Der 20. Kissinger Sommer feiert glanzvolles Jubiläum
Ja, auch Richard Strauss war schon hier im berühmten Kurbad
Kissingen und dirigierte die Münchner Philharmoniker, langjähriges
Hausorchester der unterfränkischen Saalestadt zwischen Würzburg,
Fulda und Meiningen gelegen. Aber das ist schon lange her, länger
als die zwanzig Sommer, auf die die Kissinger zurückblicken
können.
Jubiläen – richtig gefeiert – haben durchaus ihren
Sinn: sie machen aufmerksam auf den Lauf der Zeit, auf Entwicklungen,
Veränderungen und geben einen Ausblick auf die Zukunft. Wer
die 20 Kissinger Sommer vor seinem geistigen Auge Revue passieren
lässt, wird auch heute noch bewundernd staunen über den
naiven Mut der Gründerväter und –mütter. Kann
man sich im 21. Jahrhundert noch vorstellen, ein veritables Musikfestival
aus dem Boden zu stampfen, wo doch heute jedermann nach Abbau und
Rückzug ruft?
Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts war das noch anders.
Deutschland geteilt, aber wohlhabend, Bad Kissingen nahe der Zonengrenze
gelegen, aber versehen mit Bundesfördermitteln. Die Politik
damals blickte noch optimistisch in die Zukunft und so gelang es
einer kleinen verschworenen Gemeinschaft, Kari Kahl-Wolfsjäger
als Intendantin zu installieren und den Kissinger Sommer ins Leben
zu rufen. Kultur in Europa ist auch beim 20. Kissingere Sommer noch
das Motto, das sich wie ein blaues Band durch die Veranstaltungsreihen
zieht. Es wird den Kulturschaffenden gut getan haben, dass Edmund
Stoiber am Eröffnungsabend ein deutliches Bekenntnis zur Pflege
und Förderung der Kultur als einer wichtigen Staatsaufgabe
abgegeben hat.
Wenn sich auch der Kissinger Sommer zu mehr als 50 Prozent über
seinen Kartenerlöse finanziert, so bleibt dennoch ein nicht
unbeachtlicher Rest, der von Gemeinde und Land aufgebracht werden
muss. Und so hat die Intendantin immer wieder dafür zu sorgen,
dass sich der Stadtrat für die Belange der Musik mit der gleichen
Intensität und finanziellen Unterstützung einsetzt, wie
dies derzeit für den Fußball geschieht, da Bad Kissingen
darauf spekuliert, Trainigslager der Fußball WM 2006 zu werden…
Fünf Wochen, vom 16. Juni bis zum 17. Juli soll die Sonne
also beim diesjährigen Sommer scheinen, der sich verstärkt
um österreichisch-ungarische Musik kümmert. Für die
Kenner unter den Zuhörern hat sich aber längst Bad Kissingen
als hochrangiges Kammermusik Festival etabliert. Da ist kein Konzertnachmittag
zu lang, wenn Alban Gerhardt (Violoncello) und Markus Becker (Klavier)
im ehemaligen Refektoriumssaal des Klosters Maria Bildhausen sämtliche
Sonaten für Klavier und Violoncello von Ludwig van Beethoven
mustergültig und mit jugendlicher Begeisterung aufführen.
Man freut sich nach drei Stunden Musik über jede Zugabe, obwohl
die meisten am Vormittag bereits im Konzert waren, als das Budapester
Festetics Quartett Haydn und Beethoven zu Gehör brachte, und
viele sich beeilen müssen, um am Abend dabei sein zu können,
wenn die Tschechische Philharmonie unter Lawrence Foster mit Christoph
Prégardian mit Mahlers „Des Knaben Wunderhorn“
und nach der Pause Rudolf Buchbinder mit Beethovens fünftem
Klavierkonzert auf dem Programm stehen.
Weitere Schwerpunkte in all den Jahren ist die Förderung
junger Künstler und der zeitgenössischen Musik. Ersterer
dient die Reihe „Junge Elite“, in der in diesem Jahr
unter anderem Martin Helmchen (Klavier) und die lettische Geigerin
Baiba Skride auftreten werden. In der langen Nacht der Neuen Musik
erklingen Werke von Rihm, Reimann, Killmayer und Ruzicka. Ein Werk
von Manfred Trojahn erlebt seine Uraufführung, der Komponist
Moritz Eggert wird Eigenes und Neues spielen; man darf gespannt
sein. Gespannt freilich auch auf die Berühmteren wie Wolfgang
Sawallisch und Kent Nagano, Cecilia Bartoli und Edita Gruberova
oder Lang Lang und Nikolaj Znaider. Es bleibt zu hoffen, dass der
Kissinger Sommer auch die nächsten Jubiläen sonnenverwöhnt
wird erleben können.