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VdM
nmz-archiv
nmz 2005/09 | Seite 26
54. Jahrgang | September
Verband deutscher Musikschulen
Musikschulförderung dient innerer Sicherheit
Musikschule Iserlohn erhält eigene Förderstiftung
Der Hinweis, dass es um das Kulturleben in der Bundesrepublik
gegenwärtig nicht gut bestellt ist, mag bei dem einen oder
anderen nur noch ein Gähnen hervorrufen. Das Wehklagen ist
bekannt: Vielen Kulturbetrieben fehlen die nötigen Mittel,
da die Finanzen der öffentlichen Hand immer knapper werden.
Otto
Schily hielt die Festrede beim Sitftungsfestakt der Musikschule
Iserlohn.
Angesichts solcher Tendenzen wirken Veranstaltungen wie das Konzert,
das etwa 250 Schüler/-innen der Musikschule Iserlohn Anfang
Juni boten, nachhaltig erfrischend. Souverän, diszipliniert,
dabei doch lebensfroh und ganz der Musik zugetan, boten die Musizierenden
dem Publikum eine Veranstaltung der besonderen Art – und auch
der Anlass stellt sich als ein ganz besonderer dar.
Die Zahl von circa 1.000 im Verband deutscher Musikschulen organisierten
Schulen, an denen über eine Million Schüler/-innen unterrichtet
werden, lässt erkennen, dass diese Institutionen einen bedeutenden
Faktor im Kulturleben darstellen und aus dem Leben der Menschen
kaum noch wegzudenken sind. Umso bedrückender ist die Tatsache,
dass viele öffentliche Träger über die Schließung
oder Privatisierung ihrer Schulen nachdenken (müssen). Musikschulen
sind freiwillige kommunale Einrichtungen, die in Zeiten angespannter
Wirtschaftslage als ein vermeintlicher Luxus zur Disposition stehen.
Dass die Musikschulen seit Jahren durch Erschließung neuer
pädagogischer Felder und Unterrichtsweisen (Projektarbeit,
Gruppenunterricht, Arbeit mit Behinderten, Musical, etc.) versuchen,
die kritische Situation aus eigener Kraft zu meistern, ist bekannt.
Die Iserlohner Musikschule bildet hinsichtlich der skizzierten
Situation keine Ausnahme. In der Musikschule der „Waldstadt“
werden etwa 1.000 Schüler/-innen in 500 Wochenstunden von 35
Lehrer/-innen unterrichtet. Die Elternbeiträge decken circa
40 Prozent der anfallenden Kosten, die Stadt trägt den Rest.
Wie die städtischen Finanzen haben sich aber auch die Bedingungen,
unter denen die Schule arbeiten muss, in der jüngeren Vergangenheit
insgesamt verschlechtert.
Der „Freundeskreis der Musikschule“, der seit über
20 Jahren die Schule unterstützt, ließ sich nun etwas
einfallen, das in der Bundesrepublik wohl Schule machen wird: Der
Verein sieht es als seine Aufgabe an, die Unterstützung der
Musikschule auch langfristig abzusichern. Er gründete daher
als erster Förderverein deutschlandweit eine eigene Förderstiftung
zugunsten seiner Musikschule als Bürgerstiftung nach dem neuen
Stiftungsrecht. Das bedeutet unter anderem, dass Spendengelder nun
nicht mehr einmalig ausgegeben werden (müssen), sondern als
Aufstockung des Stiftungskapitals durch ihre Zinserträge langfristig
positiven Nutzen bringen. Darüber hinaus ist die Spende an
eine Stiftung aufgrund der novellierten Stiftungsgesetzgebung für
Spender steuerlich deutlich günstiger als eine Spende an einen
gemeinnützigen Förderverein.
Paul Breidenstein, Leiter der Iserlohner Musikschule, sieht neben
einem materiellen auch einen bedeutenden ideellen Aspekt in der
Stiftungsgründung: Zum einen soll die Stiftung langfristig
die Möglichkeiten des Freundeskreises absichern, die Kluft
zwischen der Grundausstattung der Musikschule, die weiterhin durch
die Stadt getragen wird, und einer gehobenen Ausstattung (Stipendien,
Festivals, usw.) zu schließen. Zum anderen geht es ihm darum,
den Politikern bei der Entscheidungsfindung zugunsten der Musikschule
zu helfen. „Immerhin dokumentiert sich in einer so wohlwollend
unterstützten Förderstiftung ein massives Interesse der
Bevölkerung.“
Sich der Bedeutung der Stiftungsgründung bewusst, luden die
Verantwortlichen keinen Geringeren als Bundesinnenminister Otto
Schily ein, die Festrede auf dem Stiftungsfest zu halten. Der Minister
zeigte sich denn auch sehr erfreut über so viel Engagement.
Schon vor Jahren hatte er sich mit dem Satz „Wer Musikschulen
schließt, gefährdet die innere Sicherheit!“ als
ein Freund der Musik(schulen) erwiesen, in Iserlohn bekräftigte
er seine Haltung.
Mit Bezug auf die Studien Hans Günther Bastians wies der Minister
darauf hin, dass Musik(unterricht) ein unverzichtbarer Teil der
Bildung sei. Musik beziehungsweise gemeinsames Musizieren wirke
sich positiv auf das Sozialverhalten aus, die musikalische Erziehung
sei daher unbedingt zu fördern und zu stärken. Angesichts
knapper Kassen gelte es allerdings nach neuen Wegen der Finanzierung
zu suchen. Forderungen an den Staat nach Unterstützung seien
allein nicht hinreichend, die musikalische Bildung für die
Zukunft zu sichern. Nur durch Eigeninitiative und Engagement könne
man vorankommen. In der Stiftungsgründung sah Otto Schily daher
einen Schritt, der zur Nachahmung nachdrücklich zu empfehlen
sei. Denn: „Wer Musikschulen fördert, dient der inneren
Sicherheit!“
Inzwischen zieht die Iserlohner Initiative größere Kreise.
Der Leiter der Rheinischen Musikschule Köln, Michael Kobold,
Vorstandsmitglied des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), zeigte
sich gleichermaßen von der Feierstunde wie von der Stiftungsidee
begeistert. Letztere sei eine „erstrebenswerte Fördervariante
für die Musikschulen in Deutschland“. In Absprache mit
dem Leiter der Musikschule Iserlohn werde der Bundesvorstand des
VdM seinen Mitgliedsschulen die Stiftungssatzung zugänglich
machen, um damit zur Nachahmung anzuregen.