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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 12
54. Jahrgang | September
Nachschlag
…Konzept überdenken
Prinz Constantin zu Hohenlohe-Langenburg, Hausherr von Schloss
Weikersheim bis zum Verkauf an das Land Baden-Württemberg 1968
und Freund der Jeunesses Musicales, würde sich im Grabe umdrehen,
wenn er einen Blick auf das Szenarium der Oper im Schlosshof 2005
werfen könnte. Der Autor dieser Zeilen hat als Bundesvorsitzender
der MJD zusammen mit dem Verband vor 40 Jahren, also 1965, die Opernaufführungen
im Schlosshof begründet und bis 1983 gesamtverantwortlich geleitet.
Es war damals nicht einfach den Prinzen Constantin von der einmaligen
Chance zu überzeugen, die akustischen und optischen Möglichkeiten
des Schlosshofes zu nutzen. Seine Gegenargumente waren eher persönlicher
Art, denn er wohnte im Seitenflügel und wollte abends seine
Ruhe haben. Der Platz vor der Orangerie, zu der Zeit von großen
Bäumen umrahmt, wurde als Alternative ausgedacht. Er gab schließlich
sein Einverständnis für die Schloss-Oper und wir begannen
erfolgreich, mit „Fidelio”, was ihn restlos überzeugte.
Seine einzige Bedingung war der Wunsch, das natürliche Bild
des Renaissance-Baues mit einzubeziehen und den Schlosshof nicht
zu „verschandeln”. Wir, Musiker, Regisseure und Bühnenbildner,
sind dieser Auflage gerne gefolgt. Opern wie unter anderem „Johanna
auf dem Scheiterhaufen” (Honegger), 3. Akt „Meistersinger”
(Wagner), „Die lustigen Weiber von Windsor” (Nicolai),
„Die Kluge” (Orff), „Albert Herring” (Britten),
„Troubadour” (Verdi), „Wildschütz”
(Lortzing), „Freischütz” (Weber) und „Salome”
(Strauss), bezogen das einmalige Ambiente des Hofes einschließlich
erleuchteten Saal und Balkon mitein.
Warum bringe ich dieses in Erinnerung? Die heutigen Verantwortlichen,
denen musikalisch (Solisten, Chor und Orchester) ausgezeichnete
Aufführungen gelingen, sollten das gegenwärtige Konzept
neu überdenken!
Es fängt mit der Auswahl des Stückes an. „Traviata”
ist keine Oper für den Schlosshof! Das Spiel der Inszenierung
mit den Containerbildern kann man in jedem Theater oder Fabrikhalle
erfolgreich darstellen. Es ist ja nicht damit getan, den Reiz der
Bilder erst bei absoluter Dunkelheit gegen Ende der Oper zu entfachen,
wenn vom Schloss nichts mehr zu sehen ist. Ein anderer Punkt ist
der Koloss der Publikums–Tribüne. Muss das eine derartige
unästhetische gewaltige Konstruktion sein, die alles erdrückt?
Gut, man hat sicherlich fast 2.000 Plätze zur Verfügung
und Einnahmen sind wichtig. Aber, diese Tribüne plus Container
– da sieht das schöne Naturtheater Schlosshof wie ein
Lagerplatz in einem Hafengelände aus! Eine leichte Erhöhung
der Tribüne mit 1.000 Plätzen müsste eigentlich genügen.
Außerdem sind die Zeiten zu lang, wenn das Publikum die Plätze
einnimmt oder verlässt – vorher, hinterher oder in der
Pause! Also nochmals ein freundschaftlicher Appell an das Leitungsteam,
die ganze Sache einmal mit den Augen des Prinzen Constantin und
des mittlerweile auch alten Bernbacher zu sehen.
Zum Schluss wäre noch die dringende Bitte bei der Auswahl
der Werke die zeitgenössische Oper oder Kammeroper nicht zu
vergessen. Der JMD würde es zur Ehre gereichen, junge Komponisten
für das Musiktheater zu gewinnen und Aufträge zu vergeben.
Für die Förderung des vokalen und instrumentalen Nachwuchses
wären diese Aufgaben auch von großer Bedeutung. Im Übrigen
freut es uns alte Gründer der Jeunesses in Weikersheim, dass
die Entwicklung so erfolgreich weitergegangen ist und auch die Oper
im Schlosshof noch nach 40 Jahren ihren Reiz nicht verloren hat.