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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 44-45
54. Jahrgang | September
Oper & Konzert
Ein spiralförmiger Weg neuer Bildfindungen
Franz Schrekers „Die Gezeichneten“ und seine sinfonischen
Werke bei den Salzburger Festspielen
Schrekers selbst verfasstes Libretto der 1918 in Frankfurt uraufgeführten
Oper „Die Gezeichneten“ erzählt vom hässlichen
Alviano, der sich ein künstliches Paradies, das Eiland Elysium
geschaffen hat, auf das seine adligen Freunde Mädchen, Frauen
und Kinder entführen, die in Orgien getötet werden. In
der herzkranken Malerin Carlotta glaubt der einsame Alviano unverhofft
sein Glück zu finden, aber Carlotta verfällt dem Zauber
von Alvianos Kunstinsel und seinem Gegenspieler, dem schönen
Tamare.
Schreker und Salzburg
Bedenkt man, dass Franz Schrekers Opern Anfang der 20er-Jahre
populärer waren als die von Richard Strauss, so hat der 1878
in Monaco geborene österreichische Komponist sich reichlich
spät einen Platz im Programm der Salzburger Festspiele erobert.
Aber im ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts galten Schrekers
Opernhandlungen als unmoralisch, seine Musik als schwül, und
so blieben sie manchen großen Bühnen verschlossen, bis
vom Nazi-Regime ein genereller Schlussstrich unter die Aufführungsgeschichte
der Opern Schrekers gezogen wurde.
Anne
Schwanewillms als Carlotta. Foto: Charlotte Oswald
Auf die farbenreiche Handlung und die kontrastierenden Schauplätze
von Schrekers vierter, 1918 im Frankfurter Opernhaus uraufgeführter
und dann sehr populärer Oper musste das Salzburger Festspielpublikum
bis zu diesem Sommer verzichten.
Dabei hatten die Zeichen nicht schlecht gestanden, dass der Salzburger
Festspielinitiator und bedeutendste Regisseur des 20. Jahrhunderts,
Max Reinhardt, und der in seinen Opernhandlungen exzentrischste
Opernkomponist des frühen 20. Jahrhunderts, Franz Schreker,
künstlerisch hätten zusammenfinden können. Immerhin
gab es in Max Reinhardts Berliner Kammerspielen eine Schreker-Aufführung:
Die Schwestern Else und Bertha Wiesenthal tanzten am 4. November
1910 neben „Offenbachtänzen“ und Josef Strauß’
„Dorfschwalben“ eine Komposition von Franz Schreker,
die auf dem Programmzettel als „Weißer Walzer“
angekündigt war, vermutlich also Schrekers „Valse lente“,
den die Tanzschwestern, weiß gewandet, exerzierten. Für
die österreichische Erstaufführung des von Max Reinhardt
initiierten, von Karl Vollmoeller verfassten und von Engelbert Humperdinck
komponierten „Mirakel“ in der Wiener Rotunde am 17.
September 1912 hatte sich Reinhardt ausdrücklich die Mitwirkung
Franz Schrekers gewünscht. Aber leider kam es nicht zu der
avisierten Zusammenarbeit. Immerhin erfolgte eine zweite Annäherung
und sicherlich auch eine Begegnung von Max Reinhardt mit Franz Schreker,
als der Meisterregisseur seine und Erich Wolfgang Korngolds Neufassung
der „Fledermaus“ auf die Bühne brachte. Schrekers
Gattin, die insbesondere in Franz Schrekers Opern gefeierte Sopranistin
Maria Schreker, sang und spielte am 24. Oktober 1929 unter der Regie
Max Reinhardts die Rosalinde in der Premiere der Strauß-Operette
im Berliner Theater am Nollendorfplatz.
Gleichwohl schaffte es keine Oper Franz Schrekers auf die Salzburger
Festspielbühne, weder unter der Ägide Max Reinhardts noch
unter der seiner Nachfolger unterschiedlicher politischer Couleurs.
Eine Ausnahme bildeten „Die Gezeichneten“ im Sommer
1984 unter der musikalischen Leitung von Gerd Albrecht – durchaus
hochkarätig besetzt, aber nur konzertant und obendrein arg
gekürzt.
„Die Gezeichneten“
Vorausgegangen war im Januar 1979 die Wiederaufführung an
der Frankfurter Oper unter Michael Gielen unter der Regie von Hans
Neuenfels. In dieser Produktion wurde Schrekers selbst erfundene
Geschichte vom hässlichen Alviano Salvago im Genua des 16.
Jahrhunderts zu einem leicht futuristischen Trivialmythos vom Monster
Alviano im menschenleeren Frankfurt und der schönen Malerin
Carlotta transformiert. Die eindringlich bebilderte Sex-and-Crime-Handlung,
ungekürzt, aber mit einigen textlichen Retuschen (beispielsweise
statt Herzog Adorno der „Duce Adorno“), wurde zu einem
Publikumsrenner.
Düstere
Wüstlinge im Elysium: Szene aus der Salzburger Schreker-Inszenierung.
Foto: Charlotte Oswald
Dem war 1987 in Düsseldorf Günter Krämers Inszenierung
gefolgt. Das politische Zerrbild mit Alviano als Juden, seinem Gegenspieler
Tamare als SS-Mann und der Malerin Carlotta als Vertreterin der
„entarteten Kunst“, war stark gekürzt und die Partitur
obendrein von Dirigent Hans Wallat klanglich ausgedünnt worden.
Die Schweizer Erstaufführung der „Gezeichneten“
an der Züricher Oper im Dezember 1992 – eine belanglos-langweilige
Inszenierung von Jonathan Miller, dirigiert von Eliahu Inbal, erbrachte
nolens volens den Beweis, dass Schrekers Topoi mit Opernkonvention
heute nicht mehr beizukommen ist. Schlüssig weiterentwickelt
wurde die Sicht auf die morbide Opernhandlung im Januar 2002 in
Stuttgart durch den in Salzburg als Schauspielchef amtierenden Martin
Kusej und – wie schon bei der Frankfurter Wiederaufführung
– mit Klaus Zehelein als Produktionsdramaturg, wobei auch
die einzige ungekürzte Einspielung der Oper auf CD realisiert
wurde. An Hans Neuenfels’ Frankfurter Inszenierung gemahnten
in Stuttgart die raschen Bildschnitte, die pausenlose Abfolge des
ersten und zweiten Aktes und die inszenierten Vor- und Zwischenspiele
der erstmals seit den Frankfurter Aufführungen wieder ungekürzten
Partitur in der hochkarätigen Interpretation durch Lothar Zagrosek.
Rückbezug auf die Frankfurter Aufführung boten auch optische
Details, wie die bühnenfüllende Spiegelwand, handlungskonstruktive
Momente, wie die Verzahnung von Anfang und Ende, oder die Koppelung
von legislativer und exekutiver Macht.
Alviano als Transvestit
Festspielintendant Peter Ruzicka hat sein Programm der allzu späten
Wiedergutmachung verfemter Komponisten bei den Salzburger Festspielen
in den Vorjahren mit Opern von Alexander Zemlinsky, Erich Wolfgang
Korngold und Egon Wellesz bewundernswert konsequent durchgeführt.
Vor dem Zyklus sämtlicher Bühnenwerke Mozarts, der im
nächsten Festspielsommer auf dem Programm stehen wird, hat
er die diesjährigen Festspiele musikalisch mit Franz Schrekers
„Die Gezeichneten“ eröffnet und damit – nach
Ablauf der Schutz- und Tantiemenfrist für Franz Schrekers Œuvre,
70 Jahre nach dem Tod des Komponisten – einen programmatischen
Höhe- und zugleich Schlusspunkt der Wiederbeschäftigung
mit den seit dem Dritten Reich verdrängten Komponisten gesetzt.
Der vom Kritiker Paul Bekker als „einziger Nachfolger Richard
Wagners“ apostrophierte Musikdramatiker wurde von den Nazis
als „Halbjude“ gebrandmarkt; seiner Ämter enthoben
starb er 1934 in Berlin.
Da eine Oper über diverse Spielformen von Sexualität
und Perversion heute keinen Tabu-Bruch mehr darstellt, trachtete
Regisseur Nikolaus Lehnhoff, „einschlägige Zeichen und
Haltungen von Grenz-Überschreitungen in moralisch-ethischer
Hinsicht in unserer heutigen Gesellschaft aufzuspüren“
und deutete den im Renaissance-Drama als Außenseiter gezeichneten
Krüppel Alviano als Transvestiten. Zu Beginn des Vorspiels
lässt Alviano seinen Mantel fallen, outet sich im rosa Kleid
und schminkt sich künstliche Schönheit. Diese Sichtweise
– ohne Fratze und Buckel – scheint aufzugehen, denn
Carlottas Angst vor sexuellem Vollzug und Alvianos Verzicht auf
körperliche Vereinigung mit ihr lässt sich durchaus als
platonische Freundschaft zweier Außenseiter deuten, auch dass
Carlotta gleichwohl dem Machtmenschen Tamare verfällt, bleibt
glaubhaft. Kaum vorstellbar ist jedoch, dass Alviano sich beim Verkehr
mit hässlichen Prostituierten zu befriedigen sucht, wie er
es zumindest erzählt.
Auf der Bühne der Salzburger Felsenreitschule liegt eine
gestürzte, zerbrochene Frauenstatue, deren Kopf und Torso bestiegen
werden und deren Körperinneres gegen Ende des dritten Aktes
als Lustgrotte bespielt wird. Die Skulptur des Bühnenbildners
Raimund Bauer mag als Topos für das Eiland Elysium des dritten
Aktes angehen, zu diesem Zeitpunkt aber hat sich der Effekt der
Bühnenlandschaft bereits verbraucht. In der großen Atelierszene
malt Carlotta den Gezeichneten nicht, sondern entkleidet ihn langsam
seiner weiblichen Utensilien; die erhobene Rechte des Frauenstandbilds
wird als eine von der Künstlerin geschaffene Skulptur gedeutet.
Anne Schwanewilms singt die ihrer Malerattitüde enthobene Carlotta
mit vielen Farbschattierungen berückend schön, gestaltet
diese Schreker-Partie aber nicht so exzentrisch, wie die der Grete
im „Fernen Klang“ an der Berliner Staatsoper. Leider
hat der Regisseur „Die Gezeichneten“ radikal gekürzt
und die Oper durch die Eliminierung der für Schreker so typischen
Genre- und Volksszenen einer ganzen Dimension beraubt. Die Handwerker,
aber auch die in der Opernhandlung durchgeführten Figuren der
Haushälterin Martuzzia und des Bravo Pietro entfallen ganz,
ebenso die Intrige rund um den Raub der Ginevra. Lehnhoff streicht
auch die Episode des im dritten Akt entführten und ermordeten
Kindes, mag aber auf die Ebene der Päderastie nicht verzichten
und lässt daher die wenigen Sätze der als Zeugin berufenen
Ginevra Scotti von einem Kind (Gabriela Palfinger von den Salzburger
Chormädchen) singen. Außer ganzen Szenen fallen immer
wieder auch einzelne Takte dem Strich zum Opfer, wenn deren Aussage
(etwa das Malen Carlottas) nicht ins Konzept zu passen scheint.
Den Außenseiter Alviano, der seinen Nebenbuhler Tamare hier
mit einem Pistolenschuss erlegt, bevor er irre wird, gestaltet Robert
Brubaker glaubhaft, mit vokaler Bandbreite. Wolfgang Volle ist ein
auch stimmlich kraftvoller Tamare mit warmem Timbre.
Enttäuschend hingegen der als Wotan gefeierte Heldenbariton
Robert Hale in der Partie des Potentaten und Drahtziehers Herzog
Adorno: All zu frei geht Hale mit vorgeschriebenen Tönen und
Rhythmus um, offenbar beherrscht er die Partie nicht. Eine runde
Leistung erbringt – wie schon in Stuttgart – Wolfgang
Schöne, der den Bürgermeister Lodovico Nardi souverän
verkörpert. Die von Rupert Huber einstudierte Konzertvereinigung
Wiener Staatsopernchor tritt musikalisch kaum in Erscheinung, szenisch
ersetzt durch eine große Schar halbnackter Jugendlicher, die
sich in zumeist gleichgeschlechtlichen Reigen ergehen. Das Deutsche
Symphonie-Orchester Berlin spielt Schrekers bitonale Partitur auf
hohem Niveau, wobei Kent Nagano es bewunderungswürdig schafft,
das musikalische Stückwerk doch zu einem Ganzen zu fügen.
Dabei lässt er sich für das Auskosten von Schrekers irisierend
sinnlichen Klängen so viel Zeit, dass die erheblich gekürzte
Aufführung jene Dauer erreicht, die Michael Gielen oder Lothar
Zagrosek für die komplette Partitur benötigt haben. Das
Premierenpublikum feierte die Salzburger Festspieleröffnung
als uneingeschränkten Erfolg. Das Scandalon, das dieser Oper
Franz Schrekers immanent anhaftet, stellte sich diesmal nicht ein.
Opern en miniature
Wie im Vorjahr bei den Salzburger Festspielen Erich Wolfgang Korngolds
Oper „Die tote Stadt“ szenisch zur Aufführung gekommen
war und in den Konzerten der Festspiele das sinfonische Œuvre
dieses Komponisten den roten Faden bildete, so standen in diesem
Festspielsommer auch die wichtigsten sinfonischen Kompositionen
Franz Schrekers auf dem Programm. Außerdem gab es eine theatral
aufbereitete, umfassende Ausstellung zu Leben und Werk Franz Schrekers
in dem als „Haus für Mozart“ im Umbau befindlichen
Kleinen Festspielhaus zu sehen, die Schreker-Biograph Christopher
Hailey für das Jüdische Museum in Wien geschaffen hat.
Hailey hat jetzt auch erstmals Franz Schrekers Lieder in ihrer Gesamtheit
ediert (Universal Edition, UE 32955, 79 S., e 46,75). In seinem
eigenen Projekt „Verfolgte Komponisten – verfolgte Musik“
brachte Thomas Hampson, auch als Giorgio Germont in „La Traviata“
gefeiert, gemeinsam mit der Sopranistin Melanie Diener, dem Mezzosopran
Michelle Breedt und dem Tenor Piotr Beczala, Lieder Franz Schrekers
zum Vortrag, die sich dabei in ihrer irrlichternd dramatischen Tonsprache
geradezu als Opern en miniature erwiesen.
Schreker sinfonisch
Auch die weiteren Werke des Konzertprogramms zeigten Schreker als
Musikdramatiker, der auch in rein musikalischen Formen einer stets
eigenen, eigenartigen „musikdramatischen Idee“ folgte.
So ließ er im Jahre 1916 sein als Libretto veröffentlichtes,
aber unkomponiert gebliebenes Zeitstück aus dem Ersten Weltkrieg,
„Die tönenden Sphären“, zu einer Kammersinfonie
für 23 Soloinstrumente gerinnen, die unter der musikalischen
Leitung des Violoncellisten Heinrich Schiff durch die Camerata Salzburg
aufblühte wie die „Sumpfblüten des Lasters“
in Schrekers „Die Gezeichneten“. Die Camerata Salzburg
erwies sich hier und auch unter Roger Norrington als ein äußerst
homogener Klangkörper, der kleinste Impulse aufzunehmen und
umzusetzen im Stande ist. Dies verführte den Dirigenten Roger
Norrington dazu, dem Orchester bei den sinfonischen Sätzen
von Schumanns Opus 54 den Rücken zu kehren und dem Publikum
seine Impression dieser dreisätzigen Komposition schunkelnd
vorzutanzen. Bei Schrekers „Kleiner Suite für Kammerorchester“
aus dem Jahre 1928 hingegen musste sich der Dirigent dann doch seiner
Camerata zuwenden und Einsätze geben. Aber am Ende dieser diffizilen
Komposition obsiegte dann erneut der Musikclown in Norrington, der
mit dem Abschlag das Publikum mit ausgebreiteten Armen zu fragen
schien: „Gefällt euch das wirklich?“ Ja, die „Kleine
Suite für Kammerorchester“ gefiel, das wurde am heftigen
Beifall der Besucher merklich, die offenbar beim Klangrausch der
„Gezeichneten“ Blut geleckt hatten und hier mit einem
späten, formal vertrackten, klanglich herben, gleichwohl idiomatisch
erkennbaren Werk Schrekers konfrontiert wurden. Allerdings ging
Norrington bei der formalen Vielfalt dieser Partitur allzu grobschlächtig
zu Werke. Plastischer und grotesker erklingt diese fünfsätzige
Suite etwa in Schrekers eigener Interpretation aus dem Jahre 1932
(jüngst wiederveröffentlicht auf der britischen CD Symposion
1271/1272/1273). Die Camerata Salzburg unter Leonidas Kavakos machte
sich auch zum Anwalt für Franz Schrekers Pantomime „Der
Geburtstag der Infantin“. Die Urfassung der später für
ein extrem großes Orchester gesetzten Komposition nach Oscar
Wildes gleichnamigem Märchen war in Salzburg in jener Kammerorchester-Fassung
zu erleben, die 1908 im Garten der Wiener Sezession uraufgeführt
worden war. Diese Partitur hatte Schrekers Ruhm als Bühnenkomponist
begründet, sie ließ Peter Altenberg schwärmen und
bewegte Alexander Zemlinsky zu seinem Auftrag an Schreker, ihm das
Libretto für eine „Tragödie des hässlichen
Mannes“ zu liefern, wodurch Schreker das Drama „Die
Gezeichneten“ dichtete, das er dann selbst komponierte. Im
Schlussabschnitt der Pantomime entdeckt der Zwerg im Spiegel seine
Hässlichkeit und bringt sich um. Hier schon trifft der Hörer
auf den Inbegriff der Semantik von Schrekers Tonsprache, den Konflikt
zwischen Kunst und Natur.
Den Bogen vom Frühwerk zur mittleren Schaffensperiode spannte
das Radio-Symphonieorchester Wien unter Bertrand de Billy mit dem
kompletten „Nachtstück“, das verkürzt als
Zwischenspiel in den dritten Akt des „Fernen Klang“
aufgenommen wurde, sowie den Liedern „Vom ewigen Leben“
auf zwei Gedichte von Walt Whitman. In die Dekoration der „Gezeichneten“
platziert war auch Franz Schrekers letzte Komposition, das „Vorspiel
zu einer großen Oper“. So wie Schrekers „Vorspiel
zu einem Drama“ (es stand – als Vorgriff auf die Festspiele
dieses Sommers – schon im letzten Jahr auf dem Programm der
Festspiele) den Gesamtverlauf der Oper „Die Gezeichneten“
sinfonisch umreißt, so zeichnet diese Komposition die Handlung
der unvollendeten Oper „Memnon“ vor. Nachdem Schreker
den Einflüssen anderer kompositorischer Richtungen, wie der
Neuen Sachlichkeit, Folge geleistet hatte, setzte er mit seinem
Spätwerk wieder auf den ihm eigenen, typischen Klangrausch.
Der auf große Kontrastwirkungen bauende und dabei faszinierend
dichte Pianopianissimi entfesselnde italienische Newcomer Daniele
Gatti kombinierte Schrekers Vorspiel mit Beethovens „Ah! Perfido“
und Mahlers Vierter, die er ebenfalls als theatrale Kompositionen
deutete. Insbesondere aber Schrekers Partitur wurde in Gattis Interpretation
durch Betonung diverser Fern- und Bühnenwirkungen zur Vision
einer Oper. So ertönte bereits der eröffnende Hornruf
des Memnon aus den Arkaden der Felsenreitschule als bühnenmusikalischer
Impetus, getreu einem Wort dieser Oper, „Ich höre –
Bilder – /mir klingen – Farben –“.