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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 33
54. Jahrgang | September
GNM
Vermittlung, Finanzierung, Vernetzung und mehr
Ensemble- und Veranstaltungskonferenz der Gesellschaft für
Neue Musik e.V.
Die am 23. Mai 2005 in der Deutschen Ensemble Akademie Frankfurt
am Main stattfindende Ensemble- und Veranstalterkonferenz der GNM
hatte als Schwerpunke die Vermittlung und die Finanzierung der Neuen
Musik.
Zuerst präsentierte Anke Eberwein das Büro für Konzertpädagogik,
das sie 1998 mit dem Komponisten Hans W. Koch und Bernhard König
in Köln gegründet hat, an dessen Projekten aber auch viele
freie Mitarbeiter beteiligt sind. An den Schnittstellen zwischen
Schule, Weiterbildung und Konzert will das Büro für Konzertpädagogik
maßgeschneiderte unkonventionelle Aktivitäten der Vor-
und Nachbereitung wie der Teilnahme an Veranstaltungen für
Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene (besonders Lehrer und Eltern)
gemeinsam mit Veranstaltern, Autoren und Interpreten anbieten. Das
ermöglicht einerseits, neue Publikumsschichten zu gewinnen,
andererseits junge Leute aktiv und spielerisch an Neue Musik heranzuführen,
die nicht das Publikum von morgen, sondern von heute sind. Das Spektrum
reicht dabei von moderierten und „Mitmach“-Konzerten
über soziokulturelle und integrative Projekte bis hin zu Workshops
für junge Komponisten, Ensembleleiter und Ensembles sowie Kompositionsaufträgen,
Veranstaltungskonzeptionen und Projektberatung. Partner dafür
sind viele Komponisten und Interpreten, Orchester, Ensembles, Festivals,
aber auch Stadtverwaltungen, Ministerien und selbstverständlich
Schulen.
Als Beispiele führte Eberwein das Video eines „Respons“-Projektes,
die Aufführung eigener Stücke, vor sowie das Projekt „plug
in“, das etwa Kinder als Radiomoderatoren bei der Arbeit an
Mauricio Kagels „Stücke der Windrose“ zeigt. Wie
die Selbsteinschätzung des Meisters mit den Befragungen von
Passanten und Musikern kommentiert wurde, war auch für die
Insider, die an der Ensemble- und Veranstaltungskonferenz teilnahmen,
aufschlussreich und belebte auch die anschließende Diskussion.
Diskutiert wurde besonders über die Nachhaltigkeit solcher
Aktivitäten und deren Messbarkeit, wobei es zu kurz gedacht
ist, nur mehr Konzertbesucher erreichen zu wollen. Es geht, wie
besonders Dorothée Hahne betonte, darum, Kultur als Grundbedürfnis
sowohl im Grundgesetz als auch in der EU-Verfassung zu verankern,
weil so Kreativität, soziale Kompetenz und der Umgang mit Fremdem
spielerisch trainiert wird. Christine Fischer von „Musik der
Jahrhunderte“ berichtete zum Beispiel von „Beginner-Konzerten“,
die in Vorbereitung auf die Weltmusiktage in Stuttgart 2006 mit
dem Thema „grenzenlos“ stattfinden, in denen Schüler
für Schüler Konzerte gestalten und moderieren.
Die Hochschullehrer Wolfgang Rüdiger (Freiburg i. Br.) und
Reinhard Flender (Hamburg) formulierten unter anderem, dass es oft
schwieriger ist, Lehrer und Eltern zu ermutigen, sich neuen musikalischen
Erfahrungen und Vorstellungsbildern zu öffnen.
GNM-Präsident Jens Cording fasste zusammen, dass die vielen
guten Ansätze weiter ausgebaut und vernetzt werden sollten.
Anschließend stellte Wolfgang Rüdiger das Modellprojekt
des VdM Ensembleleitung Neue Kammermusik zur Förderung zeitgenössischer
Musik an Musikschulen dar. Es fand in vier einwöchigen Phasen
2003/2004 in Kooperation mit der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf
und der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen,
gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
statt und qualifizierte Musikschullehrer und Ensembleleiter auf
dem Gebiet neuer Kammermusik und Ensembleimprovisation. Die Werke
stammten aus der VdM-Auswahlliste praxiserprobter Klassiker der
Moderne und ganz neuer Stücke. Dazu kam die Erfindung eigener
Klangwelten in der Improvisation und Grundlagenvermittlung wie Strukturanalyse,
Reflexion, Notation, Spiel- und Probentechnik, Vermittlung. An der
von Reinhard Flender vorgestellten Fragebogenaktion ist das Konzert
des Deutschen Musikrates neben der GNM und den Hauptakteuren Musikinformationszentrum
(miz in Bonn) und Institut für kulturelle Innovationsforschung
(Hamburg) beteiligt. Knapp hundert der an Ensembles für neue
Kammermusik versendeten Fragebögen sind bereits zurückgeschickt
worden. Sie sollen einerseits Aufschluss über das Repertoire
geben und die Datenbank des miz erweitern, andererseits will das
Institut für kulturelle Innovationsforschung auf der Basis
eines anonymen Fragebogens auch eine Publikation über die Lage
der Ensembles insgesamt herausgeben. Solf Schaefer (Internationales
Musikinstitut Darmstadt) konnte Genaueres über die Arbeit der
Jury des Konzerts des Deutschen Musikrates berichten, die er als
sehr ausgewogen, mit Mitgliedern aus allen Bereichen optimal zusammengesetzt,
und sehr kompetent einschätzt.
Nach den Kriterien Qualität – Vermittlung – Experiment
wurden 40 von 140 Bewerbungen ausgewählt, die sowohl aus dem
zwischenmedialen Bereich stammten, als auch Stücke für
Kammer- und Sinfonieorchester umfassten. Um den Ensembles die langfristige
Planung zu ermöglichen, werden bei der nächsten Einreichung
auch Projekte für die Jahre bis 2007 bewertet.
Ganz konkret waren die Hilfestellungen und Erklärungen von
Agnes Degen (Deutscher Musikrat) zu den Projektanträgen. Die
Mittel dienen grundsätzlich zur Inlandstrukturförderung.
Das heißt, dass Veranstaltungen in Deutschland und Werke aus
Deutschland (beziehungsweise dauernd in Deutschland lebender und
arbeitender Autoren) nach 1980 gefördert werden. Abschließend
stellte Roland Diry vom Ensemble Modern mit der Internationalen
Ensemble Modern Akademie (IEMA) ein Format vor, das aus der Leuchtturmförderung
der Bundeskulturstiftung Stipendien für ausgewählte bis
30-jährige Künstler ausreicht. Es läuft immer von
September bis August, nun schon zum vierten Mal und mit wachsendem
– inzwischen auch internationalem – Erfolg für
Komponisten, Musikwissenschaftler, Dirigenten und Interpreten, denen
Projekte ermöglicht werden sowie die intensive Zusammenarbeit
mit den Ensemble Modern-Mitgliedern. Abschließend konnten
die Teilnehmer an der Ensemble- und Veranstalterkonferenz die IEMA
auch praktisch in einem Konzert erleben.