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nmz-archiv
nmz 2005/05 | Seite 39
54. Jahrgang | Mai
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Arnold Schönberg: Gurrelieder (bearbeitet
für Cello und Klavier); Martin von Hopffgarten, Cello; Clemens
Kröger, Klavier; Michael Rensburg, Sprecher
Antes BM-CD 14.9006
Bei aller Liebe für Bearbeitungen, für die der Schönberg-Kreis
wunderbare Beispiele gab. Doch das Monumentalwerk der Gurrelieder,
das so sehr aus Klang und Farbe heraus lebt, wirkt in der Reduzierung
auf Klavier und ein Melodieinstrument doch allzu kläglich.
Denn es will doch mehr als nur behelfender Klavierauszug sein,
schafft dies aber nicht.
Moritz Eggert: Hämmerklavier XII: highway 61; La Riposta;
Riff; Fast Forward; There Was A Building; Moritz Eggert
und andere
Deutsche Media Productions GmbH & Co BTLCHR 712201
Moritz Eggert ist ein unersättlicher Musikant. Treibt ihn
eine Idee, etwa das Blues-Feeling zwischen Klischee und Substanz
oder der Sound von E-Gitarren mit all seinen Verwertungsstrukturen
(Riff), dann beißt er sich fest und treibt die Ideen bis
zur Erschöpfung. Es hat etwas von der Unersättlichkeit
eines Kindes bei seinem Lieblings-Spiel.
Felix Mendelssohn-Bartholdy: Sämtliche Streichquartette,
Oktett für Streicher; Emerson String Quartet
DG 00289 477 5370
Das Emerson String Quartet ist ein exorbitantes Ensemble. Großartig
auch die Einspielungen sämtlicher Mendelssohn-Quartette:
genau in der Diktion, immer präsent, zwingend klar. Was den
Musikern nicht ganz so liegt, ist das Moment der naturhaften Freiheit,
das immer wieder bei Mendelssohn aufblitzt – am entschiedensten
vielleicht im jugendlichen Oktett, das hier eine Spur zu streng
geriet.
Mahler: Lieder eines fahrenden Gesellen; Sinfonie Nr.
4; Susan Maclean, Hélène Lindqvist, Gesang;
die taschenphilharmonie, Peter Stangel. (Neos PR 90607). Beethoven:
Eroica; Ensemble 28, Daniel Grossmann. (Neos PR 90658)
Die hohe Bewertung trägt auch dem Mut Rechnung, heute ein
neues Label zu starten und zugleich zu versuchen, kühne interpretatorische
Akzente zu setzen. Denn das macht das Label Neos, es bürstet
Interpretationserwartungen wider den Strich und führt die
Musik wieder ein Stück zu sich selbst und weg von ihrer medialen
Aufbereitung. Die Stücke von Mahler sind im Umfeld der Aktivitäten
des Vereins für musikalische Privataufführungen von
Arnold Schönberg und Erwin Stein (4. Sinfonie) für Kammerensemble
eingerichtet. In solcher Klarheit und Transparenz hat man aber
selten Bearbeitungen aus dem Schönberg-Kreis gespielt gehört.
Peter Stangel, selbst Komponist, ist ein erstaunlich hellhöriger,
vom Geist der Musik inspirierter Dirigent. Die Vierte wirkt wie
frisch geboren, vielgestaltig, gestenreich, fein und schroff zugleich,
ihre Konturen werden auf spektakuläre Weise geschärft
– eine Hör-Entdeckung. Nicht minder interessant ist
das zweite Projekt des jungen Labels: Beethovens Eroica, aufgenommen
am Uraufführungsort (im Lobkowitz-Palais, Wien) und folgerichtig
auch in der Uraufführungs-Besetzung. 28 Musiker waren das
damals, für den revolutionären Duktus dieser Musik fast
aufrührerisch wenig. Das war freilich Beethovens Mindestforderung
(vier erste und vier zweite Violinen, zwei Kontrabässe et
cetera). Sie schüttelt unsere Hörerfahrung gehörig
durcheinander, diese Eroica im Taschenformat. Aber wie wunderbar
geschmeidig kommen hier die raschen Tempi daher, wie entleert
wirkt der Klang von falschem, aufgesetztem Pathos, dem freilich
eine enorme energetische Anspannung entgegensteht. Der junge,
28-jährige Daniel Grossmann beweist hier erstaunliches Format.