• für 45 Prozent der Dolmetscher.
Festzuhalten ist zuerst, dass bis auf die Dolmetscher immerhin
über 60 Prozent der im Mikrozensus als abhängig Beschäftigte
in Kulturberufen Geführte sich in der Beschäftigtenstatistik
wiederfinden. Eine solitäre Stellung nehmen die Dolmetscher
ein. Nur 45 Prozent der Dolmetscher aus den Daten des Mikrozensus
werden auch in der Beschäftigtenstatistik geführt. Das
heißt im Umkehrschluss immerhin 55 Prozent in der Berufsgruppe
verdienen weniger als 400 Euro im Monat oder arbeiten weniger als
15 Wochenstunden und werden daher der Bundesanstalt für Arbeit
nicht als abhängig beschäftigt gemeldet.
Demgegenüber sind 94 Prozent der Fotografen, zu denen in
den hier zur Diskussion stehenden Statistiken auch die Kameraleute
gerechnet werden, aus dem Mikrozensus auch nach der Beschäftigtenstatistik
abhängig beschäftigt. Einen ähnlich hohen Wert erreichen
die darstellenden Künstler, Musiker und Sänger. Sie verfügen
im Vergleich zu anderen Berufsgruppen im Kulturbereich über
eine relativ hohe soziale Absicherung, da sie zu 91 Prozent sozialversicherungspflichtig
beschäftigt werden. Schauspieler werden auch dann sozialversicherungspflichtig
beschäftigt, wenn sie beispielsweise in einem Fernsehfilm mitwirken,
zehn Drehtage haben und danach wieder arbeitslos sind. Also anders
als beispielsweise bei den Bildenden Künstlern, bei denen die
selbstständige Tätigkeit vorherrschend ist und bei einer
kurzzeitigen Beschäftigung eher ein Werkvertrag geschlossen
als ein Angestelltenverhältnis eingegangen wird, ist es bei
den darstellenden Künstlern üblich, dass auch bei kurzzeitigen
Beschäftigungen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis
geschlossen wird. Dieses ermöglichte den Künstlern sich
während der offiziellen Arbeitslosigkeit auf neue Rollen vorzubereiten.
Die Filmproduktionsfirmen haben die Möglichkeit, die Schauspieler
tatsächlich nur die Drehtage zu beschäftigen. Die gesamte
Vorbereitungszeit wird letztlich von der Bundesagentur für
Arbeit, also den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern über ihre
Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, bezahlt. Das „Dritte
Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“
wird die Fortführung der bisherigen Praxis unmöglich machen.
Ab dem 1. Februar 2006 entsteht ein Anspruch auf Arbeitslosengeld
erst, wenn innerhalb der letzten zwei Jahre zwölf Monate mit
Versicherungspflicht vorliegen. Bislang sind die letzten drei Jahre
maßgebend. Für Schauspieler, Regisseure, Kameraleute,
Kostümbildner, die nicht fest an einem Theater beschäftigt
sind, wird es schwer sein, die neuen Anforderungen zu erfüllen.
Zusätzlich ist nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit
der Trend zu einer Reduzierung von Gagen und Honoraren festzustellen,
bei gleichzeitiger Erhöhung der Leistungserwartung. Sofern
Tariflöhne existieren, werden diese teilweise unterschritten.
Ebenso verlangen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit
Fernsehproduzenten und -sender umfangreichere Rechteübertragungen
von Schauspielern und Regisseuren ohne Zahlung von Zusatz- oder
Wiederholungshonoraren. Das heißt die zunächst sehr positiv
aussehende soziale Absicherung der Künstler von Bühne,
Film und Theater ist bei genauerer Betrachtung nicht so günstig
wie es auf den ersten Blick erscheint. Bereits jetzt zeichnet sich
ein Trend ab, dass mehr und mehr Künstler selbstständig
und nicht mehr abhängig beschäftigt arbeiten wollen. Sie
werden voraussichtlich Mitglied der Künstlerversicherung werden,
so dass ein weiterer Anstieg der Versichertenzahl in der Künstlersozialkasse
zu erwarten ist.
Auffallend ist auch, dass von den Bibliothekaren, Archivaren und
Museumsfachleuten nur 72 Prozent einen sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsplatz haben. Bemerkenswert ist dies vor allem deshalb, weil
gerade bei den Bibliothekaren und Archivaren in der Vergangenheit
das abhängige Vollzeitbeschäftigungsverhältnis die
Regel und die Selbstständigkeit die seltene Ausnahme war. Jetzt
verfügen immerhin 28 Prozent über einen Arbeitsplatz,
bei dem die Beschäftigung unter 15 Wochenstunden oder der Verdienst
unter 400 Euro im Monat liegt. In „Kulturberufe in Deutschland“
wird unter Nutzung von Daten der Beschäftigtenstatistik und
Prognosen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
angenommen, dass die Schrumpfung des kulturellen Arbeitsmarktes
für abhängig Beschäftigte nach einem Höhepunkt
im Jahr 2001 mit 351.300 Arbeitsplätzen weiter anhalten wird,
so dass voraussichtlich im abgelaufenen Jahr 2004 die Zahl der sozialversicherungspflichtigen
Arbeitsplätze im Kulturbereich bei 332.500 gelegen haben wird,
was in etwa dem Niveau von 1995 mit 330.000 Arbeitsplätzen
entspricht.
Vor diesem Hintergrund wundert es wenig, dass im Museumsbereich
die Ein-Euro-Jobs mit gemischten Gefühlen betrachtet werden.
Die Finanznot der öffentlichen Haushalte zwingt die Kultureinrichtungen
inzwischen auch an den Personalkosten zu sparen, nachdem die Sparmöglichkeiten
bei den Sachkostenetats ausgeschöpft worden sind. Zugleich
gibt es genügend qualifiziertes Personal, das auch bereit ist,
auf Werkvertrags- oder Honorarbasis zu arbeiten. Wahrscheinlich
wird es ebenso nicht schwer sein, langzeitarbeitslose Akademiker
zu finden, die mittels eines Ein-Euro-Jobs in einem Museum den Wiedereinstieg
in das Berufsleben erhoffen.
Ebenso wenig erstaunt, dass der künstlerische Bereich der
Theater von Ein-Euro-Jobs weniger betroffen sein wird. Hier bestehen
offensichtlich – glücklicherweise – noch Sozialstandards,
die ein Aufweichen der Beschäftigungsverhältnisse verhindern.
Die vorliegenden Daten und die Berichte aus den Kultureinrichtungen
lassen die Prognose zu, dass die Entwicklung des Arbeitsmarktes
Kultur zu einem Arbeitsmarkt der Selbstständigen anhalten wird.
Passiert kein Wunder, verdient jedoch nur ein kleiner Teil der Selbstständigen
im Kulturbereich auskömmlich. Die breite Masse wird auf zusätzliche
Unterstützungsmaßnahmen angewiesen sein. Die abhängige
Beschäftigung, das heißt das normale Angestelltenverhältnis,
wird weiterhin abnehmen. Eine Festanstellung gehört fast schon
der Vergangenheit an. Befristete Verträge sind auch bei abhängig
Beschäftigten inzwischen eher die Regel als die Ausnahme geworden.
Wenn der Arbeitsmarkt Kultur ein Modell für die Zukunft ist,
wie von manchen prognostiziert, so in erster Linie als Modell einer
unsicheren, meist selbstständigen Beschäftigung. Die Euphorie
über die wachsende Zahl an Beschäftigten wird gedämpft,
betrachtet man deren Einkommenssituation. Es scheint so zu sein,
dass in anderen Branchen auf hohe Umsatzrenditen gezielt wird, bei
gleichzeitiger Inkaufnahme einer sinkenden Zahl an Beschäftigten,
wie es derzeit die Deutsche Bank mit einem Rekordgewinn und gleichzeitig
verkündeten Abbau von Arbeitsplätzen vormacht. Im Kulturbereich
hingegen wird ein Wachstum an Beschäftigten begrüßt,
wie es die Kulturstaatsministerin in ihrer Rede zur Vorstellung
der Studie „Kulturberufe in Deutschland“ formulierte,
bei gleichzeitigem Schweigen über die geringen Umsätze.
Beide Modelle sind unter gesellschaftspolitischem Blickwinkel sicherlich
wenig zielführend.