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nmz-archiv
nmz 2005/07 | Seite 7
54. Jahrgang | Jul./Aug.
Magazin - Popkompetenz
Pop-Kompetenz für das alte Europa
Das McNally Smith College of Music bildet Musikprofis in Lübeck
aus
Im September letzten Jahres startete das Ausbildungsprogramm des
in den Media Docks der Hansestadt Lübeck angesiedelten McNally
Smith College of Music. Die erste Zweigstelle des in den USA beheimateten
Instituts auf europäischem Boden bietet jungen engagierten
Talenten die Möglichkeit, sich intensiv auf das Musikgeschäft
vorzubereiten. International renommierte Dozenten geben ihre Erfahrungen
aus Theorie und Praxis auf höchstem Standard an die Studenten
weiter.
1985 gründeten die Gitarristen Jack McNally und Doug Smith
in St. Paul (Minnesota) ihr College, das sich inzwischen zu einer
der wichtigsten Ausbildungsstätten im Bereich der populären
Musik etabliert hat. Das Ausbildungsprogramm in Lübeck gliedert
sich in zwei Disziplinen.
Im Fach „International Music Business“ sollen die Schüler
einen umfangreichen Einblick in die Welt des Musikgeschäftes
bekommen und sich als Manager und Unternehmer profilieren. Das Themenspektrum
reicht dabei von Rechtsfragen bei Musikverträgen bis zur Führung
von Unternehmen im Music-Business. Der Schüler hat überdies
die Möglichkeit, sich mit Tontechnik, Musikproduktion oder
Komposition zu befassen.
Der andere Fachbereich des McNally Smith College ist „Music
Production“. Das Hauptaugenmerk liegt dabei in der Ausbildung
in allen Bereichen, die das Produzieren betreffen. Die moderne Ausstattung
der Schule ermöglicht das Arbeiten mit den neuesten Geräten,
so dass die Absolventen auf dem aktuellsten Stand der Produktionstechnik
sind. Neben den technischen Fähigkeiten wird auch Musiktheorie
und Songwriting vermittelt.
Das Ziel des College ist es, Fachleute auszubilden, die mit ihrer
Kompetenz auf die Neustrukturierung des internationalen Musikmarktes
entsprechend reagieren und sich darin behaupten können. Die
angestrebte Mehrfachqualifikation der einzelnen Musiker und Produzenten
soll für die nötige Horizonterweiterung sorgen. Durch
den intensiven Austausch zwischen europäischen und amerikanischen
Schülern soll dies zusätzlich verstärkt werden.
Um auch auf europäischem Boden Fuß zu fassen, hat das
College die Fühler über den großen Teich ausgestreckt
und sich nach eingehender Prüfung für den Standort Lübeck
entschieden. Für die Hansestadt spricht zum Einen, dass sie
mit den Media Docks ein hervorragendes Zentrum für digitale
Medien zur Verfügung stellen kann, zum Anderen sind die allgemeine
Infrastruktur und die vorbildliche Ansiedlungspolitik in den verschiedensten
Bereichen des Kulturlebens gewichtige Faktoren. Die Nähe zu
Hamburg mit einem reichhaltigen Kulturangebot und nicht zuletzt
die Lage im Zentrum Europas runden das Profil positiv ab. Somit
finden sich in Lübeck optimale Bedingungen vor, die für
Ausbilder wie Schüler sehr attraktiv sind.
Angesehene Dozenten aus dem pädagogischen Bereich und mit
Erfahrungen aus der Musikpraxis zeichnen sich dafür verantwortlich,
dass die Schüler eine fundierte Ausbildung in den genannten
Disziplinen erhalten. Musikprofis wie Hans Martin Buff, der als
Produzent in den Paisly Park Studios arbeitete und vier Jahre lang
‚personal engineer‘ von Prince war oder der bekannte
Jazzinterpret, Komponist und Labelchef Mike Bogle repräsentieren
das hohe Niveau des Lehrpersonals. „Die Zusammenarbeit mit
Profis aus dem Music-Business ist für die Schüler sehr
wichtig“, wie Jens Klopp, Leiter des College in Lübeck,
betont. Ein Schwerpunkt der Ausbildung liegt deshalb auch in der
Praxis. Die Schüler werden dazu animiert, ihr Wissen adäquat
in die Realität umzusetzen: Zum Beispiel bei der Tourplanung
der hauseigenen Pop-Big-Band, die in diesem Rahmen im April einige
Konzerte im norddeutschen Raum absolvierte, durch verschiedene Auftrittsmöglichkeiten
oder Mithilfe bei Studioproduktionen.
Die Anforderungen an die Schüler sind entsprechend der Zielvorgabe
sehr hoch. In einem Studienjahr, das sich nach dem amerikanischen
Vorbild in drei Trimester gliedert, werden die Inhalte konzentriert
und intensiv vermittelt. Eine Orientierungsphase, wie bei anderen
ähnlichen Einrichtungen, ist nicht vorgesehen. Die Unterrichtssprache
ist Englisch, die Lehrinhalte sind international ausgerichtet und
der straffe Zeitplan fordert die Schüler. Das Auswahlverfahren
ist demnach sehr streng. Jens Klopp bringt es auf den Punkt: „Nur
die Besten bestehen.“ Das gilt für die Aufnahme in das
College wie für die späteren Aussichten im Musikgeschäft.
Das Mindestalter beträgt 18 Jahre und man sollte bereits erste
Erfahrungen auf der Bühne oder im Musikproduktionsbereich mitbringen.
Es wird zwar einiges vorausgesetzt, dennoch sind die Regelungen
sehr flexibel. Am Wichtigsten sind eine hohe Einsatzbereitschaft
und die Leidenschaft für Musik. Der Kostenfaktor beläuft
sich in etwa auf 1.000 Euro im Monat, die der Schüler selbst
bezahlen muss. Allerdings kann bei Bedarf ein Stipendium gewährt
werden, das eine Ermäßigung bis zu 50 Prozent ermöglicht.
Der europäische Campus des McNally Smith College of Music
befindet sich noch im Anfangsstadium. Im September 2004 nahm die
Schule ihren Unterricht auf. Momentan befinden sich 30 Studenten
in Lübeck, davon sind die Hälfte Austauschstudenten aus
St. Paul. Die ersten Erfahrungen stimmen Dozenten wie Studenten
sehr positiv und auch das Mutter-College, das den europäischen
Ableger streng kontrolliert, zeigt sich zufrieden. Bis Ende dieses
Jahres soll die Studentenzahl auf 60 aufgestockt werden. Vom Herzen
Europas aus wird die Kontaktaufnahme zu anderen Regionen und Ländern
bereits rege aufgebaut, so dass man hofft, die Idee des College
allmählich verbreiten zu können. Deshalb sind junge, hochmotivierte
Musiker aus ganz Europa eingeladen, ihre Kreativität auf hohem
Niveau aus- und weiterzubilden.