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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 32
54. Jahrgang | September
Jugend musiziert
Der Weg zur Königsdisziplin
Vorbericht zum 41. Deutschen Kammermusikkurs in Trossingen
Wer „Jugend musiziert“ im Internet aufruft, erfährt
auf der Portalseite, dass er sich beim „Integrierten Förderprojekt
Jugend musiziert“ befindet. Soll heißen, dass „Jugend
musiziert“ nicht allein ein Wettbewerb ist, sondern Elemente
unterschiedlichen Charakters miteinander verknüpft, die dann
in ihrer Gesamtheit eben jenes Projekt ergeben, das im Laufe der
Jahre und Jahrzehnte europaweit so viele Nachahmer gefunden hat.
Um welche „Elemente“ handelt es sich? Da ist einmal
das erwähnte Element „Wettbewerb“, im Juni diesen
Jahres mit höchsten Teilnehmerzahlen zu Ende gegangen, da ist
andererseits ein dichtes Netzwerk von Partnern, verstreut nicht
nur über ganz Deutschland, sondern auch in vielen Ländern
Europas, die – im Anschluss an die Wettbewerbsphase –
Bundespreisträgerinnen und –preisträger zu Konzerten,
Workshops, Meisterkursen einladen. Dazu gehört beispielsweise
die Konzertreihe „Solist“ in Frankfurt/Oder (siehe Bericht
auf dieser Seite).
Neben diesen Partnern, die übrigens hohe musikalische und
pädagogische Qualität anbieten müssen, um in das
Förderprojekt integriert zu werden, hat der Deutsche Musikrat
auch von Anbeginn eigene Projekte ins Leben gerufen, um die Ausbildung
junger Musikerinnen und Musiker auf einem verlässlich hohen
Niveau festschreiben zu können.
Die Wettbewerbe „Jugend musiziert“ bieten vor allem
Solisten und kleineren Ensembles die Möglichkeit, sich mit
der Interpretation von Werken verschiedener Epochen präsentieren
zu können. Um Erfahrungen in einem großen Klangkörper
sammeln zu können, unter einem Dirigenten zu arbeiten und sinfonische
Werke kennen zu lernen, wurde im Jahr 1969 das Bundesjugendorchester
gegründet. Für das große und reichhaltige Feld der
Kammermusik schließlich wurde bereits 1964 der Deutsche Kammermusikkurs
„Jugend musiziert“ aus Mitteln des Bundesministeriums
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend eingerichtet. Darüber
hinaus erhält der Deutsche Kammermusikkurs „Jugend musiziert“
seit vielen Jahren Unterstützung von der ProMusica Viva Maria
Strecker-Daelen-Stiftung.
Die diesjährige künstlerische Leiterin Prof. Inge-Susann
Römhild schreibt in ihrer Einladung an die Bundespreisträger
„Jugend musiziert“: „Für Musiker ist es ein
großes Privileg Kammermusik in ihrer stilistischen und instrumentalen
Vielfalt spielen zu dürfen, weil es sich sozusagen um die ‚Königsdisziplin‘
der Gattungen handelt. Neben technischen Fertigkeiten und solistischen
Fähigkeiten sind Dialogfähigkeit, Toleranz und Kompromissbereitschaft
ebenso gefragt wie Selbstwertgefühl, Anpassungsfähigkeit
und Wertebewusstsein.“
Kein Wunder also, dass sich der Deutsche Kammermusikkurs seit seinem
Bestehen großer Beliebtheit erfreut. Jedes Jahr bewerben sich
viele hundert Preisträgerinnen und Preisträger des Bundeswettbewerbs
„Jugend musiziert“um einen der bergehrten Plätze.
Nicht alle Bewerbungen können berücksichtigt werden, Kapazität
und inhaltlicher Anspruch zwingen zu zahlenmäßiger Beschränkung.
Vom 29. August bis 11. September werden 44 herausragende junge
Leute zu Gast in der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung
in Trossingen sein und in wechselnden Besetzungen unter anderem
Werke von Beethoven, Schumann, Mendelssohn Bartholdy, Poulenc, Ligeti,
Kirchner, Hartley und Hurlstone erarbeiten. Zum Team der Dozenten
gehören neben Inge-Susann Römhild aus Lübeck weitere
renommierte Musiker mit reichem pädagogischen Erfahrungsschatz:
Eckhard Fischer, Professor für Violine an der Musikhochschule
Detmold, Thomas Klug, Konzertmeister der Deutschen Kammerphilharmonie
Bremen, Ulf Tischbirek, Professor für Violoncello an der Musikhochschule
Lübeck, Georg Klütsch, Professor für Fagott und Kammermusik
an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar
und Johannes Peitz, Professor für Klarinette an der Hochschule
für Musik und Theater, Hannover.
Einen besonderen Schwerpunkt bildet in diesem Jahr die Auseinandersetzung
mit dem Werk Johannes Brahms’. Als Spezialist wurde dazu der
Musikwissenschaftler und Leiter des Brahms-Instituts Prof. Dr. Wolfgang
Sandberger eingeladen. Anhand einiger ausgewählter Notenbeispiele
– unter anderem einer Kopie der in Lübeck befindlichen
Handschrift des Klavierquartetts A-Dur, op. 26 – wird Sandberger
den Umgang mit Urtexten und Handschriften zeigen und deutlich machen,
wie viele Informationen man aus Notentexten herauslesen kann, deren
Kenntnis nicht nur wertvoll, sondern wesentlich ist, um ein Werk
zu verstehen und angemessen erklingen zu lassen. Sandberger wird
das Brahms’sche Schaffen auch in den weiteren musikhistorischen
Kontext einordnen und dies sicherlich in unterhaltsamer Form: Nicht
umsonst ist er seit vielen Jahren als Autor und Moderator für
verschiedene ARD-Anstalten tätig.
In drei öffentlichen Konzerten präsentieren die Teilnehmer
schließlich die Ergebnisse ihrer Arbeit. Wann und wo genau
die Konzerte stattfinden, kann man unter der Telefonnummer des Deutschen
Kammermmusikkurses erfragen: 089/87 10 02 12.