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nmz 2005/06 | Seite 13-14
54. Jahrgang | Juni
Kulturpolitik

Kultur 2007: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Zum neuen Kulturförderprogramm der EU · Von Ruth Jakobi

Im Jahr 2006 läuft das aktuelle EU-Förderprogramm „Kultur 2000“ aus. Die Gestaltung eines Nachfolgeprogramms wird derzeit in der EU-Kommission, im Parlament und im Ministerrat diskutiert. Der Europäische Musikrat hat sich – gemeinsam mit vielen Musik- und Kulturorganisationen, die auf europäischer Ebene aktiv sind – an der Diskussion beteiligt. Eine der Hauptforderungen ist – wie könnte es anders sein – die nach mehr Geld. Aber es gibt noch andere Diskussionspunkte von ebenso großer Bedeutung, die von dem finanziellen Begehren nicht völlig in den Schatten gestellt werden sollten.

Lebendige Traditionen, präsentiert vom Gastgeber der EMC Konferenz, dem Ungarischen Musikrat. Foto: Sonja Greiner

Lebendige Traditionen, präsentiert vom Gastgeber der EMC Konferenz, dem Ungarischen Musikrat. Foto: Sonja Greiner

Das neue Kulturförderprogramm der EU, das den pragmatischen Namen „Kultur 2007“ trägt, tritt im Jahr 2007 in Kraft und soll bis 2013 laufen. Das Programm will große Kooperationsprojekte verschiedener Organisatoren aus mehreren Ländern fördern. Ein besonders wichtiges Kriterium ist der „europäische Mehrwert“, der das Projekt von anderen nationalen oder regionalen Kooperationen unterscheidet, die Idee Europa voranträgt und eine Identifizierung der Bürgerinnen und Bürger mit Europa fördert. Kulturelle Vielfalt und Mobilität sind weitere Prioritäten. Das Programm ist mit derzeit 408 Millionen Euro über die gesamte Laufzeit ausgestattet, was jährlich etwa 7 Cent pro EU-Bürger/-in entspricht. – Die Forderung nach mehr Geld liegt auf der Hand.

Daher haben die Kulturorganisationen EFAH (European Forum for the Arts and Heritage – Europäisches Forum für Kunst und kulturelles Erbe) und ECF (European Cultural Foundation – Europäische Kulturstiftung) die Kampagne „70 Cents for Culture!“ (70 Cent für die Kultur) gestartet, eine Initiative die der Europäische Musikrat (EMC – European Music Council) unterstützt. Die Kampagne fordert die Erhöhung des Budgets für das Programm „Kultur 2007“ auf circa 315 Millionen Euro jährlich, was in etwa 70 Cent pro Jahr und Kopf entspräche. – Keine übertrieben hohe Forderung, zumal allerorten und auf höchster Ebene die Bedeutung von Kultur als Wirtschafts- und Standortfaktor, die Bedeutung von Kultur für friedvolles Zusammenleben und die Bedeutung von Kultur für die europäische Identität betont werden. Dennoch – so heißt es – können wir Kulturschaffenden froh sein, wenn das Budget von 408 Millionen überhaupt so beschlossen und nicht noch weiter reduziert wird. Alle, EU-Parlament, EU-Kommission, nationale Regierungen und der Kultursektor, sind sich darüber einig, dass das Budget für 7 Jahre, 25 Mitgliedsstaaten (Tendenz steigend) plus Kandidatenländer und Grenzgebiete sowie für die Fülle von abzudeckenden Bereichen zu gering ist. So sollen unter anderem auch die Kulturstädte Europas und eine eigens von der Kommission einzurichtende Agentur zur administrativen Abwicklung der Förderungen aus dem genannten Budget finanziert werden. Da jedoch der ganze EU-Kuchen als zu klein empfunden wird, ist niemand bereit, etwas von seinem Stückchen abzugeben. Obwohl der für die Kulturförderung veranschlagte Betrag nur etwa 0,03 Prozent des EU-Gesamtbudgets entspricht, scheint es äußerst schwierig zu sein, innerhalb des Budgets zugunsten der Kultur Umwidmungen vorzunehmen.

Der Forderung der „70 Cents for Culture!“ nachzugeben, entspräche einem Anteil für Kultur von 0,3 Prozent – immer noch sehr weit davon entfernt, 1 Prozent des Gesamthaushaltes für die Kulturförderung einzuplanen, eine Empfehlung Jean Monnets, einer der geistigen Väter Europas, der zwar gerne und oft zitiert, aber in Bezug auf diesen Aspekt dann doch lieber nicht wörtlich genommen wird. Das einzige, was eine Erhöhung des Budgets bewirken könnte – so engagierte EU-Parlamentarier und Parlamentarierinnen, die die Kampagne ebenfalls unterstützen – ist eine Erhöhung der Beitragszahlungen der Mitgliedsländer. Das allerdings scheint nicht weniger schwierig zu sein als eine Umwidmung innerhalb des Budgets. Kultur fällt unter das sogenannte Subsidiaritätsprinzip, das heißt die EU ergänzt die Förderungen der Nationalstaaten. Insbesondere die Nettozahler unter den Mitgliedstaaten sind nicht bereit, den Beitrag für Kulturförderung auf europäischer Ebene zu erhöhen, ein nicht zu vernachlässigender Aspekt im Hinblick auf den Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa. Denn die wird nach wie vor in erster Linie auf nationaler oder sogar regionaler Ebene gestaltet und Projekte auf dieser Ebene (ohne „europäischen Mehrwert“) haben nur geringe Chancen, über das EU-Kulturbudget gefördert zu werden, sind also auf andere öffentliche Töpfe angewiesen. Außerdem – das soll hier nicht unerwähnt bleiben – leisten teilweise auch die nationalen Kulturministerien einen direkten Beitrag zur Kulturförderung auf der europäischen Ebene, in dem sie etwa Dachverbände wie den Europäischen Musikrat (der bislang keine EU-Zuschüsse für die laufenden Betriebskosten erhält) unterstützen.

Aber es geht ja wie gesagt nicht nur ums Geld. Ein weiteres wichtiges Anliegen des Europäischen Musikrates und seiner Mitglieder ist es, innerhalb der Kulturförderprojekte den Aspekten Bildung und Ausbildung höhere Prioritäten einzuräumen. Das von der EU geförderte und vom EMC koordinierte Projekt EFMET – European Forum for Music Education and Training (Europäisches Forum für Musikerziehung und -ausbildung) zeigt deutlich, wie anregend die Kooperation von gemeinnützigen Kultur-Organisationen mit formalen Bildungsinstitutionen sein kann. Für diese Projekte mit unterschiedlichen Partnern und einem vielseitigen Projektplan mit kulturellen und pädagogischen Elementen ist es bisher sehr schwierig, Unterstützung zu erhalten: von den Kulturförderprogrammen werden sie an die Bildungsprogramme verwiesen und umgekehrt.

Begrüßenswert am Entwurf zum neuen Kulturförderprogramm „Kultur 2007“ ist, dass die Antrags- und Auswahlverfahren zukünftig transparenter gestaltet werden sollen. Die Ausschreibungen müssen verständlich formuliert und rechtzeitig veröffentlicht werden, damit nicht nur Insider eine Chance haben, rechtzeitig einen überzeugenden Antrag einzureichen. Dies gilt vor allem für (nicht projektgebundene) Betriebskostenzuschüsse, die im Jahr 2005 (für das Jahr 2006) erstmals öffentlich ausgeschrieben werden sollen. Auch Netzwerkarbeit europäischer Dachverbände soll verstärkt gefördert werden.

Nicht zuletzt ist natürlich von Bedeutung, wie und von wem die zu fördernden Projekte ausgewählt werden. Der EMC hält auch hier eine größere Transparenz für wünschenswert. Die Entscheidungen sollten – im positven wie im negativen Falle – begründet werden, um den Antragstellern Gelegenheit zu geben, das Feedback beim nächsten Antragsversuch zu berücksichtigen. Außerdem erscheint es unbedingt notwendig, dass die Anträge von Experten des jeweiligen Sektors (Musik, Tanz, Theater, Bildende Kunst…) behandelt werden. Bisher entscheidet ein Gesamtgremium mit Vertretern aller kulturellen Sparten über alle eingereichten Anträge. Oftmals ist also bei der Auswahl der Musikprojekte nur ein Musikexperte in der Auswahlkommission. Dieses Auswahlverfahren wird der überaus aufwendigen und formalistischen Antragsstellung oft nicht gerecht. Darüber hinaus sollte eine Förderung durch die EU nicht den Großorganisatoren vorbehalten bleiben. Die bisherigen Konditionen wie ein hoher finanzieller Eigenanteil, ein großes finanzielles Mindestgesamtvolumen des Projektes und die finanzielle Beteiligung der Projektpartner in vielen verschiedenen Ländern sind für kleinere Organisationen oft nicht zu erfüllen. Gerade die sind es allerdings, die Projekte an der Basis anbieten, die im Zentrum der Zivilgesellschaft agieren, und die kulturelle Vielfalt gewährleisten, die allseits als das Kapital Europas herausgestellt wird. Gerade die kleineren Projekte an der Basis gewährleisten den Erhalt der kulturellen Vielfalt in Europa und fördern das europäische Bewusstsein der Einzelnen. Und es gibt sicher Lösungen, den höheren Verwaltungsaufwand, der mit der Förderung mehrerer kleinerer Projekte verbunden ist, zu bewältigen; zum Beispiel durch Dezentralisierung bestimmter Aufgaben mithilfe von Europäischen Netzwerken.

Der Europäische Musikrat nimmt aktiv an der derzeitigen Diskussion zur europäischen Kulturpolitik teil, die sich mit dem neuen Kulturförderprogramm Kultur 2007 längst nicht erschöpfen. Auch Themengebiete wie die Dienstleistungsrichtlinie oder Mobilitätskriterien (Visa, Steuern, Sozialversicherung), bei denen es nicht ausschließlich um Kultur geht, können und werden den Kulturbereich maßgeblich beeinflussen.

Mit seiner Konferenz „Many Musics in Europe“ (22. bis 24. April 2005, Budapest, Ungarn) hat der EMC einen Meilenstein gesetzt. Die Podiumsdiskussion mit Repräsentanten aus dem künstlerischen Umfeld und Vertretern der politischen Institutionen in Europa einerseits und die Präsentation vielfältiger musikalischer Projekte der Mitglieder andererseits haben gezeigt, dass ein Zusammenwachsen Europas – und damit ist ausdrücklich nicht nur die EU gemeint – und der Erhalt der unterschiedlichen regionalen Traditionen keineswegs im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich im Gegenteil gegenseitig befruchten.

Ruth Jakobi

Die Empfehlungen des Europäischen Musikrates an
das neue Kulturförderprogramm „Kultur 2007“ auf einen Blick

1. Erhöhung des Gesamtbudgets auf 315 Millionen Euro pro Jahr
2. Einbindung von Projekten zu Bildung und Ausbildung im Bereich der Kultur
3. Transparente Antrags- und Auswahlverfahren
4. Betriebskostenzuschüsse und Förderung von Netzwerkarbeit
5. Herabsetzen der Mindestantragssumme und des finanziellen Eigenanteils

 

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