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nmz-archiv
nmz 2005/10 | Seite 46
54. Jahrgang | Oktober
Noten
Spannende Texte und neue Klänge für die Solostimme
Meinrad Schütter (geb. 1910): Ausgewählte Lieder.
Heft 3, 4, 5 für mittlere/hohe Stimme und Klavier
(1933–1936). Hrsg. Ute Stoecklin, Verlag HBS Nepomuk, H.&B.
Schneider AG 1998, MN 9723
Aus dem umfangreichen Liedschaffen des in Chur geborenen und in
der Schweiz wirkenden Komponisten Meinrad Schütter veröffentlichte
die Herausgeberin Ute Stoecklin weitere zwölf Lieder. Die begonnene
Reihe von ebenfalls zwölf Liedern mit Texten verschiedener
Dichter, wie Rilke, Claudius, Walser, mehrheitlich in der Schweiz
wirkende Autoren, findet mit den neu aufgelegten drei Bänden
ihre Fortsetzung. Meinrad Schütters Klangsprache macht wegen
ihrer stilistischen Vielfalt auf sich aufmerksam.
Sie erhält ihre Inspiration vom gescheit ausgewählten
und musikalisch wirkungsvoll eingesetzten Textmaterial. Beispiel:
„Chanson“ (1981) – „Der Staat ist überall
und immer hart am Ball: vorne, hinten, unten, oben, links und rechts
aus Nimm gewoben… Es lebt ein Krokodil, in Zürich, nicht
am Nil! Ein Bruchteil kommt zurück fürs öffentliche
Glück… Wir bleiben trotzdem froh!“ (Max Mumenthaler).
Schütter nennt das einen Text mit dem Unterhaltungswert aus
der Ecke des Nebelspalters in der Manier der Zitattechnik.
Dabei lässt Hanns Eisler grüßen. Hinter diesem
Tonsatz steckt Individualität und Fantasie. Weitere Beispiele
ließen sich auflisten: Stücke, die rhythmisch, melodisch
dem Slawischen nachempfunden sind, solche, die geistlichen, kirchentonalen
Inhalts oder auch nur kurz und bündig sind, so wie das einminütige
Lied, welches der Komponist „kleine Passion des Grases“
nennt. Fazit: Bemerkenswerte Textinhalte sind musikalisch adäquat
umgesetzt. Nicht alle Lieder sind technisch einfach auszuführen.
Für die Gesangsstimme empfiehlt es sich, möglichst eng
dem Text zu folgen, denn die Intervalle geben die logische Gestik
wieder, bis zu expressionistischer Diktion. Das gilt ebenso für
die Klavierbegleitung. Üben!
Die Beschäftigung mit derlei Musik macht Appetit. Anzumerken
ist die hervorragende Edition, mit klar übersichtlichem Notentext,
biografischen Notizen sowie kurzen Erklärungen zur Entstehung
und zum Verständnis der Materie.