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nmz-archiv
nmz 2005/07 | Seite 46
54. Jahrgang | Jul./Aug.
Bücher
Ein Star ist ein Star ist ein Star
Michka Assayas: Bono über Bono, aus dem
Englischen von Kristian Lutze, Kiepenheuer & Witsch, Köln
2005, 286 S., Abb., € 19,90, ISBN 3-462-03473-1
Ein Star ist ein Star, wenn man sich an ihm reibt. Wenn er Diskussionsstoff
bietet, polarisiert und keine Grauzone kennt. Bono, der Sänger,
Denker und Vorantreiber der irischen Popband U2, ist ein derartiger
Star. Seit Jahren piesackt er uns mit seinem schlechten Gewissen,
stellt sich dabei geschickt in den Vordergrund und lässt keine
Möglichkeit aus, Politik mit den bandeigenen Kommerz-Nutzen
zu verbinden. Größenwahn ist von Bonos Kritikern noch
der harmloseste Vorwurf, trifft aber bei „Bono über Bono“
wieder einmal glänzend zu.
Bono Vox, der Frontmann von U2, zugegeben eine der erfolgreichsten
Bands der letzten 20 Jahre, kommt herunter um seine Autobiografie
zu veröffentlichen. Aber wie alles bei Bono, ist auch dies
kein Buch oder eine tatsächliche Autobiografie – nein,
bei Bono werden Gespräche mit einem ihm genehmen Journalisten
zu seiner schalen Lebensbeichte verwurstet. Sein Problem wird im
Buch „Bono über Bono“ sehr deutlich. Nachdem U2
– angetrieben von Bono – immer größer sein
wollten und konnten, diesen Standard dann aber nur mehr durch noch
egomanischeren Gigantismus erhalten konnten – damit aber scheiterten,
denn so groß wie die Beatles werden U2 nie sein – besinnt
sich Bono seit einigen Jahren darauf das personifizierte „schlechte
Gewissen“ der Mutter Erde zu spielen. Ein Trauerspiel freilich.
Bono hat sich über die Jahre ein Egozentrum erbaut, das sich
Journalist und Bandfreund Michka Assayas während des gesamten
Buches nie anzutasten wagt. Ehrfürchtig nimmt er all die platten,
aufgesetzten und wie auswendig gelernten spröden Ansichten
des Frontmanns über Politik, Kirche, Religion, Familie und
auch Musik hin. Nur einzelne alibilistische „Ja, aber’s“,
wenig Gegenwind für Bono, der sich definitiv einen Tick zu
wichtig nimmt, vielleicht sich selbst in schwachen Momenten für
den Nabel der Welt hält. Man vermisst während des Buches
ein wenig die irische Bodenständigkeit, Zurückhaltung
und einen Familienmenschen Bono.
Es wurde ein kaltes Buch, ein Buch ohne roten Faden, ohne Hinterfragen,
ohne Wärme. Der Eindruck, Bono schwebte irgendwo über
uns, erhärtet sich. Natürlich hat er auch an diesem Image
gefeilt und wurde im Musikbusiness einer der letzten charismatischen
Stars. Bono war immer ein guter Schauspieler, das bestätigt
„Bono über Bono“ eindrucksvoll.