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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 29
54. Jahrgang | September
Deutscher
Tonkünstler Verband
Soldaten als Musikvermittler
Klangkörper der Bundeswehr gestalten Musikunterricht
Ein Ruck geht derzeit durch die deutsche Orchesterlandschaft. Verantwortliche
vieler Klangkörper haben einen neuen Weg für ihren musikalischen
und gesellschaftlichen Bildungsauftrag gefunden und treten verstärkt
an Schulen heran, um jungen Menschen praxisorientiert Musik zu vermitteln.
Auch die Bundeswehr ist seit vielen Jahren an diesem Prozess beteiligt
und möchte ihr Engagement in Zukunft weiter ausbauen.
Zur diesjährigen „Woche der Militärmusik“
in Neustadt an der Aisch standen deshalb auch so genannte Schulkonzerte
und Workshops auf dem Programm. Die Idee und die Art der Umsetzung
durch die Musiker in Uniform stieß bei den Verantwortlichen
der örtlichen Grund- und Gesamtschulen auf Begeisterung.
Vorgestellt wurden Ensembles, welche sich aus einem sinfonischen
Blasorchester formen lassen und deren Klangeigenarten. Vor allem
die Big-Band des Heeresmusikkorps 12 hatte es den Schülern
der Gesamtschule sichtlich angetan, bedingt auch durch die allgemeine
Renaissance der Swingmusik, angestoßen durch Megastars wie
Robbie Wiliams oder Michael Bublé. Durch diese geschickte
Musikauswahl herrschte gespannte Aufmerksamkeit.
Höhepunkt war der nach Registern aufgeteilte Instrumental-
und Theorieunterricht, sowie der sich anschließende gemeinsame
Auftritt vor Mitschülern und Lehrkräften. Die Musikkorpsangehörigen
waren zuvor intensiv auf Fragen der Schüler eingegangen. Über
Atmung und Ansatz, Swingstilistik, Qualitätsunterschiede bei
Musikinstrumenten verschiedener Fabrikate und auch über die
vielfältigen Wege in die Welt der Berufsmusiker wurde gesprochen.
Die Anteilnahme und Begeisterung der Schüler war beeindruckend
und übertraf alle Erwartungen. Der daraus entstandene Wunsch
nach Autogrammen war selbst für langgediente Militärmusiker
eine Neuheit.
Musikunterricht in dieser Art lässt sich von allgemein bildenden
Schulen schwer verwirklichen, weshalb die Schulleitung um unbedingte
Wiederholung bat. Selten sind Bildungseinrichtungen in der glücklichen
Lage alle Blas- und Schlaginstrumente in so komprimierter und fachkundiger
Form vorgeführt zu bekommen. Die Grundschuldirektorinnen waren
eigens aufgrund von Platzmangel mit ihren „Kleinen“
in die historische Turnhalle gekommen, wo sie das Marinemusikkorps
Wilhelmshaven bereits erwartete. Fregattenkapitän Lutz Bammler
eröffnete mit einem kurzen geschichtlichen Abriss über
die Entwicklung der Blasorchester. Die Anreicherung der Informationen
mit Klangbeispielen aus vergangenen Jahrhunderten zeigte, dass Geschichtsunterricht
nicht langweilig sein muss.
Nachdem alle Instrumente einzeln und in Gruppen vorgeführt
wurden, wussten viele was sie später einmal lernen wollen.
Die noch Unschlüssigen bekamen ein günstiges und stets
verfügbares Instrument gezeigt – den eigenen Körper
– denn mit einem virtuosen Werk für „Bodypercussion“
verblüfften und begeisterten die „Blauen Jungs“
ihre junge Zuhörerschar.
Auf alle Körperteile klopfend und trommelnd – manchmal
auch auf die des Nachbarn – verließen die quirligen
Nachwuchsmusiker ihren ersten Musikunterricht, der von einem Musikkorps
der Bundeswehr gestaltet wurde.