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nmz-archiv
nmz 2005/05 | Seite 21
54. Jahrgang | Mai
Pädagogik
Jungen Gitarristen eine Chance bieten
Der Anna-Amalia-Wettbewerb in Weimar
Schließlich durften sie doch noch in der Goethe-Schiller-Stadt
antreten, die über 70 jungen Gitarristen, zwischen 8 und 20
Jahre alt, aus 12 europäischen Ländern. Um die wackelnde
Finanzierung doch noch zu sichern, halfen sie in letzter Minute
zusammen: der Justizminister ergänzte aus seinem Lotto-Sack,
was das Budget des Kultusministers nicht mehr erlaubte. Und auch
Degussa-Gold („forschen, bilden, erhalten“), die Orts-
und Landes-Sparkassen-Stiftungen sowie weitere Spender aus der Region
hatten ebenso begriffen, dass der Einsatz für das von jungen
Menschen meistgefragte Musikschulinstrument eine lohnende Investition
ist, der man sich nicht verschließen sollte. Noch dazu wenn
hier in Musik Heranwachsende herausragende Beispiele musikalischer
Leistung und künstlerischer Ausdrucksfähigkeit liefern,
Gleichaltrige mit Spannung zuhören und von einander lernen.
Auf dem Podium stehen sie ein wenig im Schatten der streichenden,
blasenden und in die Tasten greifenden Musikerkommilitonen. Die
Gitarre ist ein stilleres Instrument, aber hoch sensibel, wenn geübte,
flinke Hände die sechs Saiten zum Klingen bringen und eine
musikalische Kultur bis zur dramatischen Klangfülle entfallen
lassen, vor allem wenn dahinter junge Menschenkinder sitzen, die
ganz versunken ihre Musik zwischen Bach und Avantgarde gestalten.
Das zu erleben, war das eindrucksvollste in diesem für Kinder
und Jugendliche zum siebten Male ausgeschriebenen Gitarrenwettbewerb.
Der Herzogin Anna Amalia deshalb gewidmet, weil sie vor über
zwei Jahrhunderten die Gitarre aus Italien nach Weimar importierte
und hier dem Instrument Glanz und Würde verschaffte. Heute
steht dahinter – ganz schlicht Weimarer Gitarre-Verein genannt
– ein Häuflein ehrenamtlich engagierter Künstler
und Pädagogen, vorne dran der Weimarer Hochschulprofessor Jürgen
Rost und sein Adlatus Heiner Donath. Ihnen öffnete sich das
wohlbekannte Musikgymnasium Schloss Belvedere mit seiner exquisiten
Saalbau-Akustik und zum Abschluss der erneuerte Hochschul-Konzertsaal.
Der Jury, die die Teilnehmer nicht nur bewertete, sondern anschließend
auch beratende Gespräche anbot, gehörten unter dem Vorsitz
von Monika Rost an Vincent Airault aus Paris, Nora Buschmann aus
Berlin, Alfred Eickholt aus Wuppertal, Konrad Ragossnig aus Wien
und Petr Saidl aus dem ostböhmischen Pardubice (Tschechien).
Sie durften in den drei Altersgruppen Preise in Gesamthöhe
von 5.000 Euro vergeben, so etwa die 1. Preise an Andrea Gonzales
Caballero (12 Jahre) aus Spanien, Petr Beneš (16) aus Tschechien
und Magdalena Kaltcheva (17) aus Deutschland, während die weiteren
Auszeichnungen an nicht weniger exzellente Leistungen aus Kroatien,
Bosnien-Herzegowina, Polen und Rumänien gingen, so auch der
„EMCY Art for Music Prize“ an den Tschechen Petr Beneš
als dem höchstpunktierten Preisträger.
Der Wettbewerb ist gleichsam in ein Festival gebettet mit Instrumenten-
und Musikalienschau und Konzertbeiträgen internationaler Künstler
und ehemaliger Laureaten. Umgekehrt stellten diesjäh-rige Preisträger
bei den gleichzeitigen Frühjahrstagen für zeitgenössische
Musik in Weimar ihr Pflichtprogramm vor, das die Thüringer
Komponisten Baldur Böhme, Johannes K. Hildebrandt, Franz Just
und Helmut Lang im Auftrage des Veranstalters geschrieben hatten.
Dafür zeichnete der Verein „via nova – zeitgenössische
Musik in Thüringen“ die besten Interpretationen dieser
Pflichtstücke mit Sonderpreisen aus.
In zwei Jahren sind wiederum Kinder und Jugendliche bis zu 20 Jahren
zum nächsten „Anna Amalia Gitarrenwettbewerb“ geladen.