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nmz-archiv
nmz 2005/06 | Seite 10
54. Jahrgang | Juni
Cluster
Musik der Sterne
„Wohnzimmerkrieg 3“ heißt das Bild der Berliner
Malerin Myriam Quiel auf Seite 34 dieser neuen musikzeitung. Bitte
nachschlagen, bevor Sie hier weiterlesen. An dem Wochenende, an
dem dieser Cluster geschrieben wurde, herrschte in den Kinderzimmern
bundesweit „Krieg der Sterne“.
Die Gespräche und Spiele der Jungs drehten sich um Yedi-Ritter,
Kopfgeldjäger, Wookies und Ewoks, es ging um ferne intergalaktische
Reisen, um Zweikämpfe und Sternenkrieg. „Die Rache der
Sith“, die neueste Folge des Kinomythos von George Lucas,
der mit dieser sechsten Episode nach 30 Jahren vollendet wird, hatte
Premiere. Auch wenn man weiß, dass Mythen, Sagen und Abenteuerromane
– angefangen bei Homers Odyssee über die Edda bis hin
zu den Zinnsoldatenspielen des Biedermeier oder Friedrich Schillers
Räuber-Verklärungen – schon immer vor Gewalt und
kriegerischer Auseinandersetzung strotzten, ein bisschen wird man
nachdenklich, bei diesen kindlichen Unterhaltungen und Spielen.
Verarbeiten sie nur die kriegerische Gegenwart (seit dem Ende des
Zweiten Weltkrieges vor 60 Jahren fanden weltweit über 200
Kriege statt oder dauern an), oder bereiten die Heranwachsenden
sich auf ihre Rolle als Mitspieler und Soldaten im globalen Nord-Süd-Konflikt
vor?
Um endlich zur Musik zu kommen: Mir sind kürzlich in einem
abgelegenen Schweizer Bergtal in einem idyllischen Ort namens Poschiavo
18 Außerirdische ganz anderer Art begegnet. Das Sun Ra Arkestra
unter der kongenialen Leitung des 81-jährigen Sun Ra Nachfolgers
Marshall Allen ist nach wie vor zwischen den Welten unterwegs (We
travel the spaceways/From planet to planet). Für die Nichteingeweihten:
Sun Ra wurde 1914 als Hermann Poole Blount geboren. Zusammen mit
Cecil Taylor gehört er zu den wichtigsten Pionieren des Freejazz
und nutzte als einer der ersten elektronische Instrumente für
seine Musik. Sun Ra leitete von 1952 bis zu seinem Tod 1993 das
Sun Ra Arkestra. In seinen Schriften betonte er wiederholt, dass
er den Saturn als seinen eigentlichen Heimatplaneten ansehe. Gelandet
in Poschiavo gab sein Arkestra nicht nur zwei fulminante Konzerte,
sondern auch einen Workshop für Kinder und Jugendliche aus
Poschiavo. Das sind Weltraum-Tripps wie ich sie mir für unsere
Kinder wünsche. Festival-Veranstalter, die sich für interplanetarischen
Kulturaustausch interessieren, können sich informieren unter
www.uncool.ch