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nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 39
54. Jahrgang | September
Rezensionen
Kurz vorgestellt
CDs
Dane Rudhyar: Works for Piano; Steffen Schleiermacher,
Klavier
hat(now)ART 140
Dane Rudhyar (1895–1985), eigentlich in Paris als Daniel
Chenneviere geboren (er änderte seinen Namen in New York
1916), ist einer der großen Unbeachteten in der Musikgeschichte.
Seine Arbeiten, man könnte sie in gewissem Sinne als Weiterentwicklung
der Konzepte Scrjabins verstehen, beeinflussten zum Beispiel den
Cage-Lehrer Henry Cowell und so ergäbe sich in der Musikgeschichte
des 20. Jahrhunderts ein ganz neuer Strang. Die Musik ist dissonanzenreich,
konzentriert, sucht immer wieder durchlebte melodische Phrasen
zu gestalten und hat zugleich improvisatorische Züge.
Die in München lebende Pianistin Sabine Liebner setzt sich
seit vielen Jahren wie kaum ein anderer Musiker für das Werk
Morton Feldmans (und überhaupt für die US-amerikanische
Avantgarde) ein. Ihre Interpretationen haben in München beinahe
Kultstatus. Beispielhaft gelingt ihr immer wieder die Gestaltung
des musikalischen Bogens, ein Atemprozess, der sich in Triadic
Memories von 1981 über zwei Stunden hinzieht. Musik für
das konzentrierte Vergessen und Erinnern.
Gerard Grisey: Les Espaces Acoustiques; Garth
Knox, Viola; Asko Ensemble; WDR Sinfonieorchester Köln, Stefan
Ashbury
Kairos0012422KAI
Les Espaces Acoustiques von Gerard Grisey (1946–1998),
eine Folge von sechs Musikstücken vom Solo-Bratschenwerk
über drei Ensemblestücke (7, 18, 33 Musiker) bis zum
großen Orchester (das Schluss-Stück mit vier Solohörnern),
das ist gewiss eine der kühnsten und originellsten Konzeptionen
in der Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts (sie wurde von einem
noch nicht einmal 30-Jährigen in Angriff genommen, die Arbeit
erstreckte sich über zehn Jahre). Es ist nichts weniger als
der Entwurf von Klang in all seinen Facetten. Und es ist Musik
von einer unwiderstehlichen Kraft! Das tritt in dieser maßstabsetzenden
Aufnahme von Garth Knox bis zum WDR-Sinfonieorchester auf höchstem
Niveau in Erscheinung. Die CD ist eine klangliche Offenbarung.
Kaija Saariaho: Nymphéa. John Cage: String Quartet
in Four Parts. Bruno Maderna: Quartetto per archi in due tempi;
Cikada String Quartet
ECM 1799
Das sind drei Kompositionen ganz unterschiedlicher ästhetischer
und technischer Ausrichtung. Und dennoch fügen sie sich,
es mag die spielerische Zwingkraft des hervorragenden norwegischen
Cikada-Streichquartetts sein (auch die raumgebende Aufnahme in
der Osloer Sophienberkirche wirkt dabei mit), ganz natürlich
und sinnstiftend aneinander. Saariahos liveelektronisch unterstütztes
Stück voller flirrender Klanglichkeit schlägt Brücken
zur losgelassenen Weite bei Cage, die dann in Madernas sangessüchtiger
und schließlich gestisch erregter Struktur auf andersartig
neue Weise gebündelt wird. Gerne folgt man diesen Spuren.
Michael Radanovics: jotted down/aufNOTI(e)RT. Florian Bramböck:
Schubert bei Vera; Beethoven im Computerladen. Rudolf Jungwirth:
Mandorla; George Crumb Trio
ATS-Records CD-0576
Das Trio ist eine Formation aus Flöte, Cello und Klavier.
Die hier eingespielten Stücke von Radanovics, Bramböck
und Jungwirth bewegen sich freilich allzuoft in spielerisch unverbindlichen
Regionen, die den einladenden Titeln kaum gerecht werden, einzig
Jungwirths „Mandorla“ besitzt einige magisch anziehende
Wirkungen.